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19/05 Menschenrechte;Norm
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des A C in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 22. Juli 1991, Zl. Fr 950/1991, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Juli 1991 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer, einem algerischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 und 7 sowie Abs. 3 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 575/1987 (im Folgenden kurz: FPG), ein bis zum 31. Dezember 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
§ 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 und Abs. 3 FPG lauten:
"(1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
6. gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 2 Abs. 1 zu verschaffen.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen."
Zutreffend hat die belangte Behörde die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 FPG als gegeben erachtet: Hiezu genügt es, auf das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0166, zu verweisen, in welchem der Gerichtshof ausgesprochen hat, daß die dort belangte Behörde zu Recht zu dem Ergebnis gelangt sei, daß der Beschwerdeführer anläßlich der Stellung seines am 18. Oktober 1990 überreichten Sichtvermerksantrages unrichtige Angaben über den Zweck seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Damit ist davon auszugehen, daß die Annahme gerechtfertigt ist, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwider (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0204). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde darüber hinaus noch die Verwirklichung eines weiteren Tatbestandes des § 3 Abs. 2 - etwa der Z. 7 - FPG als gegeben erachten konnte oder (auch) bestimmte, vom Gesetz verpönte Verhaltensweisen des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der Beurteilung seines Gesamt(fehl)verhaltens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 1991, Zl. 91/19/0011) in ihre Überlegungen miteinbeziehen konnte (so ist im angefochtenen Bescheid von einer rechtskräftigen Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes die Rede; der Beschwerdeführer behauptet, es falle ihm als einzige bisherige Verfehlung eine Übertretung des Meldegesetzes zur Last).
Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Vornahme der nach § 3 Abs. 3 FPG gebotenen Interessenabwägung rechtswidrig gehandelt hätte. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird dazu im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer halte sich erst kurz (seit 1. Juli 1990) im Bundesgebiet auf; auch wenn die Verlobte des Beschwerdeführers Österreicherin sei und er beabsichtige, mit ihr die Ehe einzugehen, könne dieser Umstand - selbst bei Eheschließung - nicht dahin gewertet werden, daß eine besondere Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen bestehe. Es müsse daher das Ergebnis der Interessenabwägung dahin gewertet werden, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen würden, als die nicht unbeträchtlichen Auswirkungen dieser Maßnahme auf den "Privatbereich" des Beschwerdeführers.
Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen. Daß der Beschwerdeführer nunmehr am 2. Juli 1991 die Ehe geschlossen hat, hat die belangte Behörde ohnedies als allfälligen Umstand in ihre Überlegungen miteinbezogen. Daß dem Beschwerdeführer entsprechend dem Beschwerdevorbringen in der Folge vom Arbeitsamt ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei, sodaß er nunmehr in Österreich einer geregelten Tätigkeit nachgehen könne, fällt - ungeachtet der Frage, ob es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt - nicht ins Gewicht.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991190278.X00Im RIS seit
14.10.1991