Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert sowie die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. NN in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 12. Oktober 1989, GZ 6/1-1119/86-01, betreffend Feststellung von Einkünften für die Jahre 1980 und 1981, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Facharzt für innere Medizin. Am 19. September 1980 kam es in der über der Ordination des Beschwerdeführers gelegenen Wohnung zu einem mehrere Stunden andauernden Wasseraustritt, wodurch in den Ordinationsräumen - die zum Zeitpunkt des Schadensfalles wegen Urlaubs geschlossen waren - größere Schäden, und zwar an Wänden, Fußböden, Einrichtungsgegenständen und den technischen Geräten, entstanden.
Der Beschwerdeführer erhielt im Zusammenhang mit diesem Schadensfall im Jahre 1980 von der Internationalen Unfall- und Schaden-Versicherungs AG (Interunfall-Versicherung) als Erneuerungskosten für Tapeten, Decken und Teppichböden eine Versicherungsleistung in Höhe von S 71.640,-- und im Jahre 1981 von der Bundesländer-Versicherungsanstalt eine Versicherungsleistung von insgesamt S 465.000,-- (S 178.067,-- für Betriebsunterbrechungsschaden, S 14.483,-- zusätzliche Malerei- und Tapezierungsschäden, S 56.000,-- Vergütung für beschädigte Ordinationseinrichtung und S 216.450,-- für Wertminderung bzw. Folgeschäden der Anlagegüter).
Bei einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß die angeführten Versicherungsentschädigungen bis dahin nicht als Betriebseinnahmen behandelt worden waren, daß aber auch die mit dem Schadensfall im Zusammenhang stehenden Aufwendungen in Höhe von S 151.109,20 nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht worden waren.
In der Berufung gegen die nach der Betriebsprüfung im Wege einer Wiederaufnahme des Verfahrens erlassenen Bescheide betreffend gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1980 und 1981 wurde beantragt, die Versicherungsleistungen mit Ausnahme der Leistung für die Betriebsunterbrechung als nicht der Einkommensteuer unterliegend zu behandeln. Für die Besteuerung dieser Betriebsunterbrechungsentschädigung wurde die Anwendung des halben Steuersatzes im Sinne des § 32 Z. 1 lit. a und des § 37 Abs. 2 Z. 4 EStG 1972 beantragt.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zur Behandlung der Versicherungsleistungen als Betriebseinnahmen wurde ausgeführt, die Schadenersatzleistung der Interunfall-Versicherung (S 71.640,--) sei nach dem von dem Architekten Dipl. Ing. R erstellten Gutachten vom 17. Oktober 1980 für die Erneuerung von Tapeten, Styropordecken, Nadelfilzbelägen, Teppichschlingen sowie für das Spachteln von Kleber und Betonestrich geleistet worden. Die Arbeiten seien im Labor 1 und 2, Sekretariat, Ordination und Behandlungsraum durchgeführt worden.
Zur Entschädigung für den Betriebsunterbrechungsschaden wurde von der belangten Behörde ausgeführt, der Tagesausfall sei vom Gutachter Dkfm. Dr. W mit netto S 4.946,30 beziffert worden, was bei einem Zeitraum von 36 Tagen den Gesamtbetrag von S 178.066,80 ergab. Der Schaden sei im Jahre 1980 aufgetreten und die Reparaturen seien in diesem Jahr durchgeführt worden. Da die im Zusammenhang mit dem Schaden stehenden Einkünfte nicht als das Ergebnis mehrjähriger Vorgänge anzusehen seien, die zusammengeballt in einem einzigen Jahr anfielen, könne von außerordentlichen Einkünften nicht gesprochen werden, sodaß der begehrte ermäßigte Steuersatz nicht gerechtfertigt sei.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Nichtbesteuerung von Einkünften, die weder unter die "betrieblichen" Einkünfte noch unter die sonstigen Einkunftsarten des EStG 1972 fallen, sowie in seinem Recht auf Anwendung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 2 Z. 4 in Verbindung mit § 32 Z. 1 EStG 1972 verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. VERSICHERUNGSLEISTUNGEN ALS BETRIEBSEINNAHMEN
Nach der - auch für die Auslegung des Betriebseinnahmenbegriffes heranzuziehenden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Oktober 1985, Zlen. 85/09/0132, 0133, und vom 6. April 1955, Zl. 1046/53, Slg. Nr 1135/F) - Begriffsbestimmung des § 15 Abs. 1 EStG 1972 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der der in Betracht kommenden Einkunftsart zufließen. Eine Betriebseinnahme liegt schon dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen im Rahmen seines Betriebes durch diesen veranlaßte geldwerte Vorteile zufließen, wobei auch ein bloß mittelbarer Zusammenhang genügt (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 29. September 1987, Zl. 87/14/0086, und vom 17. Jänner 1989, Zl. 88/14/0010, sowie die dort angeführte Vorjudikatur). So unterliegt ein Schadenersatz für Vermögenseinbußen dann der Einkommensteuer, wenn der Schaden im Zusammenhang mit der Erzielung konkreter Einnahmen im Sinne des Einkommensteuerrechts steht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1989, Zl. 89/14/0107, und vom 20. Februar 1991, Zl. 90/13/0210).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer nur mehr insoweit beschwert, als die ihm 1980 zugeflossene Versicherungsleistung der Internationalen Unfall- und Schaden-Versicherungs AG in Höhe von S 71.640,-- von der belangten Behörde als Betriebseinnahme angesehen wurde. Diese Leistung stellt nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde den Ersatz für den Schaden an Tapeten und Teppichböden der Ordinationsräumlichkeiten dar. Schon damit ist aber klargestellt, daß die Ausgestaltung von Wänden, Decken und Fußböden in sachlichem und ursächlichem Zusammenhang mit der Berufsausübung des Beschwerdeführers steht, sodaß die Versicherungsleistung als Betriebseinnahme zu qualifizieren ist.
Dem steht auch nicht entgegen, daß die aus der Versicherungsleistung abgedeckten Arbeiten an den Wänden etc, somit am Gebäude - das sich nicht im Betriebsvermögen des Beschwerdeführers befindet - erfolgten. Daß sich Wände und Decken nicht im Eigentum des Beschwerdeführers befinden, hat für die Frage der betrieblichen Veranlassung der Einnahmen - welcher Begriff den gleichen Inhalt wie bei den Betriebsausgaben hat (vgl. Littmann-Bitz-Meincke15, Rdz. 1596 §§ 4,5 EStG) - keinerlei Bedeutung. Auch stellten sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers etwa das Erneuern der Styropor-Decken und das Spachteln des Betonestrichs keineswegs als "typische Arbeiten am Gemäuer", sondern vielmehr als Vorarbeiten für das Anbringen von den die Ausstattung der Ordination betreffenden Tapeten und Teppichböden dar.
Keine Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, daß die gegenständliche Versicherungsleistung aus einem Vertrags-Versicherungsverhältnis mit dem Hauseigentümer und nicht mit dem Beschwerdeführer erbracht worden ist. Abgesehen davon, daß die Rechtsgrundlage für die Leistung offenkundig in dem aus betrieblichen Gründen vom Beschwerdeführer eingegangenen Bestandverhältnis gelegen ist, ist überhaupt nicht entscheidend, ob auf die Einnahme ein Rechtsanspruch besteht.
II. ERMÄSSIGTER STEUERSATZ FÜR ABGELTUNG DER
BETRIEBSUNTERBRECHUNG
In dem mit "Steuersätze bei außerordentlichen Einkünften" überschriebenen § 37 EStG 1972 ist für bestimmte außerordentliche Einkünfte ein ermäßigter Steuersatz vorgesehen. Zu diesen Einkünften zählen nach Abs. 2 Z. 4 dieser Gesetzesstelle auch Entschädigungen im Sinn des § 32 Z. 1 leg. cit. Nach lit. a der verwiesenen Gesetzesstelle gehören zu den Einkünften nach § 2 Abs. 3 EStG 1972 auch Entschädigungen, die gewährt werden als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen.
Zu dem Ergebnis, daß auf die gegenständlichen Einkünfte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes im Sinne des § 37 EStG 1972 ausgeschlossen ist, führen Sinn und Zweck der eine Progressionsmilderung bewirkenden Bestimmung: Die Anwendung dieser Tarifbegünstigung kommt nur dann zum Tragen, wenn es sich um die (regelmäßig progressionswirksame) Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungsjahr handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1979, Zlen. 2042, 2189/78, Slg. 5386/F). Ist also eine "Entschädigung" wie im Beschwerdefall nur der Ausgleich eines bloß ein Jahr betreffenden Schadens, ist die Anwendung des begünstigten Steuersatzes ausgeschlossen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Slg. Nr 5386/F). Der Verwaltungsgerichtshof findet keinen Anlaß, von dieser durch den erkennbaren Sinn des § 37 EStG 1972 vorgegebenen Rechtsprechung abzugehen.
III. VERLETZUNG VON VERFAHRENSVORSCHRIFTEN
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften wird vom Beschwerdeführer zunächst gerügt, daß die belangte Behörde ihn erst nach Ablauf der siebenjährigen Aufbewahrungsfrist der Geschäftsbücher zur Beantwortung bestimmter Fragen unter Setzung einer zwanzigtägigen Frist aufgefordert habe, anstatt entsprechende Erhebungen bei den beteiligten Versicherungsanstalten zu pflegen. Dieses Vorbringen geht schon deswegen ins Leere, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits durch die dem Betriebsprüfer zur Verfügung gestellten Beweismittel (Gutachten, Schriftverkehr mit den Versicherungsanstalten, Rechnungen etc) ausreichend geklärt war. Die Fristsetzung erfolgte im übrigen anläßlich einer mündlichen Vorsprache des ausgewiesenen steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers. Schon im Hinblick auf diese Umstände erscheint die Setzung einer Frist von zwanzig Tagen für ausreichend. Der Vertreter hat in der Folge die belangte Behörde ersucht, die Fragen an die Versicherungsanstalten zu richten; demzufolge ersuchte die belangte Behörde sodann die Versicherungsanstalten um entsprechende Auskünfte, sodaß von einer Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht keine Rede sein kann.
Ebensowenig ist das Vorbringen, die belangte Behörde hätte "von sich aus" bei der die Entschädigung für die Betriebsunterbrechung auszahlenden Bundesländer-Versicherung und allenfalls auch bei den Professionisten Erhebungen über die Dauer der Betriebsunterbrechung führen müssen, stichhältig: Die Dauer der abgegoltenen Einschränkung des Betriebes (Unbenützbarkeit eines Gefäßlabors) ergab sich zweifelsfrei aus dem dem Prüfer vorgelegten (für die genannte Versicherungsanstalt erstellten) Gutachten des Sachverständigen Dkfm. Dr. W vom 22. Jänner 1981.
Die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung, die Schadensbehebung habe bis Jänner 1981 gedauert, stellt ein im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof neues Vorbringen dar (vgl. § 41 VwGG). Selbst mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer aber, daß durch die streitgegenständliche Entschädigung allein eine Betriebseinschränkung durch 36 Tage hindurch, also ein nur während des Jahres 1980 erlittener Schaden abgegolten worden ist.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989130261.X00Im RIS seit
17.10.1991