TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/14 90/10/0171

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Veröffentlicht am 14.10.1991
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Index

L70505 Schischule Salzburg;
L70506 Schischule Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

SchischulG Slbg 1989 §8;
SchischulG Stmk 1969 §5 Abs1;
SchischulG Stmk 1969 §5;
SchischulG Stmk 1969;
VwGG §42 Abs4 idF 1990/330;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwGG §49 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Puck, Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. Hubert M, Rechtsanwalt in W, gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über einen Antrag auf Bewilligung einer Schischule nach dem Steiermärkischen Schischulgesetz 1969, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wird der Steiermärkischen Landesregierung aufgetragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung binnen einer Frist von acht Wochen, gerechnet ab Zustellung dieses Erkenntnisses, zu erlassen: Die Bewilligung für den Betrieb einer Schischule ist zu erteilen, wenn der Bewerber die persönlichen Voraussetzungen (§ 4) erfüllt. Weder § 5 noch eine andere Bestimmung des genannten Gesetzes bilden eine Grundlage dafür, einen Antrag mit der Begründung abzuweisen, die Erteilung einer weiteren Bewilligung führe zu einer Gefährdung der körperlichen Sicherheit der den Schisport Ausübenden.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Schreiben vom 26. Juni 1985 ersuchte der Beschwerdeführer um die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Schischule für den Standort und das Gebiet der Gemeinde B.

Mit Bescheid vom 12. November 1985 wies die belangte Behörde dieses Ansuchen ab.

Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof hob dieser zunächst im Rahmen eines amtswegigen Normenprüfungsverfahrens mit Erkenntnis vom 30. November 1988, G 173/88, die Worte "im angestrebten Standort ein Bedarf gegeben ist und" in Abs. 4 des § 3 des Steiermärkischen Schischulgesetzes 1969 (in der Folge: Stmk. Schischulgesetz), LGBl. für Steiermark Nr. 211/1969, als verfassungswidrig auf. Mit Erkenntnis vom selben Tag, B 940/85, sprach der Verfassungsgerichtshof ferner aus, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden sei, und hob den angefochtenen Bescheid auf.

Mit Schreiben vom 3. Februar 1989 wiederholte der Beschwerdeführer sein Ansuchen vom 26. Juni 1985. 1.2. Da die belangte Behörde über den Antrag des Beschwerdeführers nicht binnen sechs Monaten entschied, erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 89/10/0184 protokollierte Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde erließ NACH Ablauf der ihr vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist den Bescheid vom 30. November 1989, mit dem das Ansuchen des Beschwerdeführers um die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung und den Betrieb einer Schischule für den Standort und das Gebiet der Gemeinde B wieder abgewiesen wurde. Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wurde daher vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. Februar 1990, Zl. 89/10/0184, wegen Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.

1.3. Auf Grund der vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. November 1989 erhobenen, die Unzuständigkeit der belangten Behörde ausdrücklich als Beschwerdepunkt geltend machenden Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 23. April 1990, Zl. 90/10/0006, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde auf.

1.4. Mit Beschluß vom 24. September 1990, Zl. 90/10/0111, gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1990, Zl. 89/10/0184, eingestellten Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG statt und hob den Beschluß vom 26. Februar 1990 auf.

Damit ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über die Säumnisbeschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wieder gegeben.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 3 des Stmk. Schischulgesetzes (Abs. 4 in der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 1988, G 173/88, bereinigten Fassung) bestimmt:

"(1) Die Errichtung und der Betrieb einer Schischule bedarf einer Bewilligung der Landesregierung. Der Antrag auf Bewilligung ist schriftlich einzubringen.

(2) Im Antrag gemäß Abs. 1 sind der angestrebte Standort und das in Aussicht genommene Schischulgebiet anzuführen; die erforderlichen Belege zum Nachweis der persönlichen Voraussetzungen (§ 4) sind anzuschließen.

(3) Die Bewilligung darf nur natürlichen Personen erteilt werden.

(4) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn Bewerber die persönlichen Voraussetzungen (§ 4) erfüllt."

Der mit "Persönliche Voraussetzungen" überschriebene § 4 des Stmk. Schischulgesetzes hat folgenden Inhalt:

"(1) Die Bewilligung darf nur an Personen erteilt werden, die

a)

im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft sind,

b)

das 24. Lebensjahr vollendet haben,

c)

unter Bedachtnahme auf ihr Vorleben die erforderliche Verläßlichkeit besitzen und

d)

die für den Betrieb einer Schischule erforderliche gesundheitliche Eignung, die fachliche Befähigung und eine praktische Betätigung gemäß Abs. 3 nachweisen.

(2) Die gesundheitliche Eignung hat der Bewerber durch ein Zeugnis des Amtsarztes der für seinen Wohnsitz zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, die fachliche Befähigung durch Vorlage des nach der Diplomschilehrerausbildung erworbenen Diploms (§ 10) oder des Zeugnisses eines gemäß § 13 anerkannten Ausbildungslehrganges nachzuweisen.

(3) Die praktische Betätigung ist durch den Nachweis einer mindestens zweijährigen Verwendung als Diplomschilehrer (§§ 10 und 13) in einer Schischule in Steiermark oder in einer mit den Grundsätzen dieses Gesetzes (§§ 4, 10, 11 und 13) in Einklang stehenden Schischule eines anderen Bundeslandes zu erbringen."

§ 5 Abs. 1 des Stmk. Schischulgesetzes lautet auszugsweise:

"§ 5

Umfang der Bewilligung

(1) Die Bewilligung wird für einen bestimmten Standort innerhalb eines bestimmten Gebietes (Schischulgebietes) erteilt. Das Gebiet einer Schischule umfaßt in der Regel das Gebiet einer Gemeinde; sofern es jedoch die Lage der vorhandenen Fremdenverkehrsbetriebe im vorhandenen Übungsgebiet erfordert, können Gebiete (Teilgebiete) mehrerer Gemeinden zu einem Schischulgebiet vereinigt oder aus dem Gebiet einer Gemeinde mehrere Schischulgebiete gebildet werden. Das Gebiet der Schischule ist im Bewilligungsbescheid festzusetzen. Bei Änderung der für die Festsetzung des Schischulgebietes maßgeblichen Verhältnisse (Ausbau der Fremdenverkehrsbetriebe, Bergverkehrsmittel usw.) ist eine Änderung des festgesetzten Schischulgebietes zulässig; dabei ist auf die Interessen der im Gemeindegebiet bereits bestehenden Schischulen Rücksicht zu nehmen und der Steiermärkische Schilehrerverband zu hören..."

2.2. Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 26. Juni 1985 um die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Schischule für den Standort und das Gebiet der Gemeinde B angesucht. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 1989 hat er diesen Antrag wiederholt und dahingehend modifiziert, es möge ihm für den Fall, daß seinem Antrag nicht Folge gegeben werde, die Bewilligung zur Errichtung einer Schischule für den Standort und das näher umschriebene Teilgebiet der Gemeinde B erteilt werden.

Die belangte Behörde hat mit dem - vom Verwaltungsgerichtshof infolge Unzuständigkeit aufgehobenen - Bescheid vom 30. November 1989 den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.

Zur Begründung ihrer Entscheidung verwies sie im wesentlichen auf § 5 Abs. 1 des Stmk. Schischulgesetzes, wonach die Bewilligung für einen bestimmten Standort innerhalb eines bestimmten Gebietes (Schischulgebiet) erteilt werde. Dies bedinge jedoch, daß neben den persönlichen Voraussetzungen das Vorhandensein einer Betriebsstätte (Schischulgebiet) als Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung gegeben sein müsse. Mit welcher Anzahl von Schischulen ein Schischulgebiet belastet werden könne, sei im Einzelfall zu prüfen. Jede Schischule nehme einen gewissen Teil der vorhandenen Fläche eines Schischulgebietes in Beschlag, und zwar nicht im Ausmaß der Schischüler, sondern im Ausmaß der Schischulen bzw. deren Gruppen, da jede Gruppe unabhängig von der Schülerzahl eine Strecke für sich beanspruche. Eine gemeinsame Übungstrecke für mehrere Gruppen sei meist aus Gründen des unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schüler oder aus Gründen der Konkurrenz (bei Gruppen verschiedener Schischulen) nicht möglich. Zusammen mit den nicht eine Schischule besuchenden Schifahrern könne es daher zu einer "Überfüllung" eines Schischulgebietes kommen. Eine Vermehrung der Pisten und Lifte sei in der heutigen Zeit in Erkenntnis der Wichtigkeit des ökologischen Gleichgewichtes von Freiräumen im Bewilligungswege kaum noch möglich. Die Überbeanspruchung der bestehenden Schipisten ziehe daher nicht nur eine Zerstörung der Umwelt nach sich, sondern bringe eine Gefahr für die körperliche Sicherheit aller in diesem Gebiet den Wintersport Ausübenden mit sich, unabhängig von einer nachteiligen Wirkung auf den Fremdenverkehr. Der Beschwerdeführer, der seit 1986 eine Schischule in P betreibe, habe nunmehr um die Bewilligung einer Schischule für den Standort und das Gebiet der Gemeinde B angesucht. Dieses Gebiet befinde sich auf der T-Alm, auf der es bereits fünf Schischulen gebe. In der Wintersaison 1988/89 hätten in Österreich bereits einige Schigebiete wegen "Überfüllung" gesperrt werden müssen. Die T-Alm sei durch eine Mautstraße erschlossen, die einen sehr großen Zustrom an Wintersporttouristen ermögliche. Gleichzeitig könne die T-Alm auch durch einen Doppelsessellift erreicht werden. Durch die gute Infrastruktur und die sichere Schneelage komme es zu einem übergroßen Besucheransturm. Dazu komme, daß durch die Bestimmung des § 5 Abs. 5 des Stmk. Schischulgesetzes angrenzenden Talschischulen bei unzureichender Schneelage Übungsplätze in diesem Schischulgebiet zuzuweisen seien. Aus diesen Gründen sei in der vergangenen Saison eine Sperre des T-Almgebietes kurz bevorgestanden. Das Gelände, welches in diesem Gebiet für einen Schiunterricht geeignet sei, sei - ohne dadurch eine Gefahr für die körperliche Sicherheit der Schifahrer darzustellen - nicht mehr aufnahmefähig genug, einer weiteren Schischule als Übungsgelände zu dienen. Das Ansuchen des Beschwerdeführers habe daher abgewiesen werden müssen.

2.3. Die Auffassung der belangten Behörde, die Abweisung der beantragten Bewilligung darauf zu stützen, daß die Erteilung einer weiteren Schischulbewilligung im beantragten Gebiet zu einer Gefährdung der körperlichen Sicherheit der Schisportausübenden führen würde, läßt sich weder aus § 5 des Stmk. Schischulgesetzes noch aus einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes ableiten. Aus § 3 des genannten Gesetzes ergibt sich vielmehr, daß die Bewilligung für den Betrieb einer Schischule zu erteilen ist, "wenn der Bewerber die persönlichen Voraussetzungen (§ 4) erfüllt". § 5 des Schischulgesetzes enthält lediglich nähere Anordnungen für die Festlegung des Schischulgebietes und für Änderungen im Umfang desselben bei geänderten Verhältnissen, unbeschadet einer gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen bereits bestehender Schischulen. Regelungen, die der Hintanhaltung von Gefahren dienen, die mit der Abhaltung des Schiunterrichtes und der Ausübung des Schisports verbunden sind, enthält das Stkm. Schischulgesetz - im Gegensatz etwa zum Salzburger Schischulgesetz 1989, LGBl. Nr. 83/1989, (vgl. dessen § 8) - in seiner DERZEITIGEN Fassung nicht (vgl. aus jüngster Zeit das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 1991, B 758/90).

Durch § 5 Abs. 1 des Stmk. Schischulgesetzes wird - bei verfassungskonformer Auslegung - auch nicht eine Schischule je Schischulgebiet festgelegt. Die Bewilligung von zwei oder mehreren Schischulen je Schischulgebiet ist daher zulässig (vgl. Punkt 6.2.2. des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 1988, G 173/88).

2.4. Der belangten Behörde wird aufgetragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der in Punkt 2.3. festgelegten Rechtsanschauung binnen der nichterstreckbaren Frist von acht Wochen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 1983, Zl. 81/05/0164), gerechnet ab Zustellung dieses Erkenntnisses, zu erlassen.

Sie wird dabei zu prüfen haben, ob die persönlichen Voraussetzungen des Beschwerdeführers (§ 4), deren Vorhandensein im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 30. November 1989 "amtsbekannt" waren, noch immer gegeben sind.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Schriftsatzaufwand konnte wegen Unterschreitung des zur Zeit der Beschwerdeverfassung geltenden Ansatzes (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 673) nur in Höhe des tatsächlich verzeichneten Betrages zuerkannt werden.

Schlagworte

Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des Pauschbetrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990100171.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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