TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/10 90/17/0447

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Veröffentlicht am 10.10.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art131;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des "X-Verein" in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 18. Oktober 1990, Zl. A 8-K-405/1987-7, betreffend Lustbarkeitsabgabe und Kriegsopferzuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben an den Magistrat Graz, Steueramt, vom 3. April 1987 gab der beschwerdeführende Verein, vertreten durch einen der beiden auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für ihn einschreitenden Rechtsanwälte, im wesentliches folgendes bekannt:

"1.)

Bis 31. März 1987 wurde auf Grund der erteilten Gewerbeberechtigung bzw. der erteilten Genehmigungen nach dem Veranstaltungsgesetz und der erteilten Genehmigung der Baupolizei von Herrn Dieter T in den Räumlichkeiten Graz, Y-Straße 11 der Spielsalon Z betrieben.

Ab 1. April 1987 hat der 'X-Verein' dieses Lokal übernommen und übt seit 1.4.1987 in diesem Vereinslokal seine Tätigkeit aus.

Das Vereinslokal ist nicht öffentlich, sondern nur für Vereinsmitglieder zugänglich. ..."

Mit Bescheid vom 13. August 1987 setzte der Stadtsenat Graz gegenüber dem beschwerdeführenden Verein die Lustbarkeitsabgabe und den Kriegsopferzuschlag für den Betrieb von 9 Geldspiel- und 55 Unterhaltungsspielapparaten im Standort Y-Straße 11 (Spielsalon Jack Point) für die Monate April bis Juli 1987 einschließlich Säumniszuschlag mit je S 46.757,--, zusammen also mit S 187.028,-- fest.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab und setzte die Abgabe für die Monate April, Mai und Juni 1987 (einschließlich dem gesondert ausgewiesenen Kriegsopferzuschlag und Säumniszuschlag) mit je S 56.549,--, für den Monat Juli 1987 (einschließlich dem gesondert ausgewiesenen Kriegsopferzuschlag) mit S 55.440,-- neu fest.

    Im Anschluß an die zuletzt (für Juli 1987) ausgewiesene

Summe von                                      S 55.440,--

heißt es:                                      S 46.640,--

    "davon wurde für VII/1987 entrichtet       S  8.800,--

    verbleibt ein Rückstand von                S    176,--

    davon 2 % Säumniszuschlag                  S  8.976,--

Die geänderte Festsetzung der Lustbarkeitsabgabe zuzüglich

Kriegsopferzuschlag und Säumniszuschlag ergibt insgesamt

S 178.623,--."

In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, dem Berufungsvorbringen, wonach das Lokal, in dem die Geld- und Unterhaltungsspielapparate aufgestellt seien, das Vereinslokal darstelle und daher nicht öffentlich sei, müsse entgegengehalten werden, daß in den Monaten Mai und Juli von Kontrollorganen des Steueramtes Überprüfungen durchgeführt worden seien und hiebei festgestellt worden sei, daß der Besuch und das Spielen an Geräten im Spielsalon auch ohne Klubmitgliedskarte möglich sei. Weiters sei festgestellt worden, daß eine Klubmitgliedskarte für den kleinen Raum, in dem die Spielapparate stünden, verlangt und unentgeltlich ausgestellt werde. Das Vorbringen des beschwerdeführenden Vereins, wonach zum Vereinslokal nur Vereinsmitglieder Zugang hätten, sei daher zumindest für den gegenständlichen Zeitraum unrichtig. Abgesehen davon könne dem Vorbringen des beschwerdeführenden Vereins, wonach im Vereinslokal eine Abgabepflicht für Spielapparate nicht entstehen könne, da dieses nicht öffentlich sei, aus rechtlichen Gründen nicht gefolgt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der beschwerdeführende Verein erachtet sich nach seinem Vorbringen in seinem Recht, für die Zeit von April bis Juli 1987 keine Lustbarkeitsabgabe zusätzlich Kriegsopferzuschlag und Säumniszuschlag bezahlen zu müssen, verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist folgendes festzuhalten:

Der beschwerdeführende Verein bezeichnet in der vorliegenden Beschwerde als belangte Behörde den "Magistrat Graz - Finanzabteilung", obwohl der angefochtene Bescheid zwar auf Kopfpapier mit einem so lautenden Aufdruck ausgefertigt, jedoch ausdrücklich "Für den Gemeinderat:" gezeichnet ist.

Welche Behörde belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, kann nicht nur aus der (zutreffenden) Bezeichnung der Behörde durch den Beschwerdeführer ersehen werden, sondern ist auch aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt und den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation erschließbar. Es ist daher jene Behörde Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, welche bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen als belangte Behörde zu erkennen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Zl. 85/18/0078, Rechtssatz teilweise veröffentlicht in Slg. Nr. 12 088/A, sowie zuletzt etwa das Erkenntnis vom 14. August 1991, Zl. 90/17/0123). Im Beschwerdefall ist bei verständiger Wertung des Beschwerdevorbringens und des der Beschwerde angeschlossenen (Original)-Bescheides der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz als belangte Behörde zu erkennen.

Weiters ist der angefochtene Bescheid auch nicht etwa wegen eines allfälligen Verstoßes gegen § 150 Abs. 1 Stmk. LAO rechtswidrig. Danach hat die Abgabenbehörde, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgesehen ist, die ABGABEN durch Abgabenbescheide festzusetzen (vgl. hiezu das den Fall einer Selbstbemessungsabgabe nach der Tiroler Landesabgabenordnung betreffende Erkenntnis vom 30. November 1984, Zl. 83/17/0040, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides geht nämlich die Festsetzung der Lustbarkeitsabgabe, des Kriegsopferzuschlages und des Säumniszuschlages für die Monate April bis Juli 1987 jeweils mit hinreichender Deutlichkeit hervor, während der zuletzt genannte Betrag von S 178.623,-- erkennbar lediglich den aushaftenden RÜCKSTAND bezeichnen sollte.

Der beschwerdeführende Verein bestreitet im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr die Zulässigkeit der Festsetzung von Lustbarkeitsabgabe, Kriegsopferzuschlag und Säumniszuschlag dem Grunde und der Höhe nach, sondern nur mehr seine Passivlegitimation; dies im wesentlichen mit folgender Begründung:

Im Rahmen eines bei der "Finanzabteilung" anhängigen Getränkesteuerprüfungsverfahren sei festgestellt worden, daß der beschwerdeführende Verein seine Tätigkeit erst mit 1. Jänner 1988 aufgenomen habe, während der in Rede stehende Spielsalon bis 31. Dezember 1987 von Dieter T betrieben worden sei. Anläßlich der Schlußbesprechung im Getränkesteuerprüfungsverfahren sei dieser Umstand von der Abgabenbehörde erster und zweiter Instanz mit Bindungswirkung auch für das gegenständliche Verfahren festgestellt und im gegenständlichen Berufungsakt vom Sachbearbeiter eine Niederschrift über die Vorgangsweise, nämlich Behebung des angefochtenen Bescheides und Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe an den Betreiber des Spielsalons im Jahre 1987, angefertigt worden.

Dieses Vorbringen widerspricht zwar nicht dem aus § 41 VwGG ableitbaren, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbot. Umstände, die sich aus den Verwaltungsakten ergeben, fallen nämlich nicht unter den Begriff der Neuerung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. Dezember 1986, Zl. 86/02/0123, und vom 23. Mai 1990, Zl. 89/17/0109). Nun findet sich in den von der belangten Behörde vorgelegten Akten auch eine Niederschrift vom 13. April 1988 über eine Getränke- und Speiseeisabgabekontrolle betreffend "T Gottfriede, Buffett, 8020 Karlauerstr. 11". Darin heißt es unter anderem:

    "... ab 1.1.1988 ist der Spielsalon unter der gew.

St.Nr. 975/2954 beim FA-GRAZ/STADT als Verein veranlagt wordenÜ

    ... Name und Anschrift des Nachfolgers:

1/103 = X-Verein

Nach Vorsprache bei der Vereinsbehörde (DR. S) u. Einsicht in

den Vereinsakt ... hat der Verein seine Tätigkeit ab 1.4.87

aufgenommen.

Nach Auskunft des Steuerberaters ... entstand der Verein

abgabenrechtlich erst ab 1.1.1988 u. wurde per diesem Datum mit neuer Str. Nr. 975/2954 Ref. 31 beim FA-GRAZ/STADT veranlagtÜ

Diese Diskrepanz wurde in einer Besprechung bei der Mag. G (A 8), Dr. E, Herr T, und Herr L anwesend waren abgeklärt. - mit dem Ergebnis, daß auch beim Mag. GRAZ/Steueramt der Verein erst ab 1.1.1988 zu veranlagen ist.

Die Berufungen von Dr. E gegen Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe 1987 werden von Mag. G wegen falscher Rechtspersönlichkeit der Bescheide aufgehoben werden. ..."

Weiters geht aus den Akten des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens hervor, daß der Sachbearbeiter OMR Mag. G sodann einen Entwurf für die Erledigung der vorliegenden Berufung ausarbeitete, der die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides mit der Begründung vorsah, bis zum 31. Dezember 1987 sei als Abgabepflichtiger nicht der heute beschwerdeführende Verein, sondern Dieter T heranzuziehen. Dieser Entwurf wurde, wie oben dargestellt, in der Folge nicht zum Beschluß erhoben.

Aus diesem Sachverhalt ist jedoch für den Standpunkt der beschwerdeführenden Partei nichts zu gewinnen. Unrichtig ist bereits die in der Beschwerde vertretene Auffassung, die Ausführungen in der Niederschrift über die GETRÄNKESTEUERprüfung könnten irgendeine Bindungswirkung für das gegenständliche Verfahren entfalten. Aus diesem Grund lag auch kein Verfahrensmangel darin, daß das Ergebnis des (gegen Gottfriede T geführten) Getränkesteuerverfahrens nicht dem beschwerdeführenden Verein vorgehalten wurde, wie letzterer vermeint. Weiters liegt auch die vom beschwerdeführenden Verein behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vor; entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung hat die belangte Behörde KEINE Feststellung darüber getroffen, daß der beschwerdeführende Verein im hier fraglichen Zeitraum keine die Vorschreibung von Lustbarkeitsabgabe etc. rechtfertigende Tätigkeit ausgeübt habe.

Davon jedoch ganz abgesehen verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend auf die Bestimmung des § 2 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 (Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Dezember 1986, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz, Nr. 22 vom 11. Dezember 1986, Seite 302 ff). Dort heißt es:

" § 2

Abgabe- und Haftpflicht

(1) Abgabepflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung.

(2) Unternehmer ist derjenige, auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird; als Unternehmer gilt auch, wer sich öffentlich als Veranstalter ankündigt ODER DEN BEHÖRDEN

GEGENÜBER ALS SOLCHER AUFTRITT. ..."

Eine gleichartige Vorschrift enthält § 5 Abs. 1 und 2 des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 37/1950, mit dessen § 1 Abs. 1 die steirischen Gemeinden ermächtigt wurden, anläßlich von Lustbarkeitsveranstaltungen eine Abgabe-(Lustbarkeits)abgabe einzuheben.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, daß die oben wiedergegebenen Passagen aus dem Schreiben des Rechtsfreundes des beschwerdeführenden Vereins vom 3. April 1987 den Tatbestand des letzten Halbsatzes des § 2 Abs. 2 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 erfüllen.

Es bestand auch kein Anlaß, dieses Schreiben dem beschwerdeführenden Verein vorzuhalten, stammt es doch von seinem Rechtsvertreter selbst.

Damit ist die Festsetzung der genannten Abgaben gegenüber dem beschwerdeführenden Verein in nicht rechtswidriger Weise erfolgt.

Da die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sohin die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeSachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990170447.X00

Im RIS seit

10.10.1991

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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