Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Georg P und 2. der P in Graz, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. Juni 1991, Zl. 03-12 Pu 20-91/1, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Baustrafsache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 1991 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 19. Dezember 1990, jeweils Zl. A 17-St-3012/1990-2, wegen Übertretung des § 73 in Verbindung mit § 57 Abs. 1 lit. a der Steiermärkischen Bauordnung abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit Ladungsbescheiden des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 29. August 1990 wurden die Beschwerdeführer zur Vernehmung als Beschuldigte am 6. September 1990 geladen, weil sie auf dem Grundstück Nr. 578/4 und 578/5, EZ 425, KG N, ohne baubehördliche Bewilligung eine Stützmauer errichtet hätten. Die Zustellung dieses Ladungsbescheides erfolgte an jeden der Beschwerdeführer am 31. August 1990 und ist im Akt ausgewiesen. Zur Niederschrift über die Vernehmung der Beschuldigten erschien Ing. R, der eine Vollmacht der beiden Beschwerdeführer vom 6. September 1990 vorlegte. In dieser Vollmacht ist die Geschäftszahl des Ladungsbescheides teilweise wiedergegeben (AZ 17/3012/90). Die Vollmacht ist nicht eingeschränkt und umfaßt insbesondere auch Zustellungen aller Art. In der Folge wurde den Beschwerdeführern zu Handen des ausgewiesenen Vertreters, Ing. R, das Ergebnis der Beweisaufnahme vorgehalten. Mit jeweils einem Straferkenntnis vom 19. Dezember 1990 wurde über den Erstbeschwerdeführer eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzarrest von 15 Tagen) und über die Zweitbeschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 40.000,-- (Ersatzarrest von 13 Tagen) verhängt. Beide Straferkenntnisse wurden an den jeweiligen Beschwerdeführer zu Handen des Ing. R zugestellt. Nach Zustellung einer Mahnung vom 30. Jänner 1990 an jeden der Beschwerdeführer zu Handen des Ing. R brachten die Beschwerdeführer am 6. Februar 1991 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich des Straferkenntnisses vom 19. Dezember 1990 ein. Zur Begründung führten die Beschwerdeführer aus, sie hätten erst durch die Mahnung Kenntnis davon erhalten, daß eine Geldstrafe über sie verhängt worden sei. Ing. R sei nie ein ausgewiesener oder bevollmächtigter Vertreter der Beschwerdeführer gewesen, sondern habe lediglich in seiner Funktion als Zivilingenieur Ansuchen bzw. Pläne bezüglich Widmungs- oder Baubewilligungen für den Erstantragsteller verfaßt. Eine Vollmacht für ein Strafverfahren bzw. ein rechtliches Einschreiten bei Behörden sei nie erteilt worden und wäre dies auch aufgrund des Berufes des Ing. R unerfindlich.
Entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen liegt im Akt eine von beiden Beschwerdeführern unterzeichnete Vollmacht für Ing. R auf, die sich insbesondere auf das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bezieht. Der mit dieser Vollmacht ausgestattete Vertreter hat auch die jeweilige Niederschrift über die Vernehmung als Beschuldigter unterfertigt. Daß die im Akt einliegende Vollmacht gefälscht worden sei, haben die Beschwerdeführer nicht behauptet, es liegt auch kein Grund für diese Annahme vor.
Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn
a) die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
b) die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei.
Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht.
Wie bereits ausgeführt, hat der einschreitende Ing. R eine uneingeschränkte Vollmacht vom 6. September 1990 vorgelegt, die sich jedenfalls auch auf das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren bezog. Zu Recht wurden daher die jeweiligen Straferkenntnisse vom 19. Dezember 1990 an die Beschwerdeführer zu Handen des ausgewiesenen Vertreters zugestellt (§ 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, idF BGBl. Nr. 357/1990). Die Untätigkeit eines Vertreters stellt aber kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1964, Zl. 1486/63, u.a.). Zu Recht wurde daher mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Antrag der Beschwerdeführer auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Straferkenntnisse vom 19. Dezember 1990 abgewiesen.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991060136.X00Im RIS seit
10.10.1991Zuletzt aktualisiert am
14.10.2010