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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §28;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Anton R in W gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 5. September 1990, Zl. 14/58/4-BK/S-1990, betreffend Gewerbesteuer 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Transportunternehmer, bezieht Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In der Beilage zur Gewerbesteuererklärung 1986 führte er aus, eine Gewerbesteuerpflicht sei nicht gebeben, da keine inländische Betriebsstätte bestehe. Er halte sich lediglich ca. 1 Tag im Monat in seinem Wohnort auf, ansonsten befinde er sich auf Auslandsfahrt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid bejahte die belangte Behörde die Gewerbesteuerpflicht des Beschwerdeführers, da seine Wohnung (Kontaktadresse) als Betriebsstätte anzusehen sei. Die Formulierung auf den von ihm vorgelegten Rechnungen (Briefpapier mit Firmenkopf) weise daraufhin, daß gewisse Aktivitäten für das Unternehmen von der Wohnung aus gesetzt werden, wie insbesondere der Telexanschluß und die Angabe der Telefonnummer beweise. Der Beschwerdeführer behaupte selbst, daß er die Aufträge telefonisch bzw. per Telex erhalte. Es sei daher nicht abwegig anzunehmen, daß er dies während seiner Anwesenheit von seiner Wohnung aus erledige und so dort eine seinem Transportunternehmen dienende Aktivität entfallte.
Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, zur Gewerbesteuer nicht herangezogen zu werden, verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft die Beweiswürdigung der belangten Behörde, was die von ihm verwendeten Rechnungsformulare und seine Aussage über die Entgegennahme von Aufträgen anlangt. Das Rechnungsformular mit der Telexnummer gehe in seiner Gestaltung auf die Zeit vor Aufgabe seines früheren Unternehmens im Jahr 1979 zurück; der Telexanschluß sei schon damals aufgegeben worden. Das Formular diene nur als Buchungsbeleg und werde nicht versandt, weil die Buchhaltung des Beschwerdeführers von seinem Auftraggeber, der Firma V., geführt werde und dort alle Belege abgelegt würden. Die Rechnungsformulare seien mangels Außenwirkung auch keine "Visitenkarten".
Was die Abmeldung des Telexanschlusses anlangt, so handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung. Der Beschwerdeführer selbst hatte im Verwaltungsverfahren einerseits bei seiner Vernehmung am 9. August 1988 angegeben, Aufträge per Telex (und Telefon) entgegenzunehmen, andererseits Rechnungen des Jahres 1986 mit Telexnummer (sowie Telefonnummer und Adresse) vorgelegt. Es war daher nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, der Beschwerdeführer habe sich 1986 zur Entgegennahme von Aufträgen (auch) seines Fernschreibers bedient. Das Alter der Kopiervorlage war aus den im Streitjahr weiter verwendeten Rechnungsexemplaren für die Behörde nicht erkennbar. Bei seiner Aussage über die Telexverwendung hat der Beschwerdeführer die Gegenwartsform gebraucht, sodaß die Behörde keine Veranlassung zur Annahme hatte, er würde sich (in einem das Jahr 1986 betreffenden Berufungsverfahren) auf das Jahr 1979 beziehen.
Was die "Außenwirkung" der Rechnungen anlangt, so wurden diese immerhin - unabhängig von der Art und Weise ihrer Erstellung - von einem Unternehmen an ein anderes Unternehmen gelegt. Adresse und Telefonnummer des Beschwerdeführers schienen aber nicht nur auf den erwähnten Rechnungsformularköpfen, sondern auch auf einer Stampiglie auf, die der Beschwerdeführer etwa bei seiner Rechnung vom 25. Juni 1986 und bei seinen Umsatzsteuervoranmeldungen verwendete.
Wenn der Beschwerdeführer meint, es gebe keinen Nachweis dafür, daß er während seiner Anwesenheit in seinem Wohnort Aufträge telefonisch in seiner Wohnung erhalten habe, Aufträge seien nach Rückkehr von einer Auslandsreise nicht nur telefonisch, sondern vor allem persönlich im Büro der Firma V. besprochen worden, so ist er neuerlich auf seine niederschriftlichen Angaben vom 9. August 1988, als er ausschließlich von telefonischer und fernschriftlicher Auftragserteilung berichtete, sowie auf die Anführung seiner Telefonnummer im Schriftverkehr zu verweisen. Die belangte Behörde hat auch keineswegs zum Ausdruck gebracht, der Beschwerdeführer habe nach Rückkehr von einer Auslandsreise in seiner Wohnung auf einen Anruf der Firma V. gewartet; ihre Feststellungen schließen nicht aus, daß der Beschwerdeführer nach Rückkehr sich von seiner Wohnung aus nach neuen Aufträgen erkundigt hat. Die belangte Behörde durfte die Aussagen des Beschwerdeführers über den Telex- und Telefongebrauch bei Auftragserteilung und über seine jeweils kurzzeitigen Aufenthalte in seinem Wohnort im Zusammenhang so verstehen, daß es sich um Telex und Telefon des Beschwerdeführers, d.h. um an seiner Anschrift befindliche Einrichtungen handelte.
In seinem Recht auf Parteiengehör ist der Beschwerdeführer nicht verletzt worden: Im Zuge des Berufungsverfahrens, in dem die Frage einer inländischen Betriebsstätte strittig war, ist er zu diesem Thema vernommen und zur Vorlage der im Jahr 1986 verwendeten Rechnungsformulare aufgefordert worden. Zwischen diesen Beweismitteln bestanden keine Widersprüche. Die belangte Behörde war daher nicht gehalten, eine Stellungnahme des Beschwerdeführers dazu einzuholen, ob seine Aussage über Telex- und Telefongebrauch oder die Anführung einer Telexnummer auf von ihm selbst vorgelegten Rechnungsformularen etwa unrichtig sein könnten.
Insgesamt kann der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden Beweiswürdigungskontrolle (vgl. die Judikaturhinweise in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit,
3. Auflage, Seite 548 ff) nicht finden, daß die bekämpfte Beweiswürdigung der belangten Behörde rechtswidrig wäre.
Schließlich beruft sich der Beschwerdeführer auf eine von Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Tz 1-298, zitierte Entscheidung des Reichsfinanzhofes, wonach nicht jede geringfügige Tätigkeit in einer Wohnung auch die Annahme einer Betriebsstätte rechtfertige. Hiebei handelt es sich - entgegen dem Zitat der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift - um die Entscheidung des Reichsfinanzhofes vom 29. März 1939, VIB4/39, RStBl 1939, Seite 570. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, daß der Sachverhalt damals anders gelagert war: Die Privatwohnung eines Angestellten, der den Mittelpunkt seiner Tätigkeit in dem Büro seiner Firma hatte, wurde nicht als Betriebsstätte der Firma angesehen, wenn er auch in seiner Wohnung gelegentlich von Kunden fernmündlich angerufen wurde. Demgegenüber ist der Beschwerdeführer selbständiger Transportunternehmer; strittig ist nicht, ob die Firma V. in seiner Wohnung, sondern ob er selbst eine inländische Betriebsstätte besitzt.
Was die Geringfügigkeit der in der Wohnung entfalteten Tätigkeit anlangt, so handelt es sich bei der Tätigkeit eines selbständigen Fernfahrers um eine solche, die weitgehend außerhalb einer festen örtlichen Einrichtung ausgeübt werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt ist als Betriebsstätte im Sinne des § 1 GewStG nicht nur eine feste örtliche Einrichtung zu verstehen, in der der Steuerpflichtige regelmäßig seine Tätigkeit ausübt, sondern auch eine solche, von der aus die Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1985, Zlen. 83/13/0158, 0164, 0165). Dies kann bei einem selbständigen Fernfahrer - wie bei einem selbständigen Handelsvertreter (vgl. das eben zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1985 sowie die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 1987, Zl. 84/13/0053, und vom 24. Oktober 1990, Zl. 86/13/0032) - auch eine Wohnung sein. Es genügt, daß sich in der Wohnung eine, wenn auch nur geringfügige Tätigkeit für den Gewerbebetrieb abspielt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1956, Slg. 1455/F; Stoll, BAO-Handbuch, Seite 83). Die Anforderungen an den Umfang der betrieblichen Handlungen, die zur Begründung einer Betriebsstätte erforderlich sind, sind nämlich umso geringer, je mehr sich die eigentliche gewerbliche Tätigkeit außerhalb einer festen örtlichen Anlage vollzieht (vgl. Lenski-Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 2 Anm. 68, Seite 175, mit Hinweis auf die deutsche Judikatur).
Ausgehend von dem von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhalt hat die belangte Behörde somit zu Recht die seltene, aber regelmäßige Benutzung der Wohnung des Beschwerdeführers nach Rückkehr von einer Auslandsfahrt zur telefonischen oder fernschriftlichen Entgegennahme von neuen Transportaufträgen als für die Annahme einer inländischen Betriebsstätte im Sinne von § 1 Abs. 1 GewStG und § 29 BAO ausreichend angesehen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990140257.X00Im RIS seit
11.07.2001