TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/21 91/12/0193

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Veröffentlicht am 21.10.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §56;
BDG 1979 §109 Abs2;
BDG 1979 §109 Abs5;
HDG 1985 §15 Abs1 Z4;
HDG 1985 §2 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des NN in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 11. Dezember 1990, Zl. 20 582/573-2.7/90, betreffend Feststellung in Sachen schriftlicher Ermahnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Brigadier in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist Leiter der Wehrtechnischen Zentralabteilung im Bundesministerium für Landesverteidigung.

Auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 25. Juli 1990 auf bescheidmäßige Feststellung, daß der "Ltr GrpVersFü sowie der Ltr S IV" für die Erteilung einer schriftlichen Ermahnung gemäß § 2 Abs. 5 HDG unzuständig seien und die Ermahnungen vom 3. Juli 1990 (durch den Leiter der Sektion IV) und vom 6. Juli 1990 (durch den Leiter der Gruppe A Versorgungsführung) willkürlich und inhaltlich zu Unrecht ausgesprochen worden seien, stellte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid

1. "die Zuständigkeit des Leiters der Sektion IV und des Leiters der Gruppe A Versorgungsführung für die Erteilung von Ermahnungen gemäß § 2 Abs.5 des Heeresdisziplinargesetzes 1985 (HDG), BGBl. Nr. 294, fest" und

2. wies das Begehren des Beschwerdeführers betreffend den Inhalt der schriftlichen Ermahnungen vom 3. Juli 1990 und vom 6. Juli 1990 als unzulässig zurück.

Begründend wird zu 1. ausgeführt:

Gemäß § 2 Abs. 5 HDG seien Soldaten nicht disziplinär zur Verantwortung zu ziehen, wenn nach Ansicht des Vorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreiche. Im Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage des Heeresdisziplinargesetzes 1985 (665 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR XVI GP) werde zu § 2 Abs. 5 HDG festgestellt, daß die Befugnis zur Erteilung von Belehrungen und Ermahnungen allen Vorgesetzten im Sinne des § 2 Z. 5 der Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV), BGBl. Nr. 43/1979, eingeräumt sei. Gemäß § 2 Z. 5 ADV gelte als Vorgesetzter, wem auf Grund besonderer Anordnung (Gesetze, Verordnungen, Organisationsvorschriften, Dienstanweisungen und Befehle) das Recht der Befehlsgebung gegenüber jenen Soldaten zustehe, die auf Grund dieser Anordnung an seine Befehle gebunden seien. Der Beschwerdeführer unterstehe als Leiter der Wehrtechnischen Zentralabteilung nach der Geschäftseinteilung der Zentralstelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 6. April 1989 der Sektion IV dieses Ministeriums und innerhalb der Sektion der Gruppe A (Versorgungsführung). Der Leiter der Sektion IV und der Leiter der Gruppe A seien als Vorgesetzte des Leiters der Abteilung Wehrtechnische Zentralabteilung gemäß § 2 Z. 5 ADV dem Beschwerdeführer gegenüber zuständig für die Erteilung von Belehrungen und Ermahnungen gemäß § 2 Abs. 5 HDG.

Zu Punkt 2 des Bescheides wird im wesentlichen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides über die Rechtmäßigkeit einer Ermahnung verneint.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 10. Juni 1991 die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Als Beschwerdepunkt wird geltend gemacht, der Beschwerdeführer sei in seinem Recht, nur vom Bundesminister für Landesverteidigung und nur bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen (schuldhafte Dienstpflichtverletzung) und nur nach Durchführung eines rechtsstaatlichen Verfahrens gemäß §§ 2 Abs. 5 und 15 Abs. 1 Z. 4 HDG, dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen (ermahnt) zu werden, verletzt. Überdies habe die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde den Kostenersatz aufzulegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 des Heeresdisziplinargesetzes 1985 - HDG, BGBl. Nr. 294, sind Soldaten disziplinär zur Verantwortung zu ziehen, wegen

1. Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten,

2. gröblicher Verletzung der ihnen im Miliz- oder im Reservestand auferlegten Pflichten oder

3. einer im Miliz- oder im Reservestand begangenen Handlung oder Unterlassung, die es nicht zuläßt, sie ohne Nachteil für den Dienst und damit für das Ansehen des Bundesheeres in ihrem Dienstgrad zu belassen.

Gemäß Abs. 5 des genannten Gesetzes sind Soldaten nicht disziplinär zur Verantwortung zu ziehen, wenn nach Ansicht des Vorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht.

Der Beschwerdeführer unterliegt als Brigadier dem Anwendungsbereich des Heeresdisziplinargesetzes 1985 gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 HDG in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990.

Die hier angewendete Bestimmung des § 2 Abs. 5 HDG entspricht ihrem Inhalt nach der im Disziplinarverfahren nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 anzuwendenden Bestimmung des § 109 Abs. 2 dieses Gesetzes. Nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle ist von einer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde abzusehen, wenn nach Ansicht des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu dieser Gesetzesstelle ausgesprochen hat, ist eine Ermahnung im Sinne des § 109 Abs. 5 BDG 1979 nicht als Bescheid zu erlassen (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1987, Zl. 86/12/0147, und vom 6. September 1988, Zl. 88/12/0073).

Mit dem vorher genannten Erkenntnis vom 14. Dezember 1987 hat sich der Verwaltungsgerichtshof anknüpfend an seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden auch eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, ob über eine zu Recht oder zu Unrecht ausgesprochene Ermahnung dem Beamten ein Recht auf einen Feststellungsbescheid zusteht oder nicht, und hat diese Frage verneint.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde nun zunächst die Zuständigkeit für die Erteilung von Ermahnungen gemäß § 2 Abs. 5 HDG an den Beschwerdeführer festgestellt und sonach das Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers hinsichtlich den Inhalt der schriftlichen Ermahnungen vom 3. Juli 1990 und vom 6. Juli 1990 als unzulässig zurückgewiesen.

Soweit sich die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit gegen den Ausspruch im angefochtenen Bescheid über die Zuständigkeit zur Erteilung der Ermahnungen an den Beschwerdeführer wendet, verkennt sie, daß es sich bei der Ermahnung gemäß § 2 Abs. 5 HDG nicht um eine disziplinäre Maßnahme gegen den Soldaten handelt, wie sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut ergibt, wonach Soldaten im Falle der Ermahnung NICHT DISZIPLINÄR zur Verantwortung zu ziehen sind. Die organisatorischen Bestimmungen des zweiten Abschnittes des Heeresdisziplinargesetzes über Disziplinarbehörden, Disziplinarvorgesetzte und Wahrnehmung der disziplinären Befugnisse, durch deren Nichtbeachtung sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt erachtet, finden daher auf den vorliegenden Fall der bloßen Ermahnung keine Anwendung.

Geht man davon aus, so erweist sich die Erteilung der gegenständlichen Ermahnungen an den Beschwerdeführer durch seine Dienstvorgesetzten, was deren Zuständigkeit betrifft, als nicht mit der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, zumal die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 4 HDG, die die Einsetzung des Bundesministers für Landesverteidigung als Disziplinarvorgesetzten enthält, ausschließlich für das Disziplinarverfahren selbst von Bedeutung ist. Da die dem Beschwerdefall zugrundeliegende Ermahnung auf § 2 Abs. 5 HDG beruht, ist nach dem Gesagten der Dienstvorgesetzte aber nicht nur zuständig, sondern unter den gleichen Voraussetzungen, die § 109 Abs. 2 BDG 1979 vorsieht, zur Durchführung dieser Maßnahme berufen, die nach der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Bescheidform zu ergehen hat.

Nach der dargestellten Rechtslage ist aber auch die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Frage der Rechtmäßigkeit der erteilten Ermahnung unzulässig, wie sich aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt. Demgegenüber sind die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Ausführungen nicht überzeugend, wonach sich aus der Zuständigkeitsnorm des § 1 Abs. 1 Z. 9 DVV 1989 ein Recht auf Feststellung ergebe. Diesbezüglich genügt es, auf die eingehend begründete Vorjudikatur zu verweisen. Auch aus dem Fall des Erkenntnisses vom 19. Oktober 1990, Zl. 90/09/0098, ist im Gegenstand für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil es sich in diesem Fall um die Rechtmäßigkeit der Erledigung eines Disziplinarverfahrens handelte, woraus für die Frage der Rechtmäßigkeit der Ermahnung nichts Entscheidendes abzuleiten ist.

Da somit der Inhalt der Beschwerdeschrift im Zusammenhalt mit der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtswidrigkeiten dem angefochtenen Bescheid nicht anhaften, mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991120193.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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