TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/15 91/05/0127

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Veröffentlicht am 15.10.1991
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des Otto G in Wien, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 7. März 1991, Zl. MD-VfR - B XVI - 29/89, betreffend Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der nach Ablehnung der Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof ergänzten Beschwerde ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Liegenschaft EZ nn KG Ottakring ist seit jeher im Miteigentum mehrerer Personen gestanden, denen durch Benützungsregelung schon vor dem Erwerb eines Miteigentumsanteiles durch den Beschwerdeführer je das Recht auf Benützung bestimmter Teile dieser Liegenschaft eingeräumt worden war. Ebenfalls schon vor dem Anteilserwerb durch den Beschwerdeführer haben die einzelnen Miteigentümer auf den ihnen zugewiesenen Teilstücken bis zum Jahre 1959 insgesamt sieben Baulichkeiten errichtet. Für alle diese Baulichkeiten gäbe es keine Baubewilligung, die Liegenschaft sei auch (noch) nicht als Bauland gewidmet.

Die Voreigentümerin des Beschwerdeführers habe auf dem ihr zugewiesenen Teilstück der Liegenschaft im Jahre 1959 ein ca. 8 x 4 m großes und etwa 3 m hohes bungalowartiges Bauwerk mit Aufenthaltsräumen, WC, Kochgelegenheit und Abstellraum und gleichzeitig außerhalb dieses Bauwerkes ein etwa 4 x 3 m großes und 1,5 m tiefes Schwimmbecken hergestellt.

In den Jahren unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges seien im Wiener Stadtbereich sehr viele "wilde Bauten" entstanden, die unter den damaligen Umständen toleriert wurden. Mit "Entschließung" des Bürgermeisters der Stadt Wien vom 19. März 1962 sei unter diese Periode ein Schlußstrich gezogen worden, gleichzeitig habe man aber mehrfach Bemühungen zur nachträglichen Sanierung der bereits entstandenen und nicht baugenehmigten Objekte unternommen, der letzte und damit aktuelle "Sanierungsschritt" in diese Richtung sei die Weisung der "Magistratsdirektion der Stadt Wien" vom 21. Juli 1965, MD 2757/63. Dieser Erlaß sehe vor, daß in bezug auf Baulichkeiten, die vor dem 19. März 1962 errichtet wurden, vorerst keine neuen Abtragungsaufträge zu erteilen und bereits erteilte Abtragungsaufträge zunächst nicht zu vollstrecken seien, es müsse vielmehr geprüft werden, ob eine Sanierung des geschaffenen Zustands entweder durch Gesetzesänderung, durch Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes oder durch bloße Erteilung von Baubewilligungen, je nach der Sachlage, erfolgen könne. Es habe die Behörde im Versuch der Sanierung dabei auf jene Weise vorzugehen, die in dem in der Beschwerde wiedergegebenen Erlaß vom 21. Juli 1965, im einzelnen beschrieben wird.

Als der Beschwerdeführer am 15. September 1987 seine Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ nn KG Ottakring samt den darauf befindlichen Baulichkeiten erworben habe, sei ihm dieser "Toleranz-Erlaß" zufolge seiner jahrzehntelangen Tätigkeit im Bau- und Baunebengewerbe bekannt gewesen, er habe bei Ankauf auf die "Einhaltung" dieses "Toleranz-Erlasses" vertraut und hätte andernfalls vom Ankauf der Liegenschaftsanteile Abstand genommen, da er sonst vom Fortbestand der Baulichkeiten nicht hätte ausgehen können. Die vom Beschwerdeführer selbst durchgeführten Renovierungsarbeiten hätten eine selbständige Bewilligungsbedürftigkeit nicht bewirkt.

Auf Grund einer dem Beschwerdeführer nicht näher bekannten Anzeige habe die Baupolizei am 17. März 1989 eine "Büroverhandlung" durchgeführt, bei der sie festgestellt habe, daß "auf der gegenständlichen Liegenschaft ca. 3 m von der östlichen Grundgrenze und ca. 20 m von der Straßenfront der Wilhelminenstraße ein ca. 8 x 4 m großes, ebenerdiges, ca. 3 m hohes, bungalowartiges Bauwerk, enthaltend Aufenthaltsräume, Abort, Kochgelegenheit und Abstellraum, errichtet wurde, weiters ein ca. 4 x 3 m großes und ca. 1,5 m tiefes Schwimmbecken hergestellt wurde, und daß für diese Baulichkeiten keine Baubewilligungen vorgewiesen werden konnten". Am 27. Juni 1989 habe die Baupolizei einen Bescheid erlassen, mit welchem "dem Eigentümer der gegenständlichen Baulichkeiten" aufgetragen worden sei, die ohne Bewilligung errichtete Baulichkeit sowie das Schwimmbecken binnen zwölf Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides abtragen zu lassen. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer auf den Altbestand der Baulichkeiten, auf die von den anderen sechs Liegenschaftsmiteigentümern gleichzeitig errichteten Baulichkeiten und auf den Erlaß vom 21. Juli 1965 hingewiesen und geltend gemacht, daß keiner der anderen sechs Liegenschaftseigentümer bescheidmäßig zur Abtragung der formal genehmigungslosen Baulichkeiten verhalten worden sei. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen, weil die betroffene Baulichkeit bereits im Jahre ihrer Herstellung bewilligungspflichtig gewesen sei und mangels Vorliegens einer Baubewilligung der vorschriftswidrige Bau gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien zu beseitigen sei; der vom Beschwerdeführer erwähnte "Bürgermeister-Erlaß" sei keine Rechtsverordnung und von der Bauoberbehörde für Wien daher nicht anzuwenden.

Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachtet sich in seinem Recht auf den Fortbestand der vom Abtragungsauftrag betroffenen Baulichkeiten und dabei bestehenden Verfahrensrechten verletzt. Zumindest die Baubehörde erster Instanz hätte zufolge ihrer Weisungsgebundenheit gegenüber dem Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien den Erlaß vom 21. Juli 1965 beachten müssen. Daß sich die Behörde erster Instanz über diesen Erlaß hinweggesetzt habe, hätte Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides begründet, welche die Bauoberbehörde für Wien wahrzunehmen verpflichtet gewesen wäre. Willkür sei es, eine von sieben auf der Liegenschaft errichteten konsenslosen Baulichkeiten herauszugreifen und hinsichtlich dieser einen Abbruchauftrag zu erlassen, hinsichtlich der sechs übrigen auf derselben Liegenschaft befindlichen Baulichkeiten den "Toleranz-Erlaß" aber offenbar doch anzuwenden. Keine Begründung habe die Behörde dafür gegeben, weshalb sie ausgerechnet nur jene Baulichkeiten für abtragungsbedürftig erachte, die sich auf dem dem Beschwerdeführer zugewiesenen Liegenschaftsanteil befinden, den Rest hingegen für bestandsberechtigt ansah. Die Baubehörde erster Instanz habe den Bestand der konsenslosen Baulichkeiten festgestellt, ohne sich an Ort und Stelle zu begeben, eine Verhandlung vor der belangten Behörde habe überhaupt nicht stattgefunden:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unterstellt man den vom Beschwerdeführer dargestellten Sachverhalt als zutreffend, so mutet seine Irritation über die ihn treffende Vorgangsweise der Behörde aus seiner Sicht gewiß verständlich an. Es bindet indessen die dem Verwaltungsgerichtshof in den Art. 129 ff. B-VG aufgetragene Sicherung des Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung den Erfolg einer Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG an das Erfordernis einer Rechtsverletzung, welche allein zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides nach § 42 Abs. 2 VwGG führen kann. Eine solche Rechtsverletzung freilich vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen.

Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien ist ein vorschriftswidriger Bau zu beseitigen. Ein Beseitigungsauftrag nach dieser Gesetzesstelle setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, daß sowohl im Zeitpunkt der Errichtung der Baulichkeit als auch im Zeitpunkt der Erlassung des Bauauftrages der vorschriftswidrige Bau einer baubehördlichen Bewilligung bedurft hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. April 1988, Zl. 87/05/0199, BauSlg. 1099, und die dort angeführte Vorjudikatur). Der Beschwerdeführer bestreitet weder Erfordernis noch Fehlen einer baubehördlichen Bewilligung für die vom Beseitigungsauftrag betroffenen Baulichkeiten einst und jetzt. Sein Versuch, aus dem von ihm zitierten Erlaß der Magistratsdirektion der Stadt Wien vom 21. Juli 1965, MD 2757/63, einen Rechtsanspruch auf eine die Bestimmung des § 129 Abs. 10 der Wiener Bauordnung außerachtlassende andere Vorgangsweise der Behörde ihm gegenüber abzuleiten, muß aus demselben Grund scheitern, dessentwegen er schon mit seiner Berufung erfolglos geblieben war. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können in den gesetzlich vorgesehenen Publikationsorganen zudem auch nicht verlautbarte Verwaltungsanweisungen keine Rechtswirksamkeit nach außen entfalten (vgl. hg. Erkenntnisse vom 11. Mai 1982, Zl. 81/05/0095, Slg. N.F. 10.729/A, und vom 12. Mai 1981, Zl. 3204/80, Slg. N.F. 5587/F). Es muß dem Beschwerdeführer daher verwehrt bleiben, die mit dem Gesetz im Einklang stehende Erlassung des Auftrages nach § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien unter Berufung auf den von ihm zitierten Erlaß als rechtswidrig darzutun.

Ebensowenig hilft dem Beschwerdeführer der Hinweis auf die Ungleichbehandlung seiner Miteigentümer mit den auf den ihnen zugewiesenen Flächen errichteten konsenslosen Baulichkeiten. Mag die Baubehörde auch verpflichtet gewesen sein, die Konsenslosigkeit auch der übrigen Baulichkeiten auf der Liegenschaft durch Erlassung entsprechender Aufträge nach § 129 Abs. 10 der Wiener Bauordnung wahrzunehmen, so ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers daraus nichts gewonnen, weil niemand aus einer - allenfalls rechtswidrigen - Vorgangsweise gegenüber Dritten für sich einen Anspruch auf vergleichbare Rechtswidrigkeit ableiten kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1991, Zl. 87/14/0133, und das dort zitierte Vorjudikat). Hinsichtlich der gerügten Verfahrensverletzungen aber vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, inwieweit sie im Vermeidungsfalle zu einem anderen Bescheid hätten führen können, zumal der Beschwerdeführer die Tatsachenfeststellungen der Behörde ohnehin nicht bestreitet. Es hatte sich ein Eingehen auf die Frage des Vorliegens der gerügten Verfahrensverletzungen demnach zu erübrigen.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigte sich eine Entscheidung über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag nach § 30 Abs. 2 VwGG.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991050127.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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