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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §509;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des Dipl.Ing. HM in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 14. Mai 1990, Zl. 3244-4/1989, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der am 30. Dezember 1985 urkundlich abgeschlossenen, als Schenkungsvertrag bezeichneten Vereinbarung übertrug der Beschwerdeführer seinem Sohn den ihm als Kommanditist zustehenden Geschäftsanteil an der K-KG. Nach Punkt 4. der Vereinbarung behielt sich der im Jahr 1913 geborene Übergeber das volle und uneingeschränkte Fruchtgenußrecht an der abgetretenen Beteiligung (Kommanditeinlage) an der K-KG für sich und nach seinem Tode für seine im Jahr 1919 geborene Ehegattin vor. Das Fruchtgenußrecht sollte demnach erst nach dem Tode des letzten Fruchtgenußberechtigten erlöschen. Es wurde vereinbart, daß bis zum Erlöschen des Fruchtgenußrechtes die jeweils fruchtgenußberechtigte Person an den Übernehmer die auf den Kapitalanteil vom Finanzamt vorgeschriebenen Vermögensteuern vergüten sollte. Der Übernehmer verpflichtete sich, die erworbene Beteiligung, solange ein Fruchtgenußberechtigter lebt, nur mit dessen schriftlicher Zustimmung durch Vertrag unter Lebenden unter welchem Rechtstitel immer an Dritte zu übertragen.
Für das angeführte Rechtsgeschäft setzte das Finanzamt - ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 7,975.787,-- - Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG im Betrage von S 159.516,-- fest.
Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, die Abgabenbehörde habe die Annahme eines entgeltlichen Rechtsgeschäftes nicht begründet. Wenn eine Person einen Vermögenswert an eine andere Person schenkungsweise unter Zurückbehaltung der Fruchtnießung übertrage, so entstehe ein gespaltetes Rechtsverhältnis; es werde die Substanz vom Ertrag gelöst. Während die Substanz an den Geschenknehmer übergehe, verbleibe die Ertragskomponente beim Schenker. Daß nur der vom Ertragswert gelöste Substanzwert Gegenstand der Schenkung gewesen sei und nur dieser Teil einer Schenkungssteuer unterworfen werden könne, ergebe sich aus § 2 Abs. 3 ErbStG.
Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung die Berufung als unbegründet ab und setzte die Gebühr neu mit S 214.726,-- fest.
In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, im vorliegenden Fall sei die Substanz (der Kapitalanteil) geschenkt und der abgespaltene Fruchtgenuß zurückbehalten worden. Es liege eine Schenkung vor, deren Gegenstand der Kapitalanteil ohne die daraus fließenden Erträgnisse gewesen sei. Der Fruchtgenuß sei immer beim Übergeber verblieben und niemals auf eine andere Person übergegangen; es sei daher ein Fehlschluß, daß ein Fruchtgenuß zurückgegeben worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte den Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz ab und setzte die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG mit S 215.459,-- fest.
Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus, daß der Vorbehalt des Fruchtgenußrechtes eine Verpflichtung darstelle, für das hingegebene Vermögen bestimmte Leistungen zu erbringen, auf die der Übergeber kein Recht gehabt hätte, wären sie im Vertrag nicht besonders erwähnt worden. In einer derartigen Verpflichtung sei sehr wohl eine Gegenleistung des Übernehmers an den Übergeber zu erblicken, denn der Übernehmer leiste doch nur dafür, daß der Übergeber ihm das strittige Vermögen übertragen habe. Wenn die Leistung des einen Teiles in wiederkehrenden Leistungen, deren Höhe oder Zeitdauer von vornherein nicht feststehe, bestehe, könne von einer Schenkung oder freigebigen Zuwendung nach § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG nur dann gesprochen werden, wenn sich herausstelle, daß nach Lage des Falles trotz dieser Ungewißheit sich für den einen Teil auf jeden Fall nur eine Bereicherung, für den anderen Teil auf jeden Fall nur eine Vermögenseinbuße ergebe, daß sich die Ungewißheit also nur auf das Ausmaß der Bereicherung bzw. der Vermögenseinbuße auswirken könne. Für die Feststellung, ob eine Schenkung bzw. eine gemischte Schenkung vorliege, seien nicht die Steuerwerte heranzuziehen, sondern die gemeinen Werte von Leistung und Gegenleistung zu vergleichen. Dabei könne der Gesamtbetrag der wiederkehrenden Leistungen, die von der Lebensdauer einer Person abhängen, mit einer auch nur annähernden Verläßlichkeit nur nach den Grundsätzen der Versicherungsmathematik errechnet werden. Nach Darlegung der vom Finanzamt ermittelten Werte des Geschäftsanteiles und des Fruchtgenußrechtes führte die belangte Behörde weiters aus, die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, daß der Wert des Fruchtgenußrechtes nicht größer sein könne als der Wert des übergebenen Wirtschaftsgutes, beziehe sich auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Vermögensteuer bzw. Erbschaftssteuer und sei daher für den gegenständlichen Fall ohne rechtliche Relevanz. Auf Grund der dargelegten Sach- und Rechtslage und der durchgeführten Wertermittlung ergebe sich mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß das vorliegende Rechtsgeschäft als entgeltlich zu beurteilen sei. Demzufolge sei eine Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG für die entgeltliche Abtretung der gegenständlichen Kommanditanteile festzusetzen. Die Bemessungsgrundlage ermittelte die belangte Behörde von dem gemäß § 16 BewG kapitalisierten Wert des Fruchtgenusses ausgehend abzüglich der vom Beschwerdeführer getragenen Vermögensteuer des Übernehmers mit S 10,772.951,--.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG 1957 unterliegt die rechtsgeschäftliche Überlassung eines Geschäftsanteiles (unter anderem) an einer Personengesellschaft an einen anderen Gesellschafter oder einen Dritten einer Gebühr von 2 v.H. vom Entgelt, mindestens aber vom Wert des Gesellschaftsanteiles.
Rechtsgeschäfte, die (unter anderem) unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz fallen, sind gemäß § 15 Abs. 3 GebG 1957 von der Gebührenpflicht ausgenommen.
Das vorliegende Rechtsgeschäft unterläge daher dann nicht der dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Rechtsgeschäftsgebühr, wenn es unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (die anderen im § 15 Abs. 3 GebG 1957 angeführten Verkehrssteuern kommen hier nicht in Frage) fiele, wobei insbesondere die in § 3 Abs. 1 Z. 1 und 2 dieses Gesetzes genannten Tatbestände in Betracht kommen. Die Gebührenpflicht des Rechtsgeschäftes hängt somit davon ab, ob es sich dabei um eine Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts (§ 3 Abs. 1 Z. 1 ErbStG) bzw. eine andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (Z. 2 der zuletzt zitierten Vorschrift), handelt, was nach den Vorschriften des ErbStG zu beurteilen ist, oder um ein entgeltliches Rechtsgeschäft.
Eine Schenkung im Sinne des § 938 ABGB liegt nur vor, wenn jemand eine Sache einem anderen unentgeltlich überläßt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 1963, Zl. 1869/62, vom 12. November 1970, Zl. 1113/70, vom 18. Jänner 1973, Zl. 1310/72) stellt die Verpflichtung des Übernehmers eines Geschäftsanteiles an einer Personengesellschaft, dem Übergeber die Erträgnisse aus der Nutzung des übergebenen Geschäftsanteiles (ganz oder teilweise) auszufolgen, eine Gegenleistung des Übernehmers dar. Eine unentgeltliche Überlassung eines Geschäftsanteiles liegt somit im Beschwerdefall nicht vor. Dennoch könnte das Rechtsgeschäft der Schenkungssteuer unterliegen (und somit gemäß § 15 Abs. 3 GebG 1957 von der Gebührenpflicht ausgenommen sein), denn auch solche Rechtsgeschäfte, bei denen der Leistung des einen Teiles eine geringere Leistung des anderen Teiles gegenübersteht, sind Schenkungen im Sinne des Schenkungssteuerrechtes, wenn die Bereicherung des anderen Teiles von demjenigen, der die höherwertige Leistung erbringt, gewollt ist (vgl. die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 1963, Zl. 1869/62, und vom 18. Jänner 1973, Zl. 1310/72).
Eine (gemischte) Schenkung bzw. eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG kann somit bei einem offenbaren Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in Betracht kommen. Ein solches offenbares Mißverhältnis liegt dann vor, wenn sich nach Lage des Falles für den einen Teil auf jeden Fall eine Vermögenseinbuße, für den anderen Teil auf jeden Fall eine Bereicherung ergibt. Bei der Feststellung, ob ein solches krasses Mißverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen (geringfügige Wertunterschiede bleiben außer Betracht) und damit eine Bereicherung eines Vertragsteiles vorliegt, sind Leistung und Gegenleistung nach ihrem gemeinen Wert zu vergleichen; dabei ist der Wert des Fruchtgenußrechtes unter Zugrundelegung der zu erwartenden Erträgnisse und der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen anzusetzenden Lebenserwartung des Berechtigten zu ermitteln (vgl. neben den bereits zitierten Erkenntnissen - zum Teil im Zusammenhang mit dem vergleichbaren Fall von Leibrentenverträgen - die hg. Erkenntnisse vom 12. November 1970, Zl. 1113/70, vom 3. Juni 1971, Slg. 4245/F, und vom 11. September 1980, Zl. 1050/78, sowie Stoll, Rentenbesteuerung3 610 f).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzweisen, daß eine gemischte Schenkung nur angenommen werden kann, wenn nach dem Parteiwillen ein Teil der Leistung unentgeltlich hingegeben werden sollte. Erforderlich ist somit, daß sich die Vertragspartner des doppelten Charakters der Leistung bewußt gewesen sind, beide die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben (vgl. Schubert in Rummel, ABGB I2 § 938 Rz 9 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen, und das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, Zl. 90/14/0102). Ein krasses Mißverhältnis des Wertes der beiderseitigen Leistungen reicht somit für sich allein nicht aus, die Annahme einer gemischten Schenkung zu begründen; es kann jedoch - als einer der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles - den Schluß auf die Schenkungsabsicht der Parteien rechtfertigen (vgl. hiezu OGH JBl. 1978, 645, SZ 59/174, NZ 1989, 98).
Ausgehend von dem oben dargelegten Grundsatz, daß die Verpflichtung zur Ausfolgung der Erträgnisse des Geschäftsanteiles eine Gegenleistung des Übernehmers darstellt, hat die belangte Behörde, die auch ein nach dem oben Gesagten die Schenkungsabsicht indizierendes krasses Mißverhältnis der beiderseitigen Leistungen nicht angenommen hat, das Vorliegen einer gemischten Schenkung verneint. Der Beschwerdeführer bestreitet weder die Verpflichtung des Übernehmers zur Ausfolgung der Erträgnisse noch behauptet er das Vorliegen eines krassen Mißverhältnisses der beiderseitigen Leistungen. Er begründet seine Auffassung, das Geschäft wäre nicht der Gebühr, sondern der Schenkungssteuer zu unterziehen gewesen, vielmehr im wesentlichen wie folgt: Sein Sohn habe den Substanzwert des Geschäftsanteiles im Schenkungswege erhalten, während er den "Brutto-Fruchtgenuß" zurückbehalten habe. Ein Wirtschaftsgut, das Erträge abwerfe, könne in die Komponenten Substanzwert und Ertragswert zerlegt werden. Der Erwerber des Substanzwertes verfüge vorerst über diesen. Ihm komme das Recht zur Ausübung der Gesellschaftsrechte zu und er nehme auch am Zuwachs des Substanzwertes teil. Die von der Gesellschaft zur Verteilung kommenden Erträge, die ein gesondertes Wirtschaftsgut darstellten und auch als solches bewertet würden, habe der Übergeber zurückbehalten. Dieses kapitalisierte Fruchtgenußrecht sei im Falle einer Schenkung vom Gesamtwert des Kapitalanteiles abzusetzen; der Differenzbetrag sei der Wert der Schenkung. "Bei folgerichtiger und logischer Überlegung" müsse der Wert des Kapitalanteiles immer höher sein als der kapitalisierte Fruchtgenuß; bei Anwendung des Bewertungsgesetzes könne der kapitalisierte Fruchtgenuß höchstens so hoch sein, wie der Wert des Anteiles.
Diese Darlegungen sind nicht geeignet, zu erweisen, das vorliegende Rechtsgeschäft wäre bei Anwendung der oben dargelegten Grundsätze, von denen abzugehen der Verwaltungsgerichtshof auch aus dem Gesichtspunkt des Beschwerdefalles keinen Anlaß sieht, als (gemischte) Schenkung zu qualifizieren. Daß die Bestellung eines Fruchtgenusses wirtschaftlich als "horizontale Aufspaltung des Vollrechtes Eigentum in Vermögen und Erträge (Substanz und Nutzen)" erklärt werden kann (vgl. Stoll, aaO 499 mwN), ist eine Betrachtungsweise im Zusammenhang mit der ertragsteuerlichen Zurechnung der Erträgnisse. Dies bedeutet jedoch keinen Widerspruch zu dem Grundsatz, daß die anläßlich der Übertragung des Geschäftsaneiles übernommene Verpflichtung zur Ausfolgung der Erträgnisse des Geschäftsanteiles durch den Übernehmer bei der schenkungssteuerrechtlichen Beurteilung als Gegenleistung für die Überlassung des Geschäftsanteiles aufzufassen ist.
Ebensowenig bieten die nicht weiter konkretisierten Darlegungen des Beschwerdeführers, der Wert des Fruchtgenusses müsse niedriger bzw. könne höchstens gleich hoch sein wie der Wert des Geschäftsanteiles, einen Anhaltspunkt für ein nach den obigen Darlegungen gegebenenfalls Schenkungsabsicht indizierendes krasses Mißverhältnis der beiderseitigen Leistungen. Mit den oben wiedergegebenen Darlegungen des Beschwerdeführers, die vom Vorliegen einer Schenkung ausgehen, wird somit das im Beschwerdefall erst zu Erweisende ohne Grundlage im Sachverhalt vorausgesetzt.
Die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor. Die ebenfalls geltend gemachte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Beschwerde nicht weiter ausgeführt; von Amts wegen aufzugreifende Verstöße gegen Verfahrungsvorschriften können dem Akteninhalt nicht entnommen werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
FruchtgenußEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990150084.X00Im RIS seit
14.01.2002