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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §182 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Miroslav F in D, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. Juni 1991, Zl. I/3-S-6696-91, betreffend Staatsbürgerschaftsnachweis, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Staatsbürgerschaftsverbandes Langenlois vom 16. April 1991 keine Folge und bestätigte die Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Bestätigung in Angelegenheit der Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsnachweis) gemäß § 43 Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. 311/1985 (im folgenden kurz StbG 1985).
Die belangte Behörde vertrat dabei im wesentlichen die Auffassung, der (am 14. Mai 1956 geborene) Beschwerdeführer sei mit seinem Argument, er habe im Wege seiner Adoption durch den österreichischen Staatsbürger Gerhard F am 10. Mai 1983 (bewilligt mit Beschluß des BG Marchegg vom 29. Mai 1984, Nc 47/83-12; rechtskräftig seit 11. Dezember 1984) die österreichische Staatsbürgerschaft erworben, deshalb nicht im Recht, weil sich insbesondere aus der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1983 ergebe, daß die Annahme an Kindesstatt keinen Erwerbungsgrund für die österreichische Staatsbürgerschaft darstelle. § 182 Abs. 1 ABGB regle demgegenüber nur die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Wahleltern und Wahlkindern und habe die von Schäffer in ÖJZ 1967, 509 vertretene Meinung, eine Adoption bewirke den Erwerb der Staatsbürgerschaft in Lehre und Judikatur keine Gefolgschaft gefunden. Der Antrag auf Ausstellung eines Staatsbürgerschaftsnachweises sei daher von der ersten Instanz zu Recht abgewiesen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in seinem Recht auf Ausstellung eines Staatsbürgerschaftsnachweises verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 6 StbG 1985 lautet auszugsweise:
"Die Staatsbürgerschaft wird erworben durch
1.
Abstammung (Legitimation) (§§ 7, 7 a und 8);
2.
Verleihung (Erstreckung der Verleihung) (§§ 10-24); ... "
Gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. erwerben eheliche Kinder die Staatsbürgerschaft mit der Geburt, wenn
a)
in diesem Zeitpunkt ein Elternteil Staatsbürger ist oder
b)
ein Elternteil, der vorher verstorben ist, am Tag seines Ablebens Staatsbürger war.
Gemäß § 12 lit. d leg. cit. ist einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2-8 und Abs. 2 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er die Staatsbürgerschaft nach § 17 durch Erstreckung der Verleihung nur deshalb nicht erwerben kann, weil der hiefür maßgebende Elternteil (Wahlelternteil) bereits Staatsbürger ist.
§ 17 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. bestimmt, daß die Verleihung der Staatsbürgerschaft unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2-8 und Abs. 2 zu erstrecken ist auf die Wahlkinder des Fremden, sofern die Kinder minderjährig, ledig und nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremde sind.
§ 182 Abs. 1 ABGB lautet:
"Zwischen dem Annehmenden und dessen Nachkommen einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoptionsannahme minderjähriger Nachkommen andererseits entstehen mit diesem Zeitpunkt die gleichen Rechte, wie sie durch die eheliche Abstammung begründet werden."
Nach der Systematik des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 erwirbt man die österreichische Staatsbürgerschaft - abgesehen von den hier nicht interessierenden Fällen des § 6 Z. 3-5 leg. cit. - entweder durch Abstammung (Legitimation) iS. der §§ 7, 7 a und 8 leg. cit. oder durch Verleihung bzw. Erstreckung der Verleihung §§ 10-24 leg. cit.).
Während Abstammung und Legitimation in den §§ 6 Z. 1, 7 und 7 a StbG 1985 ausdrücklich als Erwerbstatbestände genannt sind, fehlt eine entsprechende Nennung der Annahme an Kindes statt.
Kern der Beschwerdeausführungen ist allein das auf § 182 Abs. 1 ABGB und Schäffer in ÖJZ 1967, 509 gestützte Argument, es liege in Gestalt einer Adoption ein zwar nicht ausdrücklich im Gesetz angeführter, aber der ehelichen Abstammung völlig gleichzuhaltender Erwerbstitel vor.
Dem kann nicht gefolgt werden, weil der Beschwerdeführer dabei grundlegend übersieht, daß das Staatsbürgerschaftsgesetz seit der durch Art. I Z. 11 der Novelle BGBl. 170/1983 geschaffenen Bestimmung des § 12 lit. d zur Frage der Bedeutung der Adoption keineswegs schweigt, sondern die Annahme eines Fremden als Wahlkind durch einen österreichischen Staatsbürger als Wahlelternteil ausdrücklich (bei Vorliegen gewisser weiterer Voraussetzungen) unter den besonderen Verleihungstatbeständen regelt. Aus dem Zusammenhang der gerade zitierten Gesetzesstelle mit § 17 Abs. 1 Z. 4 StbG 1985 und dem Fehlen der Adoption im Katalog der Erwerbsgründe des § 6 Z. 1 leg. cit. ergibt sich, daß zwar im Falle der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an einen Fremden, der ein (minderjähriges) Wahlkind hat, diese Verleihung (unter den weiteren in § 17 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. genannten Voraussetzungen) auf das Wahlkind zu erstrecken ist, daß aber die Adoption eines (minderjährigen) Fremden durch eine Person, die bereits österreichischer Staatsbürger ist, keinen Staatsbürgerschaftserwerb ex lege für das Wahlkind bewirkt. Dieser Fall einer Annahme an Kindesstatt stellt vielmehr nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers einen der begünstigten Verleihungstatbestände dar (vgl. 1272 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XV GP 13).
Daraus wird unmißverständlich klar, daß der Gesetzgeber, indem er die Adoption (unter bestimmten Voraussetzungen) als Fall eines begünstigten Verleihungstatbestandes regelte, zum Ausdruck brachte, daß sie keinesfalls dem Erwerbstatbestand der Abstammung (Legitimation) gemäß § 6 Z. 1 leg. cit. gleichzuhalten ist. In diesem Sinn haben auch die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 3. Februar 1976, Slg. N.F. 8979/A, zu § 10 Abs. 3 StbG 1965 (in der Fassung der Novelle BGBl. 394/1973) im Verhältnis zu § 6 Z. 1 leg. cit. angestellten Überlegungen nach wie vor Gültigkeit und kann auf diese gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden. Da im übrigen auch die einschlägige neuere Literatur der vom Beschwerdeführer zitierten Rechtsauffassung Schäffers in ÖJZ 1967, 509 mit überzeugenden Argumenten nicht gefolgt ist (vgl. insbesondere Thienel, Österreichische Staatsbürgerschaft II 156 ff sowie Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II8 260 mit weiteren Literaturnachweisen in FN 19), läßt bereits der Beschwerdeinhalt erkennen, daß die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991010127.X00Im RIS seit
16.10.1991