TE Vwgh Beschluss 1991/9/30 90/19/0574

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Veröffentlicht am 30.09.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §6 Abs1;
AVG §71 Abs1;
PaßG 1969;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/19/0108

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache des Emmerich K in Brasilien, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 1990, Zl. 518.122/11-III/12/90, betreffend Versagung der Ausstellung eines Reisepasses (hg. Zl. 90/19/0574), und über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid (hg. Zl. 91/19/0108), den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen am 4. Oktober 1990 zugestellt. Die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 26 Abs. 1 VwGG endete daher am Donnerstag, dem 15. November 1990.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 1990 übersandte das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten die vom Beschwerdeführer verfaßte Beschwerde, die dieser mit Schreiben vom 10. November 1990 an das österreichische Konsulat in Curitiba (in Brasilien) übersandt hatte.

Mit Verfügung vom 13. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer zur Verbesserung von näher bezeichneten Mängeln der Beschwerde innerhalb von vier Wochen aufgefordert. Innerhalb der gesetzten Frist beantragte er die Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Mit Beschluß vom 19. März 1991 wurde dem Beschwerdeführer die Verfahrenshilfe bewilligt und die Beigebung eines Rechtsanwaltes verfügt. Mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 3. April 1991 wurde der Beschwerdevertreter als solcher im Rahmen der Verfahrenshilfe bestellt. Am 11. April 1991 wurden ihm der Bescheid betreffend seine Bestellung, die Beschwerde und der Verbesserungsauftrag zugestellt.

Mit dem am 25. April 1991 zur Post gegebenen Schriftsatz vom selben Tag beantragte der Beschwerdeführer unter anderem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde und führte begründend aus, er habe die Beschwerde am 10. November 1990 an das Konsulat in Curitiba zur Post gegeben. Da er die Beschwerde nicht unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet habe, seien die Tage des Postenlaufes in die Frist einzurechnen. Seine Beschwerde sei demnach verspätet, weil sie erst am 5. Dezember 1990 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt sei. Der angefochtene Bescheid habe die Belehrung enthalten, daß dagegen innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden könne und daß die Beschwerde von einem in Österreich zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein müsse. Er habe daraus nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen und auch nicht wissen können, daß eine solche Beschwerde direkt an den betreffenden Gerichtshof gesendet werden müsse, damit die Tage des Postenlaufes nicht eingerechnet werden. Dazu komme, daß der zitierte Hinweis keine nähere Adresse des Verwaltungsgerichtshofes enthalte. In seinem Irrtum sei er durch den Hinweis auf die erforderliche Unterschrift eines in Österreich zugelassenen Rechtsanwaltes bestärkt worden. Deshalb habe er auch in seinem Begleitschreiben vom 10. November 1990 gebeten, ihn zu informieren, wer der zuständige Rechtsanwalt in Österreich sei, der unter anderem die Beschwerde zu unterschreiben habe. Er habe als Laie alles getan, damit die Beschwerde ordnungsgemäß und rechtzeitig erhoben werde. Da sein Unwissen unverschuldet sei, sei der Sachverhalt insgesamt so zu beurteilen, daß er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten.

2. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehens oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum nicht als ein unvorhergesehens oder unabwendbares Ereignis zu werten, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte (siehe unter anderem den Beschluß vom 26. November 1980, Slg. Nr. 10.309/A, und den Beschluß vom 9. Oktober 1990, Zlen. 90/11/0177, 0180, mit weiteren Judikaturhinweisen). Daraus folgt, daß die auf einem Rechtsirrtum beruhende Annahme des Antragstellers, die Beschwerde sei beim Konsulat in Brasilien einzubringen, nicht geeignet ist, darauf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einbrignungsfrist zu gründen.

An diesem Ergebnis vermag auch der Hinweis des Antragstellers auf die dem angefochtenen Bescheid angeschlossene Rechtsmittelbelehrung nichts zu ändern, zumal sie § 61a AVG entspricht und richtig ist.

Da der Wiedereinsetzungsantrag keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund enthält, war ihm nicht stattzugeben.

3. Wie der Beschwerdeführer richtig erkannt hat, ist seine Beschwerde verspätet, weil sie nicht beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht und erst nach Ablauf der Beschwerdefrist an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt wurde (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 183, zitierte Rechtsprechung). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist an das österreichische Konsulat in Curitiba abgesendet hat.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG Beschwerdeerhebung an VwGH Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990190574.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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