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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Herbert W in V, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. Juni 1990, Zl. IIb2-V-7743/12-1990, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem in einer gemeinsamen Ausfertigung im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 29. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer von der Tiroler Landesregierung wegen der Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO bestraft und vom Landeshauptmann von Tirol hinsichtlich einer dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung des KFG dahin entschieden, daß diesbezüglich das Verfahren eingestellt werde.
Gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. Juni 1990 richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bestreitet die Annahme der belangten Behörde, daß er etwa 19 Minuten vor der ihm zur Last gelegten Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ein Kraftfahrzeug gelenkt habe. Das Fahrzeug sei damals von einer anderen Person gelenkt worden, was der von ihm geführte Entlastungszeuge bestätigt habe.
Der Beschwerdeführer bekämpft damit die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diesbezüglich ist die Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes jedoch darauf beschränkt, ob der Sachverhalt genügend ermittelt worden ist und ob die bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen schlüssig sind. Auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde die Beweiswürdigung der belangten Behörde aber nicht auf ihre Richtigkeit hin prüfen, also etwa darauf, ob die Verantwortung des Beschuldigten oder eine ihn belastende Darstellung zutrifft (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Im Lichte dieser Ausführungen hält der angefochtene Bescheid allerdings einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand.
Wenn der Beschwerdeführer zunächst meint, daß der angefochtene Bescheid keinen festgestellten Sachverhalt enthalte und eine ausdrückliche Feststellung, ob und in welcher Weise er den Alkotest verweigert hätte, nie erfolgt sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise hervor, welchen Sachverhalt die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde legte, nämlich daß der Beschwerdeführer den Alkotest verweigerte, obwohl vermutet werden konnte, daß er zuvor ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Ausgehend von der Anzeige und von weiteren im Gegenstande gepflogenen Ermittlungen, die in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgehalten sind und denen auch zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführer die Durchführung des Alkotests dadurch verweigerte, daß er bei jedem Versuch zu wenig Luft in das Gerät geblasen hat (siehe Seite 3 der Begründung des angefochtenen Bescheides), legte die belangte Behörde ausführlich ihre Erwägungen dar, warum sie als erwiesen annahm, daß der Beschwerdeführer zum Vorfallszeitpunkt der Lenker des Fahrzeuges war und er daher verpflichtet gewesen wäre, den Alkotest durchzuführen und eine ausreichende Menge Luft in den Alkomaten zu blasen (siehe Seite 8 ff, insbesondere 9 und 13 der Begründung des angefochtenen Bescheides).
Die Annahme, daß der Beschwerdeführer der Lenker des Fahrzeuges war, gründete die belangte Behörde auf die Angaben von zwei wiederholt als Zeugen vernommenen Polizeibeamten. Diesen Angaben zufolge sind sie mit ihrem Funkstreifenwagen dem Fahrzeug, in dem sich auch der Beschwerdeführer befand, nachgefahren. Nachdem das vor ihnen fahrende Fahrzeug stehenblieb, sah einer der Beamten, daß die Fahrertür aufging und ein Mann auf der Fahrerseite ausstieg, der sich allein vom Fahrzeug entfernte. Er konnte von dem ihm nacheilenden Beamten rasch angehalten werden, wobei sich herausstellte, daß diese Person der Beschwerdeführer war. Aus diesem Grunde hielt die belangte Behörde eine Verwechslung hinsichtlich der Identität des Beschwerdeführers (mit der Person, die aus dem Fahrzeug auf der Fahrerseite ausstieg) für ausgeschlossen. Nach den beiden insoweit übereinstimmenden Angaben der Polizeibeamten hat ihnen gegenüber auch ein jeweils von ihnen befragter Beifahrer im Fahrzeug des Beschwerdeführers bestätigt, daß der Beschwerdeführer das Fahrzeug gelenkt hat. Solcherart lagen den Polizeibeamten und der belangten Behörde nicht bloß "Vermutungen" über die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers vor. Vielmehr durfte die belangte Behörde darauf gestützt, ohne daß ihr eine Rechtswidrigkeit anzulasten ist, als erwiesen annehmen, daß der Beschwerdeführer der Lenker des Fahrzeuges war, hat er es doch - wie die belangte Behörde zutreffend darlegte - unterlassen, die Personalien der von ihm behaupteten Lenkerin und anderer Zeugen (mit Ausnahme des Zeugen Mag. Benzer) bekanntzugeben, die zu seiner Entlastung hätten beitragen können. Im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung war es der belangten Behörde im übrigen nicht verwehrt, den Umstand zu berücksichtigen, daß die beiden Polizeibeamten als Zeugen unter Wahrheitspflicht standen und der Meldungsleger sich überdies im Falle einer vorsätzlichen falschen Anzeige des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt schuldig gemacht hätte, während es dem Beschwerdeführer freistand, sich in jeder Richtung zu verantworten, ohne irgendwelche Nachteile befürchten zu müssen. Wenn die belangte Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung der den Beschwerdeführer entlastenden Aussage des Zeugen Mag. B nicht dasselbe Gewicht wie den Aussagen der beiden Polizeibeamten beimaß, ist darin keine Rechtswidrigkeit gelegen.
Die belangte Behörde setzte sich auch mit den Widersprüchen in den Aussagen der beiden Polizeibeamten ausführlich auseinander und legte schlüssig dar, warum diese Widersprüche nicht geeignet sind, die Glaubwürdigkeit der Polizeibeamten schlechthin zu erschüttern. Sie verwies zutreffend darauf, daß sich diese Widersprüche vor allem auf die Örtlichkeit beziehen, wo das Fahrzeug des Beschwerdeführers zum ersten Mal gesehen wurde, weshalb ihnen für die Beurteilung der Frage nach dem Lenker des Fahrzeuges keine entscheidende Bedeutung zukomme, zumal sich die Beobachtungen der beiden Zeugen hinsichtlich des weiteren Ablaufes der Geschehnisse deckten. In der Frage, ob es den Polizeibeamten in Hinsicht auf die Entfernung ihres Fahrzeuges zu dem des Beschwerdeführers überhaupt möglich war, zu sehen, wie der Beschwerdeführer das Fahrzeug verlassen hat, konnte sich die belangte Behörde aber überdies auf das Gutachten des dem Lokalaugenschein beigezogenen Sachverständigen stützen, wonach auch die Sachverhaltsdarstellung der beiden Polizeibeamten durchaus schlüssig ist. Der Beschwerdeführer vermag dem nichts Entscheidendes entgegenzusetzen, insbesondere sind die von ihm in der Beschwerde im einzelnen angeführten Entfernungsangaben nicht geeignet, solche Widersprüche darzutun, die die Annahme der belangten Behörde als rechtswidrig erscheinen ließen. Der Beschwerdeführer führt in seiner Stellungnahme vom 27. Juni 1990 selbst aus, daß er () sein Fahrzeug "ca. 15-20 m nach der Einmündung der Tiergartenstraße" abgestellt hat, was bedeutet, daß die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges bis zum Stillstand vermindert werden mußte, während dessen sich der Abstand zum nachfolgenden Funkstreifenwagen verringern mußte, sodaß der Verwaltungsgerichtshof keine "besonders gravierenden" Widersprüche in den einzelnen Angaben zu erkennen vermag.
Die belangte Behörde ist ferner im Recht, daß es nicht entscheidend war, ob der dem Beschwerdeführer nacheilende Beamte diesen bereits im "Nahbereich seines Fahrzeuges" identifizieren konnte oder nicht. Zur Feststellung der Erkennbarkeit des Beschwerdeführers bedurfte es daher der Durchführung eines Lokalaugenscheines bei Dunkelheit nicht. Daß aber mangels hinreichender Beleuchtung es nicht möglich gewesen wäre, festzustellen, ob eine Person aus einem Fahrzeug aussteigt und sich dann von dort wegbewegt, wurde nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie dem Antrag des Beschwerdeführers auf neuerliche Durchführung eines Lokalaugenscheines bei Dunkelheit nicht stattgab.
Schließlich bemängelt der Beschwerdeführer, daß sein Bruder, der bei der Erstbehörde als Amtsarzt tätig ist und bei dem er in Behandlung gestanden ist, nicht - wie beantragt - zu der von ihm behaupteten Achillessehnenverletzung vernommen worden sei.
Die belangte Behörde holte zu der vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsstrafverfahren aufgestellten Behauptung, daß es ihm auf Grund einer Verletzung des linken Sprunggelenkes gar nicht möglich gewesen sei, ein Kraftfahrzeug zu lenken, ein Gutachten des ihr beigegebenen ärztlichen Amtssachverständigen ein, das sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides wörtlich wiedergab und demzufolge letztlich kein Hinweis dafür besteht, daß der Beschwerdeführer "zum gegenständlichen Tatzeitpunkt etwa nicht in der Lage gewesen wäre, verletzungsbedingt ein Kraftfahrzeug zu lenken und sich auch selbst ohne merkbare Behinderung zu Fuß fortzubewegen". Einem Aktenvermerk der belangten Behörde ist zu entnehmen, daß der Bruder des Beschwerdeführers telefonisch befragt wurde, ob er bestätigen könne, daß der Beschwerdeführer unfähig gewesen sei, auf Grund der Verletzung der linken Achillessehne ein Kraftfahrzeug zur Tatzeit zu lenken. Der Bruder des Beschwerdeführers habe dessen Angaben bestätigt. Auf die förmliche Einvernahme dieses Zeugen - so wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter dargelegt - sei verzichtet worden. Die Behörde billige dem Zeugen auch ohne seine förmliche Einvernahme das entsprechende Gewicht zu. Subjektiv möge er durchaus zur Auffassung gelangt sein, daß es seinem Bruder nicht möglich gewesen sein könne, ein Kraftfahrzeug zu lenken. Objektivieren lasse sich diese Tatsache aber auf Grund der Angaben der beiden Polizeibeamten jedoch nicht. Immerhin sei es dem Beschwerdeführer gelungen, sich recht zügig von einem Fahrzeug fortzubewegen. Wolle man nicht davon ausgehen, daß diese Zeugen bewußt die Unwahrheit gesagt haben, so könne nur angenommen werden, daß dem Beschwerdeführer das Lenken seines Kraftfahrzeuges sehr wohl möglich gewesen sei.
Die belangte Behörde legte damit in einer nicht als rechtswidrig zu erkennenden Weise dar, warum sie auf die förmliche Einvernahme des Bruders des Beschwerdeführers verzichtete, weil sie selbst dann, wenn dieser Zeuge auch bei einer förmlichen Einvernahme wie bei der fernmündlichen Befragung das bestätigt hätte, was der Beschwerdeführer unter Beweis stellte, zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können. In der Ablehnung dieses Zeugenbeweises durch die belangte Behörde vermag daher der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990030196.X00Im RIS seit
12.06.2001