TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/10 91/17/0073

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Veröffentlicht am 10.10.1991
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Index

L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

VergnügungssteuerG Wr 1987 §1 Abs1 Z3;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs1;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs3;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des Georg S in J, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 10. April 1991, Zl. MD-VfR -Sch 2/91, Sch 17/91 u. 18/91, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheiden vom 22. Oktober 1990, 28. Dezember 1990 und 30. Jänner 1991 wurde unter anderem dem Beschwerdeführer als Aufsteller und Eigentümer "gemäß § 6 Abs. 4 des Vergnügungssteuergesetzes 1987 (VGSG) in der geltenden Fassung" für das Halten eines Warengewinnautomats der Type "Talismat" mit der Möglichkeit der Erzielung eines Gewinnes in Geldeswert, bei dem das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhängig sei, in drei jeweils näher genannten Betrieben für bestimmte Abgabenzeiträume eine Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt S 168.000,-- zuzüglich Verspätungs- und Säumniszuschlag festgesetzt.

In den dagegen erhobenen Berufungen brachte der Beschwerdeführer jeweils vor, der Automat sei ein reiner Warenautomat, der neben Waren durchaus übliche Beigaben enthalte. Es könne daher nicht die Rede davon sein, daß es sich um einen Spielautomat handle, der einen Gewinn in Geld oder Geldeswert erzielen lasse.

In einer weiteren, an die Abgabenbehörde erster Instanz gerichteten, dort am 19. Dezember 1990 eingelangten Eingabe vom 14. Dezember 1990 hatte der Beschwerdeführer wörtlich noch folgendes vorgebracht:

"Weiters möchte ich noch darauf verweisen, daß man in den Verkaufsautomaten hineinsehen kann, welche Ware durch Einwurf der Geldmünze, herauskommt."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid änderte die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die angefochtenen Bescheide dahin ab, daß die Vorschreibung von Verspätungszuschlägen zu entfallen habe. Im übrigen wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, anläßlich von Kontrollen der oben genannten Betriebe habe ein Revisionsorgan des Magistrates jeweils festgestellt, daß vom Beschwerdeführer ein Apparat der Type "Talismat" gehalten werde und bei diesen Apparaten ein Gewinn von Waren (Bescheid vom 22. Oktober 1990:

Taschenrechner, Digitaluhr; Bescheid vom 28. Dezember 1990:

Schlüsselanhänger, Mini Walk-Man oder Taschenrechner; Bescheid vom 30. Jänner 1991: Schlüsselanhänger, Uhren, Taschenrechner) erfolge bzw. möglich sei. Dem Beschwerdeführer sei einzuräumen, daß ein Warenausgabeapparat nicht der Vergnügungssteuer unterliege. Von einem Warenausgabeapparat könne jedoch nur gesprochen werden, wenn der Kunde in der Lage sei, eine bestimmte Warenart auszuwählen. Hingegen beschränke sich der Beschwerdeführer nicht darauf, bestimmte Waren dem Publikum zum Verkauf anzubieten. Die Abgabe der Waren sei mit einem glücksspielähnlichen Vorgang verbunden, bei dem nicht der Verkauf, sondern die Spiellust des Publikums im Vordergrund stehe. Wesentliches Merkmal eines Spieles sei sein Unterhaltungszweck. Dies treffe auch für den Apparat des Beschwerdeführers zu, da nur der Unterhaltszweck Motiv eines Benützers dieses Apparates sein könne, es dem Zufall zu überlassen, ob er eine Digitaluhr, einen Taschenrechner oder einen Schlüsselanhänger erhalte. Liege jedoch kein bloßer Warenausgabeapparat vor, sei die Steuerpflicht nach § 6 VGSG gegeben. Da das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig sei, sei die Steuer nach § 6 Abs. 4 VGSG zu bemessen. Weiters begründete die belangte Behörde ihre Aussprüche betreffend den Verspätungs- und den Säumniszuschlag.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid "seinem gesamten Inhalte nach", richtig jedoch offenbar nur, soweit die Berufungen als unbegründet abgewiesen wurden. Nach dem Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, daß für das Halten der gegenständlichen Automaten Vergnügungssteuer nicht vorgeschrieben werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 erster Satz des Vergnügungssteuergesetzes 1987, LGBl. für Wien Nr. 43 (VGSG), beträgt die Steuer für das Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- und ähnlichen Apparaten je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1 200 S, sofern nicht die Voraussetzungen nach den Abs. 2 bis 4 zutreffen.

Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle beträgt die Steuer für das Halten von Apparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so z.B. Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann oder bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist, je Apparat und begonnenem Kalendermonat 12 000 S.

Zu Unrecht geht der Beschwerdeführer von der Annahme aus, es sei unbestritten, daß die gegenständlichen Automaten weder Schau- noch Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnliche Apparate seien; es sei daher nur die Frage zu prüfen, ob die gegenständlichen Automaten reine Warenausgabeautomaten seien oder dem § 6 Abs. 4 VGSG unterlägen. Der Beschwerdeführer übersieht, daß § 6 VGSG mit den Worten "Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten" überschrieben ist. Wenn im Abs. 4 dieser Gesetzesstelle lediglich von "Apparaten" die Rede ist, so sind auch damit die in der Überschrift zu § 6 VGSG genannten Apparate gemeint.

Wenn der Beschwerdeführer weiters ausführt, die gegenständlichen Apparate seien nicht dem ersten Fall des § 6 Abs. 4 VGSG zu subsumieren, weil ein "Gewinn" im Sinne dieser Gesetzesstelle (das heißt, der Erwerb eines höheren Warenwertes) nicht zu erzielen sei, so kann diese Frage auf sich beruhen, weil sich die belangte Behörde, wie aus der Begründung ihres Bescheides zu ersehen ist, ausschließlich auf den zweiten Fall des § 6 Abs. 4 leg. cit. gestützt hat. Entscheidend ist daher, ob ein Spielapparat im Sinne des § 6 Abs. 4 VGSG vorliegt, bei dem das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1985, Zl. 85/17/0111, zur insofern inhaltsgleichen Vorschrift des § 26 Vergnügungssteuergesetz für Wien 1963, LGBl. Nr. 11 idF. LGBl. Nr. 7/1983 (VergnStG), ausgeführt hat, kommt dem Ausdruck "Spiel" im zusammengesetzten Hauptwort "Spielapparate" die Bedeutung von "zweckfreier Beschäftigung aus Freude an ihr selbst und/oder ihren Resultaten zur Unterhaltung, Entspannung oder zum Zeitvertreib" zu. Spielapparate sind demnach Apparate, deren Betätigung aus Freude an der betreffenden Betätigung selbst, um der Entspannung oder Unterhaltung willen erfolgt.

Geht man mit der belangten Behörde davon aus, daß es im vorliegenden Fall dem Zufall überlassen bleibt, welche Warengattung der Spieler erhält, dann ist ihr darin beizupflichten, daß nur der Unterhaltszweck Motiv eines Benützers dieses Apparates sein könne. Wenn der Beschwerdeführer dagegen einwendet, daß etwa auch in einem Zigarettenautomaten Zigaretten verschiedener Güte und Preislage enthalten seien, so ist darauf zu verweisen, daß bei einem solchen Warenausgabeautomaten es der Wahl des Benützers überlassen bleibt, welche Ware er durch Geldeinwurf an sich bringt. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, daß es sich nach der Behauptung des Beschwerdeführers um Waren der gleichen Preisklasse handle. Wie es sich verhielte, wenn "verschiedenfarbige Waren mit Abweichungsunterschieden bei der Qualität" ausgegeben werden, ist ohne rechtliche Bedeutung, weil unbestrittenermaßen Waren gänzlich verschiedener Art ausgefolgt wurden.

Unter der oben erwähnten Voraussetzung ist der belangten Behörde weiters auch darin beizupflichten, daß es sich um Apparate handelt, bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist. Geht man davon aus, daß es sich bei der Betätigung eines derartigen Apparates um ein Spiel im oben dargelegten Sinn handelt, dann ist auch der Auswurf einer von mehreren verschiedenartigen Waren als "Spielergebnis" im Sinne des Gesetzes anzusehen; denn der Begriff "Spielergebnis" ist nicht, wie der Beschwerdeführer meint, auf "entsprechende Erfolgsauszeichnungen am Gerät selber" beschränkt. Dies geht auch aus der Vorschrift des § 6 Abs. 3 VGSG hervor, welche von Apparaten handelt, bei denen ein Spielergebnis ANGEZEIGT wird. Hätte das Wort "Spielergebnis" im Sinne des Gesetzes den vom Beschwerdeführer gewünschten eingeschränkten Inhalt, dann wäre die gesonderte Anführung der ANZEIGE des Spielergebnisses in Abs. 3 entbehrlich.

Unzutreffend ist auch die Auffassung des Beschwerdeführers, es handle sich deshalb um kein "Spiel", weil mit einem einmaligen Einsatz zugleich durch den Auswurf der Ware die Handlung abgeschlossen sei. Wie lange das "Spiel" im Einzelfall dauert, ist nämlich kein gesetzliches Merkmal desselben.

Allerdings hat die belangte Behörde außer acht gelassen, daß der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 14. Dezember 1990 ein Vorbringen erstattet hat, das bei seinem Zutreffen die Annahme eines ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängigen Spielergebnisses und damit auch eines Spieles selbst auszuschließen geeignet wäre. Träfe es nämlich zu, daß der Interessent durch einen Blick in den Verkaufsautomaten feststellen kann, welche Ware er durch Einwurf der Geldmünze erhält, dann läge es in seinem Belieben, durch Betätigen oder Nichtbetätigen des Gerätes die betreffende Ware zu erwerben oder nicht. In diesem Fall wäre die Situation keine andere als bei einem echten Warenausgabeautomaten.

Dieses Vorbringen wurde sowohl von der Abgabenbehörde erster Instanz (bei Erlassung ihrer Bescheide vom 28. Dezember 1990 und 30. Jänner 1991) als auch von der belangten Behörde (hinsichtlich des erstinstanzlichen Bescheides vom 22. Oktober 1990 fiel dieser Schriftsatz bereits in den zeitlichen Bereich des Berufungsverfahrens) mit Stillschweigen übergangen. Die belangte Behörde hat damit ihre Pflicht zur amtswegigen Feststellung des Sachverhaltes außer acht gelassen und ihren Bescheid dadurch mit Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b belastet. Der Bescheid war daher aus diesem Grunde aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da Stempelgebühren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen sind.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991170073.X00

Im RIS seit

05.03.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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