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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/14/0206Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Herta K in G, vertreten durch Dr. H in G, 1. um Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebung in der Beschwerdsache 91/14/0111 gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Stmk vom 4. April 1991, Zl. B 226-3/88, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1984, sowie Vorauszahlungen an Einkommen- und Gewerbesteuer für 1987 und Folgejahre, 2. um Wiederaufnahme des vorgenannten Beschwerdeverfahrens, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Den Anträgen wird nicht stattgegeben.
Begründung
Das Beschwerdeverfahren 91/14/0111 wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. August 1991, 91/14/0111-7, der Antragstellerin zugestellt am 24. September 1991, eingestellt, weil auch innerhalb der erstreckten Frist dem Mängelbehebungsauftrag vom 13. Juni 1991 nicht vollständig entsprochen worden war. Auf den Inhalt dieses Einstellungsbeschlusses wird hingewiesen.
Mit ihrem am 7. Oktober 1991 zur Post gegebenen Antrag begehrt die ehemalige Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch den oben genannten Rechtsanwalt, unter Vorlage einer ausreichenden Anzahl nun mängelfreier Beschwerdeausfertigungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Wiederaufnahme des Verfahrens mit folgender Begründung:
"Der Verwaltungsgerichtshof Zl. 91/14/0111-7 u. DNr. 2907/0840 hat mit 27.8.1991 den Beschluß gefaßt, daß das Verfahren eingestellt wird.
Es wurde auf der dort am 4. Juni 1991 in dreifacher Ausfertigung eingelangten Fotokopie der eingebrachten Beschwerde auf Seite 1 das Bescheiddatum (v. 4.4.1991, erhalten 24.4.1991) ausgebessert und trug keine Unterschrift der Beschwerdeführerin, sondern nur die Fotokopie der Unterschrift des Rechtsanwaltes.
Dies geschah in Unkenntnis der Sachlage weil man sich die Rechtsanwaltskosten ersparen wollte, da bei den jetzigen geringen Einkünften man von vornherein gezwungen ist strengste Sparmaßnahmen anzuwenden.
Die Erschwernis für diese Umstände wurde noch erhärtet weil Frau Herta K bereits einen Herzinfarkt und in Abständen erlittenen Herz- Kreislauferkrankungen erfuhr.
Diese Sachverhaltsdarstellung beweißt die Ursache der fehlerhaften Verfassung und Erstellung, wie Einreichung der eingebrachten Beschwerde.
Durch diese hier aufgezeigten Tatumstände ist die Summe der ausgefallenen Fehler und Mißverständnisse bei der Abfassung der Unterlagen für die eingebrachte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und der beigegebenen Unterlagen zuverstehen."
Unter welchen Voraussetzungen die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen ist, regelt § 45 Abs. 1 VwGG. Das Antragsvorbringen läßt die Verwirklichung keines der in dieser Gesetzesstelle angeführten Wiederaufnahmsgründe erkennen.
Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei gemäß § 46 Abs. 1 VwGG auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Erkrankung der Beschwerdeführerin war vom Verwaltungsgerichtshof im Mängelbehebungsverfahren schon durch die mit Beschluß vom 2. Juli 1991, 91/14/0111-4, bewilligte Erstreckung der Mängelbehebungsfrist antragsgemäß Rechnung getragen worden, weil die Beschwerdeführerin erst am 7. Juli 1991 nach einem Herzinfarkt von einer Erholung zurückgekommen war. Die Erkrankung stellte daher kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, das die Antragstellerin an der Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages hinderte. Sie behauptet dergleichen auch nicht, sondern spricht nur davon, daß das "Erschwernis" durch die Erkrankung "erhärtet" worden sei. Da die Antragstellerin innerhalb der erstreckten Frist Eingaben überreicht hatte, die aber dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprachen, insbesondere weil die Unterschrift des Rechtsanwaltes auf dem Mängelbehebungsschriftsatz fehlte und die Beschwerde nicht in der erforderlichen Anzahl wieder vorgelegt worden war, kommt als einzige Ursache für die Unterlassung der vollständigen Mängelbehebung im Sinne des Antragsvorbringens der Umstand in Betracht, daß sich die Beschwerdeführerin "die Rechtsanwaltskosten ersparen wollte, da bei den jetzigen geringen Einkünften man von vornherein gezwungen ist strengste Sparmaßnahmen anzuwenden".
Die Antragstellerin behauptet nicht, daß sie auf Grund ihrer Einkommens- und Vermögenslage außerstande gewesen wäre, die Kosten für die Führung des Verfahrens, insbesondere für die Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes oder die notwendige Rechtsbelehrung durch einen solchen, ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zu bestreiten (§ 63 ZPO). Ihr Sparsinn im Hinblick auf die "jetzigen geringen Einkünfte" stellt aber kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG dar. Der Umstand, daß sich die Antragstellerin Rechtsanwaltskosten sparen wollte, legt auch keinen minderen Grad des Versehens bei der mangelhaften Beschwerdeverbesserung dar.
Es konnte daher auf Grund der geschilderten Rechtslage beiden Anträgen nicht stattgegeben werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991140205.X00Im RIS seit
03.04.2001