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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §314;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat, in der Beschwerdesache des NN in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Mai 1989, Zl. SV-917/1-1989, betreffend Einleitung des Überweisungsverfahrens, (mitbeteiligte Parteien:
1. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 2. Österreichische Chorherrenkongregation, Chorherrenstift St. Florian), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Antrag auf Kostenersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit einer am 21. März 1988 bei der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt eingelangten Eingabe gab der Beschwerdeführer bekannt, er sei Mitglied des Augustiner Chorherrenstiftes St. Florian gewesen. Am 15. März 1988 sei er ausgetreten. Er ersuche um "Beitragsnachzahlung zur Pensionsversicherung".
Am 11. April 1988 beantragte der Beschwerdeführer bei der Mitbeteiligten die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension.
Am 5. April 1989 erließ die Mitbeteiligte gegenüber dem Beschwerdeführer einen Bescheid, mit dem sie (dem Wortlaut des Spruches zufolge) den am 21. März 1988 eingelangten Antrag auf Durchführung eines Überweisungsverfahrens gemäß § 314 ASVG ablehnte. In der Begründung wird dargelegt, nach dem Ergebnis der durchgeführten Erhebungen sei der Beschwerdeführer nach wie vor Mitglied des Augustiner Chorherrenstiftes St. Florian und habe auch sein priesterliches Amt nicht zurückgelegt.
In seinem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte der Beschwerdeführer vor, er habe dem Abt des Augustiner Chorherrenstiftes St. Florian am 15. März 1988 schriftlich seinen Austrittswillen mitgeteilt. Ferner habe er am 8. April 1989 schriftlich erklärt, daß mit dem Austrittsschreiben automatisch auch seine Willenserklärung der Niederlegung des priesterlichen Amtes verbunden sei.
Diesem Einspruch gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. Mai 1989 nicht Folge. Sie führte in der Begründung im wesentlichen aus, die Leistung eines Überweisungsbetrages nach § 314 Abs. 1 ASVG setze ein den für Ordensangehörige und/oder Geistliche geltenden Gesetzen entsprechendes Ausscheiden aus dem geistlichen Stand bzw. aus dem Orden voraus. Diese Voraussetzungen seien beim Beschwerdeführer nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit seinem Beschluß vom 30. November 1989, Zl. B 868/89-10, ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Inhalt der Beschwerde erkennbar - in seinem Recht auf Einleitung des Überweisungsverfahrens gemäß § 314 ASVG verletzt.
Mit Bescheid vom 15. Februar 1990 schrieb die Mitbeteiligte der Superiorenkonferenz der Ordensgemeinschaften Österreichs gemäß § 314 ASVG den Beschwerdeführer betreffend einen Überweisungsbetrag von S 379.304,10 (427 Versicherungsmonate zu je S 888,30) vor. Sie führte aus, der Beschwerdeführer habe in der Zeit von September 1952 bis Juni 1989, somit 472 Monate, dem Orden der Augustinerchorherren angehört. "Abzüglich 15 Monate des Vorliegens einer Beitragszeit von April 1988 bis Juni 1989" verblieben 427 Versicherungsmonate.
Ab 1. Juli 1989 wird dem Beschwerdeführer ein Vorschuß auf die Berufsunfähigkeitspension gewährt.
Der Beschwerdeführer vertritt in seiner auftragsgemäß erstatteten Äußerung die Auffassung, seine Beschwerde sei durch den Bescheid vom 15. Februar 1990 nicht gegenstandslos geworden. Er habe sich mit der Mitbeteiligten dahin geeinigt, daß "auf Basis des Ausscheidensdatums 20. Juni 1989" seine Pension berechnet und eine Vorschußleistung erbracht werde. Diese Vereinbarung sei "mit Ausnahme des strittigen Zeitraumes (15. März 1988 bis 20. Juni 1989)" getroffen worden. Es sei vereinbart worden, daß für den Fall der positiven Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eine amtswegige Wiederaufnahme stattfinde, in deren Zuge dann der Stichtag für das Überweisungsverfahren auf 15. März 1988 zurückverlegt werde. Der Bescheid vom 15. Februar 1990 sei notwendig gewesen, damit die Superiorenkonferenz den Überweisungsbetrag einzahlen müsse und auf die zu erwartende Pension ein Vorschuß gewährt werden könne. Nach Vorliegen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes werde die Mitbeteiligte die Berufsunfähigkeitspension des Beschwerdeführers endgültig bescheiden. Seine Beschwerde sei somit durch den Bescheid vom 15. Februar 1990 nicht gegenstandslos geworden. Der angefochtene Bescheid gehöre nach wie vor dem Rechtsbestand an. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes komme nach wie vor Bedeutung im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einleitung des Überweisungsverfahrens (15. März 1988 oder 20. Juni 1989) zu. Dem Bescheid vom 15. Februar 1990 liege ein (von der Superiorenkonferenz anerkanntes) Ausscheiden aus dem Orden zum 20. Juni 1989 zugrunde. Der Beschwerdeführer sei in der Zeit zwischen dem 15. März 1988 und dem 20. Juni 1989 einer geringfügig (mit monatlich ca. S 2.500,--) bezahlten Beschäftigung nachgegangen. Die Zugrundelegung eines Ausscheidens zum 20. Juni 1989 habe im Hinblick auf das geringe Entgelt, das der Beschwerdeführer nach dem 15. März 1988 bezogen habe, einen negativen Einfluß auf die Pensionshöhe.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof eingetreten ist (vgl. z.B. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt auch dann vor, wenn auf andere Weise als durch formelle Klaglosstellung das rechtliche Interesse an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes weggefallen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1990, Zl. 89/08/0143). Dies trifft im Beschwerdefall zu. Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid hatte die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf "Einleitung des Überweisungsverfahrens" abgewiesen. Der nunmehr erlassene, der Superiorenkonferenz die Leistung eines Überweisungsbetrages für 427 Versicherungsmonate (von September 1952 bis März 1988) auftragende Bescheid bedeutet bereits den Abschluß des Überweisungsverfahrens; dem auf "Beitragsnachzahlung zur Pensionsversicherung" gerichteten Antrag des Beschwerdeführers wurde damit voll entsprochen. Der zuletzt erwähnte Bescheid bewirkte somit die materielle Derogation des angefochtenen Bescheides. Selbst ein Erfolg der Beschwerde - die formelle Beseitigung des angefochtenen Bescheides - könnte den Beschwerdeführer nicht besser stellen, da der angefochtene Bescheid prozessual überholt und somit ohne materielle Bedeutung ist. Einer meritorischen Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf "Einleitung des Überweisungsverfahrens" stünde nunmehr die Rechtskraft des Bescheides über den Überweisungsbetrag entgegen.
Der vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Frage, ob sein Ausscheiden aus dem Orden bzw. dem Priesteramt wirksam zum 15. März 1988 oder erst zum 20. Juni 1989 erfolgte, kommt beim vorliegenden Verfahrensgegenstand - "Einleitung des Überweisungsverfahrens" - keine Bedeutung zu. Seinen Rechtsstandpunkt, daß sein Ausscheiden aus dem Orden und dem Priesteramt wirksam bereits am 15. März 1988 erfolgte, hätte der Beschwerdeführer im Verfahren über die Festsetzung des Überweisungsbetrages, das mit dem Bescheid vom 15. Februar 1990 abgeschlossen wurde, (soweit er die Auffassung vertritt, daß der genannte Bescheid seinem Standpunkt nicht Rechnung trägt) durch Ausschöpfung des Rechtszuges gegen diesen Bescheid verfolgen können; die Erfolgsaussichten einer solchen Rechtsverfolgung sind im vorliegenden Zusammenhang nicht zu erörtern. Für den Beschwerdeführer wäre die Erreichung des im vorliegenden Beschwerdeverfahren angestrebten Verfahrenszieles - die Aufhebung des Bescheides, mit dem sein Antrag auf Einleitung des Überweisungsverfahrens abgewiesen wurde - ohne Nutzen.
Damit ist infolge Wegfalles des rechtlichen Interesses die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. z.B. die hg. Bescheide vom 30. Oktober 1984, Slg. 11568/A, vom 19. Juni 1990, Zl. 88/04/0068, und vom 23. April 1991, Zl. 87/07/0058).
Da im Beschwerdefall keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung § 58 VwGG anzuwenden (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 9. April 1980, Slg. 10092/A, und vom 22. Mai 1990, Zl. 89/08/0143); der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers war daher abzuweisen.
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Sozialversicherung Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990080115.X00Im RIS seit
22.10.1991