TE Vfgh Beschluss 1989/2/27 V180/88

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Veröffentlicht am 27.02.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
VfGG §57 Abs1 erster Satz
VfGG §18

Leitsatz

Keine eindeutige Bezeichnung der angefochtenen Verordnung; inhaltlicher, nicht verbesserungsfähiger Mangel des Antrags

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Die Gemeinde St. Peter am Wimberg stellte unter Berufung auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG mit Schriftsatz vom 3. 10. 1988 an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, "die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 29.7.1988, Schu-07/23/1988, als gesetzwidrig aufzuheben".

Zur Begründung des Antrages wird der Sache nach unter anderem ausgeführt: Durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 29. 7. 1988, Schu-07/23/1988, seien die bisher zum Schulsprengel der öffentlichen gemischten Volksschule in St. Peter am Wimberg (gesetzlicher Schulerhalter dieser Schule ist die antragstellende Gemeinde) gehörenden Liegenschaften Pehersdorf 5 - 10, Pehersdorf 25, Pehersdorf 28, Hötzeneck 2 - 6 sowie 19 und 20 dem Schulsprengel der öffentlichen gemischten Volksschule in St. Ulrich im Mühlkreis zugeordnet worden. In der gleichen Verordnung sei festgelegt worden, daß die (im Gebiet der Gemeinde Neufelden gelegenen) Liegenschaften Pürnstein 60 sowie Steinbruch 41 und 42 in den Schulsprengel der öffentlichen gemischten V Z3 chule in St. Peter am Wimberg fallen; bei der Festsetzung des Schulsprengels für die öffentliche gemischte Volksschule in Neufelden sei jedoch "offenbar vergessen" worden, diese Liegenschaften aus dem Schulsprengel dieser Schule "auszunehmen", sodaß diese Liegenschaften sowohl dem Schulsprengel der öffentlichen gemischten Volksschule in St. Peter am Wimberg als auch dem Schulsprengel der öffentlichen gemischten Volksschule in Neufelden zugehörten.

II. Über den Antrag wurde erwogen:

1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985).

2. Ein Antrag nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG muß insbesondere auch das Begehren enthalten, entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben (§57 Abs1 erster Satz VerfGG). Um dieses strenge Formerfordernis zu erfüllen, muß die bekämpfte Verordnung bzw. müssen die bekämpften Stellen der Verordnung genau und eindeutig bezeichnet sein (vgl. etwa VfSlg. 8550/1979, 8594/1979, 8955/1980).

Anträge, die diesem Formerfordernis nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. 8550/1979, 8955/1980) nicht (im Sinne des §18 VerfGG) verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen.

3. Mit dem vorliegenden Antrag wird begehrt, "die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 29.7.1988, Schu-07/23/1988, als gesetzwidrig aufzuheben".

Unter diesem Datum und jeweils mit dieser Geschäftszahl hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach nicht bloß eine, sondern vier (verschiedene) Verordnungen erlassen, die jeweils die Neufestsetzung des Schulsprengels einer Volksschule zum Inhalt haben, und zwar der Volksschule in St. Ulrich im Mühlkreis, in Niederwaldkirchen, in St. Peter am Wimberg und in Neufelden. Alle diese Verordnungen wurden im Amtsblatt zur Linzer Zeitung, Folge 31/1988 (auf den Seiten 18 und 19), kundgemacht.

Der Wortlaut des eingangs wiedergegebenen Antrages, der sich nach seiner sprachlichen Fassung lediglich auf eine Verordnung (arg. "die Verordnung") bezieht, läßt nicht erkennen, welche der erwähnten Verordnungen (gleichen Datums und gleicher Geschäftszahl) Gegenstand der Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof ist.

Auch aus der ihm beigegebenen Begründung gewinnt der Antrag nicht die erforderliche Bestimmtheit. Mit der Anführung der Liegenschaften Pehersdorf 5 - 10, Pehersdorf 25, Pehersdorf 28, Hötzeneck 2 - 6 sowie 19 und 20 wird (unausgesprochen) auf die Verordnung Bezug genommen, mit welcher der Schulsprengel für die öffentliche gemischte Volksschule in St. Ulrich im Mühlkreis erneut festgesetzt wird. Die unmittelbar anschließende Aussage, in der "gleichen Verordnung" sei festgelegt worden, daß die Liegenschaften Pürnstein 60 sowie Steinbruch 41 und 42 "in den Schulsprengel St. Peter am Wimberg fallen", ist offenkundig unrichtig: Diese Festlegung erfolgte durch die Verordnung, mit welcher der Schulsprengel für die öffentliche gemischte Volksschule in St. Peter am Wimberg erneut festgesetzt wird. Die Zuordnung der zuletzt erwähnten Liegenschaften (auch) zum Schulsprengel der öffentlichen gemischten Volksschule in Neufelden erfolgte durch jene Verordnung, mit welcher der Schulsprengel für die öffentliche gemischte Volksschule in Neufelden erneut festgesetzt wird.

Somit ergibt sich, daß weder aus dem Wortlaut des Aufhebungsantrages noch aus seiner Begründung mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervorgeht, auf welche dieser (drei) Verordnungen sich der Antrag bezieht.

4. Aus den angeführten Gründen entspricht der Antrag nicht dem Erfordernis des §57 Abs1 erster Satz VerfGG, wonach die bekämpfte Verordnung genau und eindeutig zu bezeichnen ist und weist somit einen nicht behebbaren Formmangel auf, der zur Zurückweisung des Antrages führen muß.

5. Eine Deutung des Antrages in dem Sinn, daß er sich auf alle vier in Rede stehenden Verordnungen in ihrem gesamten Umfang bezieht (etwa mit Rücksicht auf den Umstand, daß im Rubrum von "Verordnungen der BH Rohrbach vom 29.7.1988 Schu-07/23/1988" die Rede ist), verbietet sich mit Rücksicht darauf, daß ein solcher Antrag ebenfalls zurückgewiesen werden müßte, weil er sich auch auf Bestimmungen bezöge, durch die die Rechtssphäre der antragstellenden Partei nicht berührt wird.

6. Dieser Beschluß konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Antrag, formelle Erfordernisse, Auslegung / eines Antrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:V180.1988

Dokumentnummer

JFT_10109773_88V00180_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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