TE Vwgh Erkenntnis 1991/9/30 91/19/0198

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Veröffentlicht am 30.09.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/07 Grenzüberwachung;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 idF 1987/575;
GrKontrG 1969 §15;
PaßG 1969 §25 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §25 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des Lutz T in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 28. Mai 1991, Zl. IV-357.507/FrB/91, betreffend Sichtvermerk, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers - eines deutschen Staatsangehörigen - auf Erteilung eines unbefristeten Wiedereinreisesichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 des Paßgesetzes 1969, BGBl. Nr. 422, (PaßG) abgelehnt.

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer zumindest seit 1987 ohne Sichtvermerk und daher unerlaubt in Österreich aufhalte. Er sei bisher in Österreich nicht erwerbstätig gewesen und beziehe "auf freiwilliger Basis des Sozialamtes der Stadt Wien" eine Sozialhilfe von monatlich S 5.189,--. Er sei ledig und habe keine sonstigen familiären Bindungen in Österreich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach Art. 2 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über den Personenverkehr, BGBl. Nr. 329/1969, dürfen Deutsche, die Inhaber bestimmter Ausweispapiere sind, ohne Sichtvermerk in die Republik Österreich einreisen und sich dort drei Monate aufhalten. Deutsche, die sich länger als drei Monate in der Republik Österreich aufhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit ausüben wollen, benötigen nach Abs. 2 des genannten Artikels neben bestimmten Ausweispapieren einen Sichtvermerk.

Der Regelung des § 25 Abs. 1 PaßG zufolge kann ein Sichtvermerk einem Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß § 25 Abs. 3 des Gesetzes vorliegt. Nach § 25 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde bei der Ausübung des ihr im Abs. 1 eingeräumten freien Ermessens auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen. Nach § 25 Abs. 3 leg. cit. ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn (lit. d) die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Wohl hat die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides die zitierte Bestimmung des § 25 Abs. 3 lit. d PaßG nicht angeführt, doch läßt sich den dargestellten Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides entnehmen, daß die belangte Behörde auch auf diesen Versagungsgrund Bezug genommen hat. Sollte sie das Vorliegen zumindest dieses Versagungsgrundes rechtens bejaht haben, so ist nicht mehr zu prüfen, ob sie berechtigt gewesen wäre, eine (für den Beschwerdeführer ungünstige) Ermessensentscheidung im Grunde des § 25 Abs. 1 und 2 PaßG zu treffen. Weiters bliebe bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 25 Abs. 3 PaßG für die nur bei einer Ermessensentscheidung nach § 25 Abs. 1 und 2 leg. cit. zu berücksichtigenden persönlichen Verhältnisse kein Raum (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. August 1991, Zl. 91/19/0236).

Die Annahme des Vorliegens des Versagungsgrundes nach § 25 Abs. 3 lit. d PaßG ist aus folgenden Erwägungen nicht rechtswidrig:

Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, daß er sich seit 1987 ohne Sichtvermerk in Österreich aufhalte. Damit verstieß er gegen Art. 2 Abs. 2 des oben angeführten Abkommens, BGBl. Nr. 329/1969. Ob er deswegen bestraft wurde oder wird, ist nicht entscheidend. Wenn der Beschwerdeführer der belangten Behörde zum Vorwurf macht, nicht erhoben zu haben, aus welchen Gründen er die Antragstellung auf Erteilung eines Sichtvermerkes unterlassen habe, so entbehrt dieses Vorbringen mangels Konkretisierung der maßgebenden Umstände jeglicher Relevanz. Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. das oben angeführte Erkenntnis), daß die Rechtsordnung der Beachtung der zwischenstaatlichen Regelungen über die Einhaltung paßrechtlicher Vorschriften ein solches Gewicht beimißt, daß selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliegt. Die von der belangten Behörde - unter anderem auch - im Hinblick auf die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährden würde (§ 25 Abs. 3 lit. d PaßG), getroffene Entscheidung, dem Beschwerdeführer den begehrten Sichtvermerk zu versagen, entspricht daher dem Gesetz.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde - ohne daß auf das weitere Vorbringen eingegangen werden müßte - erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen .

Schlagworte

Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190198.X00

Im RIS seit

29.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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