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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Mihai S in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1991, Zl. 4.308.191/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger - reiste am 21. Jänner 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 23. Jänner 1991 gab der Beschwerdeführer im wesentlichen an, er habe von 1975 bis 1979 die Wirtschaftsschule in Arad besucht und mit Matura abgeschlossen. In der Folge sei er in einem an der ungarischen Grenze gelegenen Motel bis 1986 tätig gewesen. Am 28. Februar 1986 sei er vom Gericht in Arad wegen Kritik am Regime zu fünf Jahren Haft verurteilt, doch am 3. Februar 1988 auf Grund einer allgemeinen Amnestie entlassen worden. In der Folge habe er nur mehr als Hilfsarbeiter arbeiten können. Im Jänner 1990 habe der Beschwerdeführer die Tilgung seiner Strafe erreichen wollen. Er sei von einem "Colonel" mit dem Überfahren mit einem Pkw bedroht worden, wenn er die Sache aufrollen wolle. An den Demonstrationen anläßlich der Revolution habe er im Dezember 1989 passiv teilgenommen. Die politischen Probleme vor der Revolution hätten auch nach ihr angedauert.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. Jänner 1991 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne der Konvention sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben. In dieser führte er zu seinem bisherigen Vorbringen ergänzend aus, er habe im Jahre 1984 einen Brief geschrieben, der ein Ansuchen um politisches Asyl für die ganze Familie in den USA enthalten habe. Diesen Brief habe er einem Freund mitgegeben; der Brief sei bei der Grenzkontrolle beschlagnahmt worden. Seitdem sei der Beschwerdeführer von der Securitate dadurch belästigt worden, indem er jede Woche darüber verhört worden sei, was er denke und zu tun beabsichtige. Im Juni 1989 habe er an einer Demonstration in Bukarest teilgenommen, bei der er von einer Bergarbeitergruppe geschlagen und am Kopf verletzt worden sei, sodaß er das Krankenhaus habe aufsuchen müssen.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Februar 1991 wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im gesamten Verwaltungsverfahren keine Umstände glaubhaft machen können, die objektiv die Annahme rechtfertigen könnten, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befinde und nicht gewillt sei, sich wieder unter dessen Schutz zu stellen. Es erscheine angesichts der politischen Veränderungen im Heimatland des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig, daß er wegen seiner Verurteilung im Jahre 1986 zum Zeitpunkt seiner Ausreise einer im Sinne der Flüchtlingskonvention relevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Da er in seiner Erstbefragung keine politischen Aktivitäten seiner Person nach der Revolution habe ausführen können und ausdrücklich erklärt habe, keiner regimekritischen Gruppierung angehört zu haben, sei ein schlüssiges Motiv für eine Verfolgung der Person des Beschwerdeführers durch staatliche Organe seines Heimatlandes nicht feststellbar. Dem darüber hinausgehenden Vorbringen in der Berufung habe die Glaubwürdigkeit versagt werden müssen. Erfahrungsgemäß machten nämlich Asylwerber gerade bei der ersten Befragung spontan jene Angaben, die der Wahrheit am nächsten kämen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz) in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne des Gesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der bezeichneten Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Die Rüge des Beschwerdeführers, der angefochtene Bescheid sei ohne Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge erlassen worden, ist aktenwidrig, da diesem laut einem im Akt liegenden Aktenvermerk am 13. Februar 1991 die beabsichtigte Entscheidung bekanntgegeben worden ist und der Hochkommissär dieser Entscheidung zugestimmt hat.
Der Beschwerdeführer erblickt im Fehlen von Feststellungen im angefochtenen Bescheid eine Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dieser Vorwurf ist berechtigt, doch im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht wesentlich:
Es ist richtig, daß die belangte Behörde weder das Vorbringen des Beschwerdeführers vor der Behörde erster Instanz noch das Berufungsvorbringen wiedergegeben hat, doch ist sie auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in weiterer Folge eingegangen und hat dieses zunächst dahin rechtlich beurteilt, daß daraus keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Konvention zu erkennen sei und hat dem über das Vorbringen vor der ersten Instanz hinausgehenden in der Berufungsschrift die Glaubwürdigkeit versagt.
Es bleibt daher zu prüfen, ob die rechtliche Beurteilung jenes Vorbringens des Beschwerdeführers, das die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, frei von Rechtsirrtum ist.
Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vor der Behörde erster Instanz und in der Berufung als Fluchtgründe angegeben, im Jahre 1986 wegen Kritik am Regime verurteilt worden zu sein, nach der vorzeitigen Entlassung aus der Haft nur mehr als Hilfsarbeiter eingestellt und, als er die Tilgung der Strafe im Jänner 1990 angestrebt habe, von einem Angehörigen der Securitate mit dem Überfahren durch einen Pkw bedroht worden zu sein. Hiezu ist zu bemerken, daß die fünf Jahre zurückliegende Verurteilung in keinem zeitlichen Naheverhältnis zur Ausreise des Beschwerdeführers steht und die durch die Verurteilung bedingte eingeschränkte Berufsmöglichkeit keine Verfolgung im Sinne der Konvention darstellt. Das gleiche gilt auch für die Drohung, mit einem Fahrzeug überfahren zu werden, falls der Beschwerdeführer die Tilgung der Strafe anstrebe. Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde ist daher zutreffend.
Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991010105.X00Im RIS seit
16.10.1991