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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2 / Ablehnung der SachentscheidungLeitsatz
Zurückweisung von Anträgen des Beschwerdeführers auf Genehmigung von Rechtserwerben an agrargemeinschaftlichen Grundstücken; keine Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde zur Fällung einer Sachentscheidung; kein Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
1. beschlossen:
Die Beschwerde des J B wird zurückgewiesen.
2. gemäß Art144 B-VG zu Recht erkannt:
F A ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird daher abgewiesen.
Der Antrag, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. F A, geb. 1868, hat mit einem Übergabsvertrag vom 1. Feber 1947 seinem Sohn F A, geb. 1903, und dieser mit einem Übergabsvertrag vom 9. Juli 1971 seinem Sohn F A, geb. 1937, den Hof H überlassen. Im erstgenannten Vertrag wurde jedoch der vom Übergabsvertrag mitbetroffene 1/4 (walzende) Anteil der Heimkaralpe EZ 49 II KG Außervillgraten nicht verzeichnet; im zweitgenannten Vertrag wurden sowohl der vom Vertrag mitbetroffene 1/4 (walzende) Anteil der Heimkaralpe EZ 49 II KG Außervillgraten als auch die vom Vertrag mitbetroffene EZ 34 II KG Strassen nicht verzeichnet.
1.1.2. Mit "Eigentumsanerkennungsurkunde" vom 28.2. bzw. 1./5./8./12./21./22.3.1985 und "Nachtrag" vom 9. Mai 1985 haben die Erben der Übergeber das "zufolge ungestörten Besitzes und Nutzung, also durch Ersitzung erworbene Eigentumsrecht" des F A, geb. 1937, hinsichtlich der in den Übergabsverträgen nicht verzeichneten Liegenschaften, anerkannt.
1.2. Mit Kaufvertrag vom 19. Feber 1985 veräußerte F A, geb. 1937, den 1/4 Anteil der Liegenschaft Heimkaralpe EZ 49 II KG Außervillgraten an J B.
2.1. Die Anträge um grundverkehrsbehördliche Genehmigung vom 14. Mai 1985 und vom 30. Jänner 1987 betreffend die Eigentumsanerkennungsurkunde und den Kaufvertrag wurden mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Außervillgraten vom 13. März 1987 gemäß §3 Abs2 lith Grundverkehrsgesetz 1983, LGBl. für Tirol Nr. 69/1983 (künftig: GVG), zurückgewiesen, und es wurde festgestellt, "daß die Rechtserwerbe an den 1/4-Anteilen an der Heimkaralpe, EZl. 49 KG Außervillgraten, nicht den Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes unterliegen", weil es sich um Grundstücke im Sinne des §33 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1978 handle.
2.2. Die gegen diesen Bescheid von F A, geb. 1937, erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 25. Feber 1988, Z LGv-318/2-87, als unbegründet abgewiesen.
Dies wurde im wesentlichen wie folgt begründet:
"... Ebenso richtig hat die Grundverkehrsbehörde für die Gemeinde Außervillgraten ... erkannt, daß (sich) die zur Genehmigung vorgelegten Rechtsgeschäfte einer meritorischen grundverkehrsbehördlichen Behandlung deshalb entziehen, weil sie keinen grundverkehrsbehördlich genehmigungspflichtigen Rechtserwerb zum Inhalt haben.
Nach §3 Abs2 lith GVG 1983 bedürfen nämlich unter anderem Rechtsgeschäfte, die die Übertragung von gebundenen oder von walzenden Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinne des §38 Abs3 und 5 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978, LGBl. Nr. 54, betreffen, keiner Zustimmung durch die Grundverkehrsbehörden.
Zutreffend wird von der Grundverkehrsbehörde I. Instanz in diesem Zusammenhang zum einen festgestellt, daß sich die zur Genehmigung anstehenden Rechtserwerbe auf Grundstücke (ideelle Anteile) der sog. Heimkaralpe (EZ 49 KG Außervillgraten) beziehen; zum anderen verweist sie völlig zu Recht auf den im Verfahren zur Regelung der Heimkaralpe ergangenen Bescheid der Agrarbehörde vom 7.8.1952, Zl. III b - 308/2, aus dem sich wohl unzweifelhaft ergibt, daß es sich bei der Heimkaralpe um ein agrargemeinschaftliches Grundstück im Sinne des damals in Geltung gestandenen §36 Flurverfassungslandesgesetz, LGBl. Nr. 32/1952, handelt. Eine Übertragung von Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken stellt aber keinen genehmigungspflichtigen Rechtserwerb an einem Grundstück nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz dar (§3 Abs2 lith GVG), sodaß von einer Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht die Rede sein kann. ...
Aus dem in der Berufung erwähnten Umstand, daß der (Regulierungs-)Bescheid aus dem Jahre 1952 zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht in Rechtskraft erwachsen worden wäre, kann für den Berufungswerber nichts gewonnen sein, weil die Behörde I. Instanz schon vor dem Hintergrund des §38 AVG. 1950 berechtigt gewesen war, die rechtliche Qualifikation der von den verfahrensgegenständlichen Rechtsgeschäften betroffenen Grundstücke als Vorfrage nach ihrer eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrundezulegen. Ganz abgesehen davon, ist im Verwaltungsverfahren auch kein wie immer gearteter Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, daß der vom Berufungswerber angezogene Regulierungsbescheid der Agrarbehörde keine Rechts(-kraft)wirkungen zu zeitigen imstande wäre (auf das Erk. d. VwGH. vom 11.11.1986, Zl. 86/07/0214-3, wird in diesem Zusammenhang verwiesen). ..."
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des F A und des J B, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und des "Eigentums- und Verfügungsrechtes über Liegenschaften" geltend gemacht sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, im Hinblick auf die rechtskräftige Feststellung durch die Agrarbehörde, "daß sich die strittigen Rechtserwerbe auf agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes beziehen", von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
4. J B ist zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde nicht legitimiert, da er gegen den Bescheid der Grundverkehrsbehörde erster Instanz keine Berufung erhoben hat und die Rechtslage durch den angefochtenen Bescheid nicht zu seinem Nachteil verändert wurde. Seine Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
5. Über die - zulässige - Beschwerde des F A hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:
5.1. Die Behauptung, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu sein, stützt der Beschwerdeführer darauf, daß die belangte Behörde den Grundbuchs- und Rechtsstand im Zeitpunkt der Errichtung der Eigentumsanerkennungsurkunde und des Kaufvertrages ignoriere und nicht berücksichtige, daß an dem über die Vertragsliegenschaft im Jahre 1952 stattgefundenen Agrarverfahren weder er noch seine Voreigentümer teilgenommen hätten. Sein Vater sei nämlich schon vor Einleitung des Agrarverfahrens verstorben und "der Zwischeneigentümer (sei) nicht als legitimierter Nachfolger an diesem 1/4-Anteil ausgewiesen (gewesen) ... und schließlich erst über die Eigentumsanerkennungsurkunde vom 28.2./22.3.1985 mit Nachtrag vom 9.5.1985 (sei) der heutige Eigentümer F A legitimiert" worden. Diesem sei aber eine Bescheidzustellung verweigert worden. Damit sei über den Kopf des bücherlichen Eigentümers und seiner Rechtsnachfolger ein Verfahren durchgeführt worden, das im Ergebnis den heutigen Eigentümer "außerhalb seines zivilrechtlich freien Verfügungsrechtes stellt und bei dem Verfügungen lediglich der Zustimmung nach dem GVG. 1983 bedürften".
5.2. Mit dem angefochtenen Bescheid werden Anträge des Beschwerdeführers auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung von Rechtserwerben zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer ist dennoch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, da die von ihm begehrte Sachentscheidung zu Recht verweigert wurde (vgl. zB VfSlg. 10374/1985).
Hiezu genügt es, ihn auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommene eingehende Begründung des im Agrarverfahren ergangenen Bescheides des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 21. Mai 1986 und des Erkenntnisses des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 17. Juli 1986, aber auch auf die Ausführungen des Erkenntnisses VwSlg. 12294(A)/1986, mit dem die gegen den letztgenannten Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, zu verweisen. Hinzu kommt die hiemit im Einklang stehende Grundbuchslage (mit Beschluß des Bezirksgerichtes Lienz vom 5. Juni 1985 wurde auf Grund des Bescheides der Agrarbehörde I. Instanz vom 7. August 1952 ob der EZ 49 II KG Außervillgraten das Eigentumsrecht für die Agrargemeinschaft Heimkaralpe eingetragen, dem dagegen erhobenen Rekurs des F A wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 16. Juni 1987, Z1 b R 25/87, keine Folge gegeben). Auch der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß die in Rede stehenden Rechtserwerbe agrargemeinschaftliche Grundstücke betreffen. Damit hat die Grundverkehrsbehörde gemäß §3 Abs2 lith GVG die Zuständigkeit zur Fällung einer Sachentscheidung zu Recht verneint.
Die Beschwerde des F A war daher abzuweisen.
6. Die von beiden Beschwerdeführern hilfsweise beantragte Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof kommt nicht in Frage, da die Landesgrundverkehrsbehörde als Kollegialbehörde gemäß Art133 Z4 B-VG eingerichtet und die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes im Gesetz nicht vorgesehen ist, hinsichtlich des Beschwerdeführers J B auch deshalb, weil seine Beschwerde zurückgewiesen wurde, was ebenfalls einer Abtretung entgegensteht. Der Abtretungsantrag war daher abzuweisen.
7. Die Zurückweisung der Beschwerde des J B konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite, die Abweisung der Beschwerde des F A gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Rechtsverletzung, VfGH / Abtretung, GrundverkehrsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:B1293.1988Dokumentnummer
JFT_10109773_88B01293_00