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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §45 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des NN in W auf Wiederaufnahme des mit hg. Beschluß vom 29. Jänner 1991, Zl.AW 90/15/0012, abgeschlossenen Verfahrens über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die zur hg. Zl. 90/15/0124 protokollierte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem hg. Beschluß vom 29. Jänner 1991, Zl. AW 90/15/0012-8, wurde der in der Beschwerdeschrift vom 20. August 1990 (eingelangt am 28. August 1990) gestellte Antrag des Beschwerdeführers, der zur hg. Zl. 90/15/0124 protokollierten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, abgewiesen. Der Antrag war damit begründet worden, daß durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides (Hereinbringung einer "völlig gesetzwidrig" vorgeschriebenen Summe von S 49.040,--) der Unterhalt des Beschwerdeführers ernstlich gefährdet wäre; es stünden dem Antragsteller monatlich nur S 3.715,-- zur Verfügung und erreichten seine Einkünfte aus selbständiger wissenschaftlicher Tätigkeit jährlich nicht einmal S 10.000,--; Vermögen besitze er keines; öffentliche Interessen stünden seinem Antrag nicht entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in seinem abweislichen Beschluß vom 29. Jänner 1991 die Rechtsauffassung, daß sich aus den eigenen Angaben des Antragsstellers ergebe, daß seinem Antrag zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden, nämlich die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben. Zum Argument (21. Oktober 1991) des Antragstellers, die hereinzubringenden Abgaben seien "völlig gesetzwidrig" vorgeschrieben worden, verwies der Verwaltungsgerichtshof darauf, daß Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach der ständigen hg. Judikatur außer Betracht zu bleiben hätten (vgl. dazu die im Beschluß vom 29. Jänner 1991 zitierte Literaturstelle).
Mit Antrag vom 2. April 1991, eingelangt am 3. April 1991, begehrte der Beschwerdeführer neuerlich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die zur hg. Zl. 90/15/0124 protokollierte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde. Er begründete diesen Antrag wie folgt:
"Nach der stRsp des VwGH (siehe E 27.1.1983, 81/15/101 mit Vorjudikatur) liegt dann keine Gefahr eines Abgabenausfalles und damit keine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe vor, wenn die Abgabe bzw. Abgabenvorschreibung lediglich auf willkürliche Maßnahmen der Abgabenbehörde zurückzuführen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Abgabenbehörde völlig willkürlich einen Sachverhalt fingiert und unterstellt hat, nur um die Abgabe festzusetzen bzw. vorschreiben zu können. Eine solche willkürliche Sachverhaltsannahme liegt immer dann vor, wenn die Abgabenbehörde ihrer Entscheidung einen Sachverhalt zugrundegelegt hat,
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ohne eine nachvollziehbare und überprüfbare Begründung für die Richtigkeit dieses Sachverhaltes zu geben oder
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ohne den Nachweis der Richtigkeit dieses Sachverhaltes erbracht, also ohne entsprechende Beweismittel herangezogen zu haben oder
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ohne die vorhandenen Beweismittel gewürdigt und sich mit dem vorhandenen Beweismaterial auseinandergesetzt zu haben oder aber
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aufgrund einer gänzlich unschlüssigen Beweiswürdigung zu diesem Sachverhalt als Beweisergebnis gekommen ist.
Eine solche willkürliche Sachverhaltsannahme liegt nun in beiden Beschwerdefällen vor, weil die Abgabenbehörde die Abgabenfestsetzung jeweils auf einen Sachverhalt gestützt hat, ohne vorher die vorhandenen, gegen diesen Sachverhalt sprechenden Beweismittel gewürdigt und sich damit auseinandergesetzt zu haben, bzw. aufgrund gänzlich unschlüssiger Beweiswürdigung zu diesem Sachverhalt als Beweisergebnis gekommen ist. Im Beschwerdefall Zl. 91/15/0014, 0015, kommt noch hinzu, daß keine nachvollziehbare und damit überprüfbare Begründung für die Beweiswürdigung, die zur steuerbelastenden Sachverhaltsannahme der Abgabenbehörde geführt hat, gegeben worden ist. Der Sachverhalt, auf den sich die Abgabenvorschreibung und damit die Abgabe selbst stützt, wurde somit in beiden Beschwerdefällen willkürlich angenommen, sodaß die Abgaben auf willkürliche Maßnahmen, nämlich Sachverhaltsannahmen bzw. -unterstellungen, der Abgabenbehörde zurückzuführen sind und daher keine Gefahr eines Abgabenausfalls, d.h. keine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben besteht. Es möge daher die aufschiebende Wirkung antragsgemäß zuerkannt werden."
Darauf hin wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 11. April 1991, Zl. AW 91/15/0007-14, diesen Antrag wegen entschiedener Sache mit der Begründung zurück, auch Beschlüsse über Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seien der Rechtskraft fähig und habe der Beschwerdeführer gegenüber der Erlassung des Beschlusses vom 29. Jänner 1991 keine maßgebliche Änderung der Sach- und Rechtslage behauptet. Dieser Beschluß wurde dem Beschwerdeführer am 23. April 1991 zugestellt.
Mit dem jetzt vorliegenden Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des mit dem hg. Beschluß vom 29. Jänner 1991, Zl. AW 90/15/0012, abgeschlossenen Verfahrens betreffend den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die zur hg. Zl. 90/15/0124 protokollierte Beschwerde.
Er stützt sich dazu ausdrücklich auf die Wiederaufnahmsgründe des § 45 Abs. 1 "lit. a und d" VwGG und führt dazu u.a. wörtlich aus:
"Mit Beschlüssen vom 11. April 1991 wurde mein Antrag vom 2.4.1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, weil die geschilderte Sach- und Rechtslage keinesfall neu ist, vielmehr schon bei Erlassung der Beschlüsse vom 29.1. bzw. 11.3.1991 bekannt gewesen ist, jedoch kurzerhand nicht berücksichtigt worden ist, um die aufschiebende Wirkung versagen und mir auf diese Weise Schaden zufügen zu können. Damit sind aber die Wiederaufnahmegründe des § 45 Abs. 1 lit. a und d VwGG gegeben:
1.
Die Nichtberücksichtigung einer dem Gericht bekannten Sach- und Rechtslage, nur um das Begehren der Partei einfach abweisen und damit der Partei Schaden zufügen zu können, stellt das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt dar und muß daher zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen.
2.
Da mir trotz der dem VwGH bekannten Sachlage einer willkürlichen Sachverhaltsannahme durch die belangte Abgabenbehörde nicht das dieser Sachlage entgegenstehende Beweisergebnis zur Kenntnis- und Stellungnahme mitgeteilt worden ist, daß nämlich der VwGH trotz dieser Sachlage eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben kurzerhand als erwiesen annehmen will, um die aufschiebende Wirkung versagen zu können, wurde das Parteiengehör verletzt, sodaß ich im Verfahren nicht einwenden konnte, daß die Annahme einer Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben im Falle willkürlicher Sachverhaltsannahmen durch die Abgabenbehörde gesetzwidrig ist. Auch diese Verletzung des Parteiengehörs muß zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen.
Da ich von diesen Wiederaufnahmsgründen erst durch die mir am 23.4.1991 zugestellten Beschlüsse vom 11.4.1991 erfahren habe, ist der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag jedenfalls rechtzeitig eingebracht."
Der Antrag ist nicht berechtigt.
§ 45 VwGG lautet auszugsweise:
"(1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder ...
4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anderst gelautet hätte..."
Was den ersten der beiden geltend gemachten Wiederaufnahmsgründe betrifft, so behauptet der Antragsteller, daß eine strafbare Handlung darin gelegen gewesen sei, daß wegen der Nichtberücksichtigung einer dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Sach- und Rechtslage ihm gegenüber das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt begangen worden sei.
Diese Behauptung geht vollkommen ins Leere, weil nämlich der wegen entschiedener Sache zurückgewiesene Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 2. bzw. 3. April 1991 selbst gar keine gegenüber dem Ergehen des hg. Beschlusses vom 29. Jänner 1991 andere Sach- und Rechtslage aufgezeigt hat, die - wie es jetzt behauptet wird - dem Verwaltungsgerichtshof schon bei Erlassung des Beschlusses vom 29. Jänner 1991 bekannt gewesen und amtsmißbräuchlich nicht berücksichtigt worden wäre. Ganz im Gegenteil: auch der Antrag vom 2. bzw. 3. April 1991 behauptet (wie schon der in der Beschwerdeschrift enthaltene Antrag) im Kern nur, der angefochtene Bescheid sei "grob gesetzwidrig". Gerade mit diesem Argument hat sich aber der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Beschluß vom 29. Jänner 1991 eingehend und frei von jeglicher strafbarer Handlung auseinandergesetzt.
Der zweite gebrauchte Wiederaufnahmsgrund setzt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs voraus. Davon, daß dem Antragsteller trotz "einer dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Sachlage das dieser Sachlage entgegenstehende Beweisergebnis" nicht zur Kenntnis und Stellungnahme mitgeteilt worden wäre, kann angesichts der Aktenlage überhaupt keine Rede sein. Da - wie oben schon dargestellt - der Verwaltungsgerichtshof ausgehend vom eigenen Vorbringen des Antragstellers aus rein rechtlichen Erwägungen mit Beschluß vom 29. Jänner 1991 den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen hat, liegt auch die behauptete Verletzung des Parteiengehörs des Antragstellers nicht vor.
Der Antrag war daher abzuweisen. Im Hinblick darauf konnte auch die Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens wegen der fehlenden Unterschrift eines Rechtsanwaltes unterbleiben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991150079.X00Im RIS seit
21.10.1991