TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/10 88/17/0023

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Veröffentlicht am 10.10.1991
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Index

L37037 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

VergnügungssteuerG Tir 1982 §1 Abs2;
VergnügungssteuerG Tir 1982 §1 Abs3 Z2;
VergnügungssteuerG Tir 1982 §1 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der R-GmbH in I, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 28. Dezember 1987, Zl. MD-4801/1987, betreffend Vergnügungssteuer und Kriegsopferabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. Mai 1987 setzte der Stadtmagistrat Innsbruck gegenüber der Beschwerdeführerin Vergnügungssteuer und Kriegsopferabgabe im Gesamtbetrag von S 33.608,-- fest und führte hiezu im wesentlichen aus:

"Veranstaltungsort: Riesenrundgemälde

Tag und Zeit: 1.4. bis 30.4.1987

Art der Veranstaltung: Panorama ..."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Landeshauptstadt Innsbruck die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Sie führte hiezu im wesentlichen aus, da die Stadtgemeinde Innsbruck von der Ermächtigung des § 1 Abs. 2 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes 1982, LGBl. Nr. 60, durch Erlassung einer Verordnung des Gemeinderates Gebrauch gemacht habe, finde in Innsbruck die Vorschreibung einer Vergnügungssteuer in den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen dem Grunde nach ihre Deckung. In § 1 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. seien unter anderem auch "Panoramen" angeführt. Da hierunter auch Rundgemälde zu verstehen seien, so lasse sich auch das Bergisel-Riesenrundgemälde unter diesen Begriff subsumieren und der Eintritt in dasselbe als steuerpflichtige Vergnügung qualifizieren. Für die Annahme, daß der Gesetzgeber unter "Panoramen" nur jene gemeint habe, wie sie üblicherweise in einem Vergnügungspark stünden, finde die belangte Behörde keinen hinreichenden Grund. Auf Grund des § 1 Abs. 4 leg. cit. müsse die belangte Behörde jede Einrichtung, die geeignet sei, auf den Besucher durch ihre Besonderheit und Attraktivität einzuwirken und ihm ein nach der Verkehrsauffassung bzw. nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Vergnügen geltendes Erlebnis zu vermitteln, als steuerpflichtiges Vergnügen ansehen. Daß auch ein Besuch im Bergisel-Riesenrundgemälde geeignet sei, solche Wirkungen hervorzurufen, müsse bejaht werden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß dem Bergisel-Riesenrundgemälde auch eine kulturelle Bedeutung beizumessen sei. Die Kriegsopferabgabe knüpfe an die der Vergnügungssteuer unterliegenden Veranstaltungen an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, daß für die gegenständliche Veranstaltung Vergnügungssteuer und Kriegsopferabgabe nicht festgesetzt werde. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die wesentlichen Bestimmungen des im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Vergnügungssteuergesetzes 1982, LGBl. Nr. 60 (Tir VgnStG 1982), Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 28. September 1982 über die Wiederverlautbarung des Vergnügungssteuergesetzes 1959, idF LGBl. Nr. 3/1986 lauten:

"§ 1

(1) Die Ausschreibung und die Einhebung von Vergnügungssteuern durch die Gemeinden unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes. Sie fallen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

(2) Über die im § 15 Abs. 3 Z. 1 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, bestehende Ermächtigung hinaus werden die Gemeinden ermächtigt, in dem durch dieses Gesetz bestimmten Ausmaß für Vergnügungen Vergnügungssteuern auszuschreiben. Die Ausschreibung hat durch Verordnung des Gemeinderates zu erfolgen.

(3) Steuerpflichtige Vergnügungen sind insbesondere:

...

2. Volksbelustigungen, wie ... Panoramen ... und dergleichen;

...

(4) Die Annahme einer Vergnügung im Sinne dieses Gesetzes wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Veranstaltung gleichzeitig auch noch erbauenden, belehrenden oder anderen nicht als Vergnügen anzusehenden Zwecken dient oder daß der Unternehmer nicht die Absicht hat, eine Vergnügung zu veranstalten.

..."

Gemäß § 1 Abs. 1 des Tiroler Kriegsopferabgabengesetzes 1953, LGBl. Nr. 42 idF LGBl. Nr. 28/1960, ist für die der Vergnügungssteuer nach dem Vergnügungssteuergesetz 1959, LGBl. Nr. 9/1960, unterliegenden Veranstaltungen eine Abgabe zu Gunsten des Tiroler Landeskriegsopferfonds, zugleich Fürsorgefonds für die Opfer des politischen Freiheitskampfes, zu entrichten. Gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz leg. cit. haben die Gemeinden die Abgabe gleichzeitig mit der Vergnügungssteuer beim Unternehmer einzuheben und an den Fonds abzugeben.

Von der oben genannten Ermächtigung hat die Stadtgemeinde Innsbruck in der Form Gebrauch gemacht, daß es in ihrer Haushaltssatzung 1987, genehmigt mit Gemeinderatsbeschluß vom 12. Dezember 1986, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Stadtmagistrates Innsbruck vom 23. Dezember 1986 bis einschließlich 6. Jänner 1987, unter anderem heißt:

"IV.

Gemäß § 57 Abs. 3 des Stadtrechtes werden im Haushaltsjahr 1987 Gemeindeabgaben nach folgenden Rechtsgrundlagen im nachstehenden Ausmaß erhoben:

...

6. Die VERGNÜGUNGSSTEUER nach dem im" (gemeint offenbar: nach dem) "Vergnügungssteuergesetz 1982 LGBl. Nr. 60/1982, in der geltenden Fassung, mit den im Gesetz enthaltenen Normalhöchstsätzen ..."

Die Beschwerdeführerin ist zwar im Recht, wenn sie die Möglichkeit verneint, das gegenständliche Rundgemälde den im § 1 Abs. 3 Z. 2 Tir VgnStG 1982 genannten "Panoramen" zu subsumieren.

Unter einem Panorama versteht man in der bildenden Kunst vor allem des 19. Jahrhunderts ein illusionistisches Schaubild in der Form eines perspektivisch-plastisch wirkenden Rundbildes, das auf einen Rundhorizont gemalt ist. Für diese Art von Schaubildern wurden eigene Rundbauten erstellt, kleinere Panoramen wurden auch auf JAHRMÄRKTEN gezeigt. Das Panorama ist aus der barocken Theatermalerei hervorgegangen; Erfinder waren J. A. Breysig und R. Barker, der 1794 in London ein erstes voll ausgebildetes Panorama errichtete und sich die Idee patentieren ließ; nach dem englischen Vorbild entstanden im 19. Jahrhundert in fast allen größeren Städten Panoramen von meist geschichtlichem (Schlachten), landschaftlichem, topographischem oder naturkundlichem Bildinhalt. Mit Darstellungen über den deutsch-französischen Krieg von 1870 bis 71 ging ihre Zeit zu Ende. Doch wurden Panoramen bis in die Gegenwart auf JAHRMÄRKTEN und Ausstellungen in naturkundlichen und technischen Museen aufgestellt (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Band 18, Seite 146; Brockhaus Enzyklopädie in zwanzig Bänden17, Vierzehnter Band, Seite 176; Das Große Duden-Lexikon in acht Bänder, Sechster Band, Seite 195).

Unter einer Volksbelustigung versteht man die Belustigung oder (vergnügliche) Unterhaltung weiter Kreise der Bevölkerung bzw. für die ganze Bevölkerung eines Ortes oder eines Gebietes, darüber hinaus eine Veranstaltung zur Volksbelustigung, z.B. einen JAHRMARKT (Brockhaus-Wahrig, Deutsches Wörterbuch VI, S 585; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, VI, Seite 2803).

Aus dem Zusammenhalt dieser Begriffsbestimmungen mit dem oben auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut des § 1 Abs. 3 Z. 2 Tir VergnStG 1982 geht hervor, daß letzterer nur solche Panoramen (Rundgemälde) umfaßt, die sich als Volksbelustigungen bzw. als Veranstaltung im Rahmen einer solchen darstellen. Erkennbar sollten nicht die der bildenden Kunst zuzurechnenden Panoramen des 19. Jahrhunderts insbesondere geschichtlichen Inhalts, wie es (in gerichtsbekannter Weise) das Bergisel-Rundgemälde in Innsbruck darstellt, darunter verstanden sein, sondern lediglich jene, die als Volksbelustigung - etwa auf Jahrmärkten - gezeigt werden.

Damit ist freilich für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Zutreffend verweist die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1967, Zl. 1654/65 (Slg. Nr. 3572/F). Damals hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, den in § 2 des damals anzuwendenden nö. Lustbarkeitsabgabegesetzes angeführten Beispielen von Veranstaltungen sei zu entnehmen, daß die Tatbestände der abgabepflichtigen Schaustellungen vom Bereich der Schaustellungen kultureller Art bis zu den Attraktionen eines Rummelplatzes reichten und alle Schaustellungen umfaßten, die geeignet seien, auf den Besucher durch ihre Besonderheit und Attraktivität einzuwirken und ihm dadurch ein nach der Verkehrsauffassung als Vergnügen geltendes Erlebnis zu vermitteln.

Nichts anderes kann hier gelten. Die Ermächtigung des § 1 Abs. 2 Tir VergnStG 1982, "für Vergnügungen" Vergnügungssteuern auszuschreiben, enthält keine Einschränkung. Abs. 3 dieser Gesetzesstelle enthält lediglich eine demonstrative Aufzählung, die gleichfalls von kulturellen Veranstaltungen wie Theatervorstellungen, Konzerten und Vorführungen der Tanzkunst bis zu Tanzbelustigungen, Zirkusvorstellungen und Volksbelustigungen reicht. Auch nach dem Tiroler Vergnügungssteuergesetz 1982 gilt daher jede Einrichtung, die geeignet ist, auf den Besucher durch ihre Besonderheit und Attraktivität einzuwirken und ihm ein nach der Verkehrsauffassung als Vergnügen geltendes Erlebnis zu vermitteln, als steuerpflichtiges Vergnügen. Daß auch ein Besuch im Bergisel-Riesenrundgemälde geeignet ist, solche Wirkungen hervorzurufen, hat die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum erkannt. Zutreffend hat sie auch auf die oben wiedergegebene Bestimmung des § 1 Abs. 4 leg. cit. verwiesen, wonach die Annahme einer Vergnügung nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß die Veranstaltung gleichzeitig auch noch erbauenden, belehrenden oder anderen nicht als Vergnügen anzusehenden Zwecken dient. Auch die Verordnung der Stadtgemeinde Innsbruck (Haushaltssatzung 1987) enthält diesbezüglich keine Einschränkung.

Was die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, schlägt nicht durch. Ohne Bedeutung ist die - zudem dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbot widersprechende - Behauptung, das gegenständliche Rundgemälde stehe unter Denkmalschutz. Ebensowenig kommt es nach Obgesagtem auf seine geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung an.

Nicht zielführend ist auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, das Riesenrundgemälde sei einem Museum oder einer Galerie gleichzusetzen. Die Beschwerdeführerin muß selbst einräumen, daß Museen oder Galerien im Tir VergnStG 1982 nicht von der Steuerpflicht ausgenommen sind; auch die Haushaltssatzung 1987 enthält diesbezüglich keine Ausnahme. Daß der Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck im Jahre 1974 beschlossen habe, solche Veranstaltungen nicht als Ausstellungen im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes anzusehen, stellt abermals eine unzulässige Neuerung dar.

Die Verpflichtung zur Entrichtung von Kriegsopferabgabe knüpft an jene zur Entrichtung von Vergnügungssteuer an, wobei es ohne Bedeutung ist, daß es in § 1 Abs. 1 leg.cit. in der genannten Fassung "Vergnügungssteuergesetz 1959" heißt; denn das Tir VergnStG 1982 stellt lediglich dessen Wiederverlautbarung dar.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Rundgemälde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1988170023.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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