TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/16 90/03/0263

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Veröffentlicht am 16.10.1991
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Kurt Z in O, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. August 1990, Zl. IIb2-V-8252/3-1990, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. August 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 18. November 1989 um 13.15 Uhr in Lienz auf dem Gendarmerieposten Lienz trotz vorliegender Alkoholisierungssymptome geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er um ca. 11.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in Oberlienz auf einer Gemeindestraße vom Kirchplatz zum Haus Nr. 49 gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StV0 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 9.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorweg ist zum Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift, daß der Beschwerdeführer die belangte Behörde unrichtig bezeichnet habe, weil die Entscheidung nicht vom Amt der Tiroler Landesregierung, sondern von der Tiroler Landesregierung erlassen wurde, zu bemerken, daß die Bezeichnung der belangten Behörde mit "Amt der Landesregierung" dann keinen Zurückweisungsgrund bildet, wenn der der Beschwerde angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides - wie im Beschwerdefall - eindeutig entnommen werden kann, daß es sich dabei um einen Bescheid der Landesregierung handelt (vgl. dazu unter anderem das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11625/A).

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in bestimmter Weise zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Voraussetzung für ein Verlangen um Ablegung der Atemluftprobe ist demnach nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem die bloße Vermutung des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers. Dies ist z. B. schon dann der Fall, wenn der Betroffene gerötete Augen hat und seine Atemluft nach Alkohol riecht (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1966, Slg. Nr. 6866/A, und vom 25. Jänner 1984, Zl. 83/03/0187, sowie die weitere darin angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer um ca. 11.00 Uhr des Tattages ein Kraftfahrzeug lenkte. Vom Beschwerdeführer wird ferner die vom Meldungsleger vor der Aufforderung zur Durchführung der Atemluftprobe gemachte Wahrnehmung, daß die Atemluft des Beschwerdeführers nach Alkohol roch, nicht (mehr) in Abrede gestellt, wenn er dazu in der Beschwerde vorbringt, daß am 18. November 1989 um 13.15 Uhr bei ihm nur deswegen Alkoholgeruch in der Atemluft wahrnehmbar gewesen sei, weil er nach der Rückkehr mit seinem Auto in sein Elternhaus ein Glas Rotwein getrunken habe, um leichter einschlafen zu können, was im übrigen mit seiner Rechtfertigung im Verwaltungsstrafverfahren übereinstimmt. Schon in Hinsicht darauf ist die Annahme der belangten Behörde, daß der Meldungsleger zur Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers berechtigt war, im Ergebnis nicht als rechtswidrig zu erkennen, weshalb es weiterer Ermittlungen dazu, insbesondere der Einvernahme der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen über den von ihm in der vorangegangenen Nacht getätigten Alkoholkonsum nicht bedurfte.

Mit dem Einwand, um 13.15 Uhr sollte "rekonstruiert werden, ob die um 8.30 Uhr wahrgenommene Alkoholisierung" - zu diesem Zeitpunkte wurde der Beschwerdeführer vom Meldungsleger erstmals als Auskunftsperson im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden befragt - "solange angehalten hat, daß ich um 11.00 Uhr entsprechend verkehrszuverlässig (gemeint wohl: nicht verkehrstüchtig) war, ein Fahrzeug zu lenken", eine solche Rekonstruktion sei aber wegen des verstrichenen Zeitraumes von 4 Stunden und 45 Minuten nicht möglich, weshalb die belangte Behörde begründen hätte müssen, "welche Umstände zum Zeitpunkte der Aufforderung zum Alkotest vorlagen, die das Straßenaufsichtsorgan vermuten ließ, daß im Zeitpunkte des Lenkens Alkoholisierung vorlag", verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage in zweifacher Hinsicht. Zum einen ist es für die im § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO festgelegte Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, nicht entscheidend, ob der Lenker tatsächlich durch Alkohol beeinträchtigt ist, sondern nur der Umstand, ob die Straßenaufsichtsorgane vermuten können, daß sich der Lenker bei der Beanstandung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juli 1964, Zl. 1709/63). Zum anderen ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu das Erkenntnis vom 15. November 1989, Zl. 89/03/0170) für die Lösung der Frage, ob die Aufforderung zur Atemluftprobe noch zulässig ist, vor allem der Zeitraum zwischen dem Lenken und dem Verlangen nach der Vornahme der Atemluftprobe maßgebend.

Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, es könne ihm nicht vorgeworfen werden, die "objektiv gebotene und mir subjektiv mögliche Sorgfalt" nicht aufgewendet zu haben, als er die Vornahme des Alkotests verweigerte. Es fehle das Kernelement der Fahrlässigkeitsschuld, das als subjektive Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens bezeichnet werde. Zur Beurteilung der subjektiven Sorgfaltswidrigkeit sei "das Potential an intellektuellen und körperlichen Fähigkeiten maßgebend, das dem Handelnden im Zeitpunkt der Tat konkret zur Verfügung" stehe. Da er zum Gendarmerieposten Lienz nur zitiert worden sei, um Aufklärung über einen fahrerflüchtigen Fahrzeuglenker zu schaffen, sei für ihn zweifellos nicht erkennbar gewesen, nun plötzlich zur Vornahme eines Alkotestes nur deswegen verpflichtet zu sein, weil er im Zuge der Vernehmung mitgeteilt habe, daß er um 11.00 Uhr ein Kraftfahrzeug gelenkt habe.

Mit diesem zum mangelnden Verschulden des Beschwerdeführers vorgetragenen Einwand vermag der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, weil dem Beschwerdeführer als geprüftem Kraftfahrzeuglenker die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung bekannt sein müssen und es für die nach § 5 Abs. 2 StVO gegebene Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, sich der Atemluftprobe zu unterziehen, rechtlich unerheblich ist, aus welchen Gründen ein Straßenaufsichtsorgan zu einer Amtshandlung im Sinne dieser Gesetzesstelle veranlaßt wurde. Allein maßgebend ist, ob das Straßenaufsichtsorgan im Zuge einer - aus welchen Gründen immer - vorgenommenen Amtshandlung mit Recht vermuten durfte, daß sich der Beanstandete im Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 1985, Zl. 85/03/0043). Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1978, Slg. Nr. 9710/A, auf das sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang bezieht, hat einen völlig anders gelagerten Sachverhalt zum Gegenstand, weshalb daraus für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen ist.

Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Alkotest Straßenaufsichtsorgan Alkotest Voraussetzung Alkotest Zeitpunkt Ort Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkoholisierungssymptome

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990030263.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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