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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelbLeitsatz
Hinreichende Klärung der maßgeblichen Vorfälle nicht möglich; kein Nachweis für die vom Beschwerdeführer behaupteten Mißhandlungen - Fehlen eines geeigneten BeschwerdegegenstandesSpruch
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund zu Handen der Finanzprokuratur die mit 10.000 S bestimmten Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Begründung:
1.1. P H begehrte in seiner mit Berufung auf Art144 (Abs1) B-VG an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde die kostenpflichtige Feststellung, daß er am 11. Februar 1988 in Wien von Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Wien (nach seiner (nicht angefochtenen) Festnahme) mit einem Stock geschlagen (und am Körper beschädigt), demnach durch Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Art3 EMRK) verletzt worden sei.
1.2. Die - durch die Finanzprokuratur vertretene - Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde legte die Administrativakten vor und erstattete eine Gegenschrift, worin sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Aus den Verwaltungsakten geht hervor, daß (Polizei-)Revierinspektor M W von der Bundespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer am 11. Februar 1988 um etwa 21 Uhr 55 in Wien 1., im Bereich Kärntnerstraße-Karlsplatz, wegen des Verdachtes der Vergehen nach den §§269, 270 StGB gemäß §175 Abs1 Z1 (iVm §177 Abs1 Z1) StPO festnahm. Der Festgenommene wurde anschließend dem Bezirkspolizeikommissariat Wien Mariahilf und von dort dem Bezirkspolizeikommissariat Wien Innere-Stadt überstellt und um 10 Uhr 50 des nächsten Tages aus der Verwaltungshaft entlassen.
In der Folge wurde P H mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. April 1988, GZ 3b E Vr 2463/88-11 - bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. August 1988, AZ 21 Bs 333/88 - des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§15 und 269 Abs1 (1. Fall) StGB zu einer - bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm fiel zur Last, am 11. Februar 1988 in Wien Beamte an Amtshandlungen, nämlich der Perlustrierung (vermummter) Demonstranten, ferner an seiner Festnahme, Schließung und Eskortierung zum Bezirkspolizeikommissariat, zu hindern versucht zu haben, indem er Bezirksinspektor R Z durch Anrennen von hinten mit einem Holzprügel (zumindest) einen Stoß gab und ihn (von einem zu perlustrierenden Demonstranten) wegzureißen suchte, dann (nach kurzer Flucht), sich gegen ihn einholende Polizeibeamte - die ihn festnehmen und schließen wollten - wehrend, mit dem Holzprügel und der freien Hand umherschlug sowie mit Füßen trat und das Herumschlagen mit den Füßen auch noch nach seiner Schließung während der Eskortierung zum Funkstreifenwagen fortsetzte.
2.2.1. Der Beschwerdeführer machte in seiner Beschwerdeschrift - sinngemäß - zusammengefaßt geltend, er selbst sei damals jeweils nach Eintreffen in den Gebäuden der Polizeikommissariate Mariahilf und Innere Stadt von (namentlich nicht genannten) Polizeibeamten mit einem Stock auf Rücken und Beine geschlagen (mißhandelt) und dadurch verletzt worden.
Der Verfassungsgerichtshof brachte diese Anschuldigungen gemäß §84 Abs1 StPO der zuständigen Staatsanwaltschaft Wien zur Kenntnis, die zur Z15 UT 22645/88 Vorerhebungen gegen unbekannte Täter (wegen des Verdachtes des Vergehens der Körperverletzung unter Ausnützung einer Amtsstellung nach den §§83 und 313 StGB) führte, in der Folge aber zu einer weiteren Verfolgung keinen Grund fand (§90 StPO), weil "ein strafbares Verhalten der Polizeibeamten nicht erwiesen ist" (: Note des Leiters der Staatsanwaltschaft Wien an den Verfassungsgerichtshof vom 17. Jänner 1989).
2.2.2. Angesichts dieser konkreten Sachlage, so vor allem im Blick auf den Ausgang des Strafverfahrens gegen die verdächtigten Sicherheitswachebeamten, war - zusammenfassend gesehen - (auch) im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren eine hinreichende Klärung der maßgebenden Vorfälle und damit ein Nachweis der behaupteten Mißhandlungen nicht möglich, zumal der Beschwerdeführer Tatzeugen nicht anzugeben vermochte und auch sonst neue Beweismittel nicht zur Verfügung stehen.
Die Beschwerde war darum mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückzuweisen (Punkt I. des Spruchs).
2.3. Die Kostenentscheidung (Punkt II. des Spruchs) beruht auf §88 VerfGG 1953.
2.4. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
Schlagworte
VfGH / Zuständigkeit, VfGH / Vorverfahren, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, MißhandlungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:B676.1988Dokumentnummer
JFT_10109773_88B00676_00