Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Firma V & Co in W, vertreten durch Dr. M in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Juni 1990, Zl. GA 7-1063/90, betreffend Haftung gemäß § 14 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die beschwerdeführende offene Handelsgesellschaft gemäß § 14 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten des Peter S im Ausmaß von insgesamt S 236.763,-- herangezogen. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid wegen dessen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde.
Unter Bezugnahme auf diese Beschwerde stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 13. Februar 1991, Zl. A 24/91, an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 B-VG den Antrag, § 14 BAO als verfassungswidrig aufzuheben. Diese Aufhebung sprach der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. Juni 1991, G 3, 127 und 173/91, aus; sie tritt mit Ablauf des 31. Mai 1992 in Kraft, frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hat der Verfassungsgerichtshof, wie im vorliegenden Fall, ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben, so ist die Gesetzesstelle gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht, was mit dem genannten Erkenntnis vom 20. Juni 1991 aber nicht geschehen ist, auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit AUSNAHME DES ANLASSFALLES weiterhin anzuwenden. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist nach Art. 140 Abs. 7 dritter Satz B-VG das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit AUSNAHME DES ANLASSFALLES anzuwenden.
Da der Beschwerdefall neben anderen Anlaßfall für das in Rede stehende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes war, ist die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesstelle somit im vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden. Infolge dessen entbehrt der angefochtene Bescheid, mit dem die Beschwerdeführerin gemäß § 14 BAO zur Haftung herangezogen worden war, einer gesetzlichen Grundlage.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Entgegen der von der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 26. August 1991 vertretenen Auffassung bewirkte nicht schon das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1991, G 3, 127 und 173/91 eine Klaglosstellung.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Für Kosten vor dem Verfassungsgerichtshof ist kein Aufwandersatz durch den Verwaltungsgerichtshof vorgesehen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990130205.X00Im RIS seit
17.10.1991Zuletzt aktualisiert am
14.04.2017