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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art139 Abs1 / PräjudizialitätLeitsatz
Zurückweisung des Antrags eines Gerichtes auf Aufhebung von Teilender Satzung 2007 der Salzburger Gebietskrankenkasse betreffendKostenzuschüsse für Psychotherapie mangels Präjudizialität;Denkunmöglichkeit der Anwendung der Norm in der bekämpften Fassungangesichts der durch eine Übergangsbestimmung ausdrücklichangeordneten Anwendung der außer Kraft getretenen Satzung für frühereingetretene Versicherungsfälle; Zurückweisung trotz gleichlautendenInhalts der Regelungen infolge Bindung des VfGH an denAufhebungsantragSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1.1. Mit Antrag vom 17. Jänner 2008 beantragt dasrömisch eins. 1.1. Mit Antrag vom 17. Jänner 2008 beantragt das
Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht, Abs1 litb und Abs7 lita und b des Anhanges 6 der "Satzung 2007" der Salzburger Gebietskrankenkasse als gesetzwidrig aufzuheben. Diese Satzung wurde von der Generalversammlung der Salzburger Gebietskrankenkasse am 23. April 2007 beschlossen und von der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend mit Bescheid vom 8. Mai 2007, Z BMGFJ-96430/0022-I/B/10/2007, genehmigt sowie am 12. Juni 2007, 04.00 Uhr, verlautbart (Amtliche Verlautbarung im Internet avsv 82/2007; vgl. §455 Abs1 ASVG). Gemäß §50 Abs1 der Satzung ist diese nach Ablauf des fünften Kalendertages ab dem Zeitpunkt der Freigabe der Verlautbarung im Internet, somit mit 17. Juni 2007, in Kraft getreten.Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht, Abs1 litb und Abs7 lita und b des Anhanges 6 der "Satzung 2007" der Salzburger Gebietskrankenkasse als gesetzwidrig aufzuheben. Diese Satzung wurde von der Generalversammlung der Salzburger Gebietskrankenkasse am 23. April 2007 beschlossen und von der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend mit Bescheid vom 8. Mai 2007, Z BMGFJ-96430/0022-I/B/10/2007, genehmigt sowie am 12. Juni 2007, 04.00 Uhr, verlautbart (Amtliche Verlautbarung im Internet avsv 82/2007; vergleiche §455 Abs1 ASVG). Gemäß §50 Abs1 der Satzung ist diese nach Ablauf des fünften Kalendertages ab dem Zeitpunkt der Freigabe der Verlautbarung im Internet, somit mit 17. Juni 2007, in Kraft getreten.
1.2. Dem beim antragstellenden Gericht anhängigen Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist Versicherte des beklagten Krankenversicherungsträgers und hat sich - nach Darstellung des antragstellenden Gerichtes - im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 1. März 2007 in psychotherapeutischer Behandlung befunden. Die behandelnde Psychotherapeutin verfügte nicht über einen "besonderen Erfahrungsnachweis" in der Behandlung psychisch schwer kranker Patienten iSd der Abs1 und 7 des Anhanges 6 der Satzung der beklagten Partei. Daher hat die Klägerin von der beklagten Partei gemäß Anhang 6 Abs1 lita der Satzung der beklagten Partei einen Kostenzuschuss von EUR 21,80 je Therapiestunde und nicht jenen Kostenzuschuss erhalten, der bei Vorliegen eines "besonderen Erfahrungsnachweises" gemäß Anhang 6 Abs1 litb der Satzung der beklagten Partei in der Höhe von EUR 31,80 je Therapiestunde vorgesehen ist. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 10. Juli 2007 wurde der Antrag auf Nachzahlung von EUR 900,-- abgewiesen. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der beklagten Partei, der Salzburger Gebietskrankenkasse, die Bezahlung des Differenzbetrages von EUR 900,-- für in Anspruch genommene psychotherapeutische Behandlungen im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 1. März 2007 aus dem Titel des Kostenzuschusses.
1.3. Das antragstellende Gericht hegt gegen diese Differenzierung in der Satzung 2007 näher dargelegte Bedenken ob deren Gesetzmäßigkeit und führt zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen aus, dass die Klägerin von der beklagten Partei die Gewährung bzw. Zahlung des in der Satzung 2007 normierten erhöhten Kostenzuschusses begehre und die Satzung daher auf den vorliegenden Sachverhalt unmittelbar anzuwenden sei.
1.4. Die Salzburger Gebietskrankenkasse als beklagte Partei des Anlassverfahrens erstattete - durch ihren Obmann in Anwendung des §453 Abs2 ASVG iVm §6 der Satzung 2007 der Salzburger Gebietskrankenkasse und mit nachherigem Beschluss durch die Generalversammlung - schriftliche Äußerungen; darin tritt sie den dargelegten Bedenken entgegen und begehrt, den vorliegenden Verordnungsprüfungsantrag abzuweisen. 1.4. Die Salzburger Gebietskrankenkasse als beklagte Partei des Anlassverfahrens erstattete - durch ihren Obmann in Anwendung des §453 Abs2 ASVG in Verbindung mit §6 der Satzung 2007 der Salzburger Gebietskrankenkasse und mit nachherigem Beschluss durch die Generalversammlung - schriftliche Äußerungen; darin tritt sie den dargelegten Bedenken entgegen und begehrt, den vorliegenden Verordnungsprüfungsantrag abzuweisen.
Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend erstattete eine schriftliche Äußerung, in der sie sich der Äußerung der Salzburger Gebietskrankenkasse angeschlossen hat.
Auch die Klägerin im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht erstattete eine Äußerung, in der sie im Wesentlichen den Bedenken des Gerichtes beitritt.
2. §36 sowie die Abs1 und 7 des Anhanges 6 der von der Generalversammlung der Salzburger Gebietskrankenkasse am 23. April 2007 beschlossenen Satzung 2007, Amtliche Verlautbarung im Internet Nr. 82/2007 (www.avsv.at), in Kraft getreten mit 17. Juni 2007, lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen
§36. (1) Stehen Vertragspartner/Vertragspartnerinnen für
1. die der ärztlichen Hilfe gleichgestellten Leistungen (§135 Abs1 Z1 bis 4 ASVG),
2. die medizinische Hauskrankenpflege (§151 ASVG),
3. den Beistand durch diplomierte Kinderkranken- und Säuglingsschwestern aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft (§159 ASVG),
4. die Versorgung mit Heilbehelfen oder Hilfsmitteln
auf Rechnung der Kasse nicht zur Verfügung, weil Verträge nicht zustande gekommen sind, leistet die Kasse Kostenzuschüsse nach der Regelung im Anhang 6 zur Satzung.
...
Anhang 6Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen
(§36)
Kostenzuschuss
a) für eine Einzel- oder Paarsitzung*
zu mindestens 50 Minuten 21,80 €
b) für eine Einzel- oder Paarsitzung*
zu mindestens 50 Minuten durch einen
Psychotherapeuten/eine Psychotherapeutin
mit besonderem Erfahrungsnachweis gemäß Abs7 31,80 €
* Auf der Rechnung sind die bei jeder Sitzung teilnehmenden Personen mit Versicherungsnummer anzugeben. ...
a) in der Regel 6 Monate klinische Erfahrung in der Behandlung psychisch schwerkranker Patienten/Patientinnen vor allem in (Jugend-)psychiatrischen (oder Kinderneuropsychiatrischen oder psychosomatischen) Abteilungen von Krankenanstalten bzw. Sonderkrankenanstalten solcher Tätigkeitsbereiche oder 9 Monate in sonstigen Einrichtungen des Gesundheitswesens an der Schnittstelle zu stationären psychiatrischen Einrichtungen, in denen Psychotherapie regelmäßig in Zusammenarbeit mit Fachärzten/Fachärztinnen für Psychiatrie (bzw. Kinderneuropsychiatrie) im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes bzw. eines mit psychiatrischen Behandlungseinrichtungen vernetzten Behandlungskonzeptes erbracht wird, sowie
b) in der Regel 2.400 Stunden psychotherapeutische Krankenbehandlung in der niedergelassenen Praxis und/oder in einer Institution, deren Tätigkeitsschwerpunkt Psychotherapie als Krankenbehandlung ist.
Der Nachweis erfolgt: zu lita hinsichtlich Krankenanstalten durch Vorlage eines entsprechenden Dienstzeugnisses (hinsichtlich sonstiger Einrichtungen zusätzlich unter Vorlage von Berichten über die Tätigkeit derselben im Sinne der lita), wobei ein Drittel der klinischen Erfahrung, aber höchstens 2 Monate Vollzeitbeschäftigung in einer Krankenanstalt (bzw. 3 Monate in einer sonstigen Einrichtung), ersetzt werden können durch den Nachweis konkreter Behandlungsfälle mit einer effektiven (zumindest 6 Monate andauernden) Zusammenarbeit zwischen dem Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin und einem Psychiater/einer Psychiaterin (Kinderneuropsychiater/Kinderneuropsychiaterin) bzw. einer (Jugend-)psychiatrischen Abteilung einer Krankenanstalt in den zurückliegenden 4 Jahren (1 Monat Vollzeitbeschäftigung in einer Krankenanstalt bzw. 1,5 Monate in einer sonstigen Einrichtung entspricht 7 Kooperationsfällen und werden mit je 10 Punkten bewertet), und zu litb durch Bestätigungen von Trägern der sozialen Krankenversicherung über die Zahl der vom Psychotherapeuten/von der Psychotherapeutin in den zurückliegenden 7 Jahren insgesamt erbrachten Psychotherapiestunden als Krankenbehandlung, für die der Träger Leistungen (Honorare, Kostenerstattungen, Kostenzuschüsse) erbracht hat; hat der Psychotherapeut/die Psychotherapeutin auch in einer Institution gearbeitet, die die dort durchgeführten Psychotherapien nicht (patientenbezogen) mit der sozialen Krankenversicherung verrechnet hat, kann maximal ein Viertel des Stundenausmaßes durch ein entsprechendes Dienstzeugnis der Institution über tatsächlich dort erbrachte Therapiestunden nachgewiesen und angerechnet werden.
Die Zahl der Punkte für die klinische Erfahrung darf 30 Punkte nicht unterschreiten. Die Differenz auf die Regelpunktezahl von 60 Punkten führt zu einer Veränderung der nachzuweisenden Therapiestunden und zwar bei Unterschreitung zur Erhöhung der nachzuweisenden Therapiestunden um 30 Stunden je Punkt und bei Überschreitung zu einer Verminderung der nachzuweisenden Therapiestunden um 15 Stunden je Punkt. Bei Eintragung in die Liste der klinischen Psychologen/klinischen Psychologinnen vermindert sich die Zahl der nachzuweisenden Therapiestunden um 200 Stunden, bei Erfüllung der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger geprüften Voraussetzungen für Vertrags- und Wahlpsychologen/Vertrags- und Wahlpsychologinnen um 400 Stunden. Die Gesamtzahl der durch Bestätigung von Trägern der sozialen Krankenversicherung nachgewiesenen Therapiestunden darf aber keinesfalls 1.200 Stunden unterschreiten. Für die Nachweise werden auf Anforderung von der Kasse entsprechende Formulare bereitgestellt. Eine Liste der im Sinne [der] lita anerkannten Einrichtungen des Bundeslandes Salzburg liegt bei der Kasse auf."
§50 der Satzung 2007 der Salzburger Gebietskrankenkasse lautet auszugsweise:
"(1) Diese Satzung tritt gemäß §31 Abs9a ASVG nach Ablauf des fünften Kalendertages ab dem Zeitpunkt der Freigabe der Verlautbarung im Internet in Kraft. Gleichzeitig wird die bisher geltende Satzung
... aufgehoben.
...
II. Der Antrag ist nicht zulässig:römisch II. Der Antrag ist nicht zulässig:
1. Der Verfassungsgerichtshof ist zwar nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003). 1. Der Verfassungsgerichtshof ist zwar nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet vergleiche etwa VfSlg. 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
2. Dies ist hier aber der Fall.
2.1. Da die Leistungsansprüche der Klägerin nach dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtes im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 1. März 2007 entstanden sind, ist es ausgeschlossen (denkunmöglich), dass das Landesgericht Salzburg bei der Entscheidung über die bei ihm anhängige Klage die angefochtenen Bestimmungen der erst mit 17. Juni 2007 in Kraft getretenen Satzung 2007 der Salzburger Gebietskrankenkasse anzuwenden hat, ordnet doch die Übergangsbestimmung des §50 Abs3 der Satzung 2007 ausdrücklich für früher eingetretene Versicherungsfälle bzw. Leistungsansprüche die Anwendung der durch die Satzung 2007 aufgehobenen Satzung an.
2.2. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Differenzierung zwischen dem normalen und einem im Falle des Vorliegens eines besonderen Erfahrungsnachweises gebührenden erhöhten Kostenzuschuss bereits im Anhang 6 der mit dem In-Kraft-Treten der Satzung 2007 außer Kraft getretenen Satzung (Amtliche Verlautbarung Nr. 60/2004) in der Fassung ihrer ersten, mit 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Änderung (Amtliche Verlautbarung Nr. 59/2004) vorgesehen war und in der Satzung 2007 gleichlautend erlassen wurde. Dem Verfassungsgerichtshof ist es nämlich infolge seiner Bindung an einen Aufhebungsantrag verwehrt, eine Norm in einer Fassung aufzuheben, für welche die Aufhebung nicht beantragt ist (vgl. VfSlg. 14.634/1996). 2.2. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Differenzierung zwischen dem normalen und einem im Falle des Vorliegens eines besonderen Erfahrungsnachweises gebührenden erhöhten Kostenzuschuss bereits im Anhang 6 der mit dem In-Kraft-Treten der Satzung 2007 außer Kraft getretenen Satzung (Amtliche Verlautbarung Nr. 60/2004) in der Fassung ihrer ersten, mit 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Änderung (Amtliche Verlautbarung Nr. 59/2004) vorgesehen war und in der Satzung 2007 gleichlautend erlassen wurde. Dem Verfassungsgerichtshof ist es nämlich infolge seiner Bindung an einen Aufhebungsantrag verwehrt, eine Norm in einer Fassung aufzuheben, für welche die Aufhebung nicht beantragt ist vergleiche VfSlg. 14.634/1996).
3. Der Antrag war aus diesem Grund zurückzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Sozialversicherung, Satzung, Krankenversicherung, VfGH /Präjudizialität, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung,ÜbergangsbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:V307.2008Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010