Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
EStG 1972 §76;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Karl H in M, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 20. März 1991, Zl. 810/2-2/Sg-1991, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, er habe etwa Mitte 1985 als Steuerberater der X-GmbH deren Geschäftsführer Y auf dessen telefonische Anfrage, "ob es möglich sei, den Teil eines Gehaltes eines Angestellten zu verbuchen, ohne daß das über das Lohnkonto läuft" und "ob das auch möglich wäre, dies über den Ankauf eines Porsche laufen zu lassen", eröffnet, daß dies möglich sei, da fiele es am wenigsten auf, und hiedurch zur Ausführung des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG (welche Bestimmung im Wortlaut wiedergegeben wurde) mit einem Verkürzungsbetrag an Lohnsteuer in Höhe von S 39.900,-- und Dienstgeberbeitrag in Höhe von S 5.110,-- beigetragen.
Der Beschwerdeführer beantragt, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer vermeint zunächst, es wäre rechtlich unzulässig, eine dem Einleitungsbescheid erster Instanz fehlende Begründung vor allem hinsichtlich der Vorsatzform durch die Entscheidung der Beschwerdeinstanz nachzuholen.
Zutreffend verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf § 161 Abs. 1 FinStrG, wonach sie grundsätzlich selbst in der Sache zu entscheiden hat und berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung der Rechtsmittelentscheidung ihre Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu setzen. Sie besitzt demnach das Recht, den bei ihr angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung hin abzuändern. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde lediglich die Spruchfassung präzisiert; zu einer Auswechslung der Tat ist es nicht gekommen.
Wissentlichkeit im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. b FinStr war dem Beschwerdeführer bereits von der Erstbehörde angelastet worden.
Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers über das Vorliegen der subjektiven Tatseite ist vorauszuschicken, daß es für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens genügt, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer dieses Finanzvergehen tatsächlich begangen hat oder nicht, bleibt dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 ff FinStrG vorbehalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/14/0078). Dies gilt auch für die Anlastung von Vorsatz. Auf diesen, auch wenn er vom Gesetz in der Form der Wissentlichkeit gefordert wird, kann in der Regel nur aus äußeren Umständen geschlossen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1991, Zl. 90/14/0137, welches auch Ausführungen zur Schuldform bei der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG enthält).
Solche Umstände, die einen Verdacht auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite rechtfertigen können, sind im Beschwerdefall schon in der Zeugenaussage des Beschwerdeführers im Zivilprozeß der X-GmbH gelegen. Der Beschwerdeführer hatte dort am 12. Jänner 1989 ausgesagt, er sei vom Geschäftsführer Y gefragt worden, ob es möglich wäre, den Teil eines Gehaltes eines Angestellten zu verbuchen, ohne daß das über das Lohnkonto laufe, und ob es auch möglich wäre, dies über den Ankauf eines Porsche (des Angestellten) laufen zu lassen. Er habe gesagt, daß das gehe, da falle es am wenigsten auf. Dies habe sich für ihn auf Grund der Frage des Y so dargestellt, daß eine einmalige Zahlung eben "schwarz" unterzubringen sei.
Das Beschwerdevorbringen über mögliche Auslegungen des Ausdruckes "schwarz unterbringen" und über eine mögliche Annahme einer Steuerbefreiung im Sinne des § 3 Z. 14a EStG 1972 kann nichts daran ändern, daß die angeführte Aussage - sowohl für sich allein als auch im Zusammenhalt mit der Aussage des Y über dessen steuerliche Motive - den Verdacht einer Beteiligung an einem Finanzvergehen in genügendem Maße erweckt. Die Erklärungsversuche des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, diesen Verdacht gleich wieder zu beseitigen. Eine Rechtswidrigkeit des Einleitungsbescheides kann der Beschwerdeführer damit nicht aufzeigen. Auf seine Argumente wird im eingeleiteten Finanzstrafverfahren weiter einzugehen sein.
Für den Beschwerdeführer ist auch nichts daraus zu gewinnen, daß er selbst für die ordnungsgemäße Führung der Lohnkonten der X-GmbH nicht verantwortlich war: Er wurde nicht als unmittelbarer Täter, sondern als Beitragstäter (§ 11 FinStrG) verfolgt.
Ob der Verkürzung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag höhere Ertragssteuern bei der X-GmbH gegenüberstanden, ist für die Tatbildmäßigkeit der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG ohne Bedeutung.
Der Beschwerdeführer macht auch Verjährung geltend, wobei er die gemäß § 31 Abs. 2 FinStrG dreijährige Frist für Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 FinStrG in Anspruch nehmen will. Er verkennt, daß er wegen Beteiligung an einem solchen Finanzvergehen nicht verfolgt wurde, da nach dem Tatvorwurf nicht nur die Abfuhr von Lohnsteuer unterblieben ist, sondern auch die Verpflichtung zur Führung der Lohnkonten verletzt wurde (vgl. zur Abgrenzung Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 49 Anm. 3; Sommergruber-Reger, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Stand 1.1.1990, Seite 321). Die Lohnkonten haben dem § 76 EStG 1972 zu entsprechen. Auch bei Unvollständigkeit ist dies nicht der Fall (vgl. Fellner, a. a.O., § 33 Anm. 48; Sommergruber-Reger, a.a.O., Seite 244). Die Verjährungsfrist beträgt im Beschwerdefall gemäß § 31 Abs. 2 FinStrG ("für die übrigen Finanzvergehen") somit fünf Jahre.
Was die weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers zum Beginn des Fristenlaufes im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Zahlung des überhöhten Pkw-Kaufpreises im August 1985 und einer Abgabenfälligkeit per 10. September 1985 als maßgeblichen Zeitpunkt anlangt, so würde es schon genügen, ihm entgegenzuhalten, daß bereits am 11. Juli 1990 (somit selbst vor dem 10. September 1990) eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, indem die Finanzstrafbehörde erster Instanz an ihn eine Aufforderung zur schriftlichen Rechtfertigung wegen des gegenständlichen Verdachtes gerichtet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1989, Zl. 89/16/0017).
Abgesehen davon übersieht der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde aber die Bestimmung des § 31 Abs. 1 letzter Satz FinStrG: Danach beginnt die Verjährungsfrist nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet. Zutreffend bemerkt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, daß die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO (alle übrigen Abgaben und Beiträge) gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, beginnt und daß gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z. 3 BAO für Steuerabzugsbeträge (wie zum Beispiel die Lohnabgaben) der Abgabenanspruch im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte (August 1985) entsteht.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde unter Berufung auf Sommergruber-Reger, a.a.O., Seite 208, meint, die Bestimmung des § 31 Abs. 1 letzter Satz FinStrG habe nur bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie bei der Grunderwerbsteuer Bedeutung, so ist diese Ansicht durch das Gesetz nicht gedeckt. Für die vom Beschwerdeführer genannten Steuern enthält § 208 Abs. 2 BAO eine besondere Regelung; § 208 Abs. 1 lit. a BAO macht eine entsprechende Einschränkung ("soweit nicht in Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird"). Dies bedeutet nicht, daß die Grundregel der zuletzt genannten Bestimmung überhaupt keinen Anwendungsbereich (etwa für Lohnabgaben) hätte.
Die Verjährungsfrist begann im Beschwerdefall demnach mit Ablauf des Jahres 1985 und endete mit Ablauf des Jahres 1990. Zu diesem Zeitpunkt war das Finanzstrafverfahren aber - mit der ersten Verfolgungshandlung - längst anhängig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1983, Slg. 5761/F). Die Strafbarkeit ist somit im Hinblick auf § 31 Abs. 4 lit. b FinStrG nicht verjährt.
Der Beschwerdeführer erblickt schließlich eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darin, daß ihm nicht der Sachverhalt zur Kenntnis gebracht worden sei, auf den sich das weitere Vorgehen der Behörde stütze. Insbesondere sei ihm das Schreiben einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft vom 30. Jänner 1989, welches die behördlichen Ermittlungen auslöste, nicht zur Kenntnis gebracht worden.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß bereits in der schon erwähnten Aufforderung zur schriftlichen Rechtfertigung vom 11. Juli 1990 ein konkreter Tatvorwurf erhoben wurde, zu welchem der Beschwerdeführer auch Stellung genommen hat. Was das Schreiben vom 30. Jänner 1989 anlangt, so ist festzuhalten, daß dem Beschwerdeführer nie die Akteneinsicht verweigert wurde. Auf die Übersendung einer Kopie dieses Schreibens zu Handen seines Rechtsvertreters, worum er mit Schriftsatz vom 13. November 1990 ersuchte, hatte er keinen Anspruch. Gemäß § 79 Abs. 1 FinStrG ist nämlich lediglich die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten; die Finanzstrafbehörde KANN statt dessen auch Abschriften (Ablichtungen) ausfolgen. Verpflichtet ist die Behörde zur Herstellung und Übersendung von Kopien hingegen nicht (vgl. auch Sommergruber-Reger, a.a.O., Seite 470).
Aber auch die Wesentlichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels ist nicht zu erkennen: Dem Beschwerdeführer wurde nach Erlassung des angefochtenen Bescheides das erwähnte Schreiben vom 30. Jänner 1989 übermittelt; er zeigt in seiner Beschwerde nicht auf, was er im Verwaltungsverfahren vorgebracht hätte, wäre dies schon vorher geschehen. Im übrigen ist das Gerichtsprotokoll, welches mit dem Schreiben vom 30. Jänner 1989 der Behörde übermittelt worden war und welches auch die Grundlage dieses Schreibens - aber auch des im Finanzstrafverfahren erhobenen Vorwurfes - bildete, dem Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren übermittelt worden, sodaß er in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt war.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991140096.X00Im RIS seit
01.10.1991