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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1175;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1. des Dipl. Ing. Dr. Z, 2. des Dipl. Ing. Dr. NN, beide in I, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 13. November 1990, Zl. 30.676-3/90, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1984 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer, beide Universitätsprofessoren und Zivilingenieure für Bauwesen, sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. In den Streitjahren beantragte diese für die Einkünfte aus einer Reihe von Tätigkeiten die Gewährung des begünstigten Steuersatzes nach § 38 Abs. 4 EStG 1972. Diese Einkünfte stammten aus der Verwertung von selbst geschaffenen literarischen Urheberrechten, weil selbständige Gedanken in Schriftform der Öffentlichkeit übermittelt würden, eine Veröffentlichung der Forschungsergebnisse erfolgt sei, Fachaufsätze verfaßt und Vorträge abgehalten worden seien.
Das Finanzamt versagte - den Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung folgend - die beantragte Begünstigung, ausgenommen Einkünfte aus einer Veröffentlichung in einer Bauzeitschrift.
Im Berufungsverfahren wurde im wesentlichen vorgebracht, Auftraggeber der gegenständlichen Leistungen seien Landesregierungen, Bundesministerien sowie die österreichische Bundesbahn gewesen. Die Beschwerdeführer hätten jeweils ein Anbot erstellt, welches von der jeweiligen Behörde angenommen worden sei. Die auf Grund dieser Aufträge erstellten Gutachten beträfen Probleme von eminenter politischer Bedeutung. Die Erkenntnisse der Gutachten seien Grundlagen für eine tatsächliche Verbesserung der Umweltsituation. Die Themen dienten nicht der Erweiterung des Wissensstandes der Minister, Landeshauptleute, Sektionschefs und Hofräte, sondern den betroffenen Bürgern. Die Verbreitung der Werke erfolge in der Form von Aussagen der zuständigen Politiker und Beamten zu den angesprochenen Problemen. In Zeiten zunehmenden Bürgerinteresses an Umweltfragen seien wissenschaftliche Arbeiten die Voraussetzung der Entscheidungsfindung. Daher dienten die Gutachten nicht eigenen Zwecken der Auftraggeber. Das Entgelt sei daher für die Verbreitung in der Öffentlichkeit gezahlt worden. Vorgelegt wurden die von den Beschwerdeführern erstellten Anbote sowie die daraufhin erteilten schriftlichen Aufträge.
Mit der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung wurde dem Berufungsbegehren nur teilweise (hinsichtlich eines Vortragsprojektes) entsprochen. Die belangte Behörde traf anhand der vorgelegten Unterlagen Feststellungen über den Gegenstand und die Kosten der durchgeführten Projekte und führte sodann im wesentlichen aus:
Entscheidend sei, daß das Entgelt nach seinem wirtschaftlichen Gehalt in erster Linie jedenfalls die qualifizierten Untersuchungen, die die Beschwerdeführer durchgeführt hätten, sowie deren sachverständige Feststellungen abgelten wollte. So hätten die auftraggebenden Behörden und Institutionen Informationen über die durch Geschwindigkeitsbegrenzungen erzielbaren Schallpegelveränderungen, das unterschiedliche Geräuschverhalten von Beton-, Asphaltbeton- und Gußasphaltfahrbahndecken, die Schneelast, die bei der Schneeräumung auf die neben der Straße befindlichen Einrichtungen einwirke, den Immissionsschallpegel von planfreien Knotenpunkten, die optimale Plazierung von Schallschutzanlagen an Straßen, zu erwartende Schallpegelveränderungen sowie sonstige Umwelteinwirkungen bei einer Einführung des Nachtfahrverbotes, die Umweltverträglichkeit eines Straßenneubaues, die derzeitige Lärmbelastung auf einer Straße und die zusätzliche Lärmbelastung durch einen Kraftwerksbau, die Möglichkeit von Schallschutzanlagen an einer Straße und die Entwicklung des kombinierten Verkehres erhalten wollen. Der Hinweis auf die politische Bedeutung von Umweltfragen lege keineswegs den Schluß nahe, daß die Auftraggeber nicht primär am Erlangen von Informationen für die eigene Tätigkeit interessiert seien, sondern an einem öffentlichen Verbreiten der von den Beschwerdeführern erstellten Werkstücke. Die Beschwerdeführer hätten nicht vorgebracht, daß Werknutzungsrechte oder -bewilligungen eingeräumt worden wären. Die Werke dienten offensichtlich der Information des jeweiligen Auftraggebers und seiner Vertrauensleute (Bediensteten). Die Beschwerdeführer hätten zwar eingewendet, die Verbreitung sei dadurch erfolgt, daß Politiker und Beamte die Forschungsresultate in die Öffentlichkeit getragen hätten, dabei hätten sie aber nicht beachtet, daß zwar die schriftliche Formulierung und die Konzeption (Gedankenreihe und Vorstellungsabläufe) einer Arbeit urheberrechtlich geschützt sein könnten, nicht aber die wirtschaftlichen Ergebnisse einer Arbeit. Das öffentliche Bekanntmachen von Forschungsergebnissen stelle daher keine urheberrechtliche Verwertung dar. Bei jedem Auftrag seien die Entgelte primär für die Durchführung der Forschungsarbeiten geleistet worden. Forschungsaufträge - auch solche auf dem Gebiet der Technik und des Umweltschutzes - würden nicht in Auftrag gegeben, um ein Werk der Literatur zu erhalten, sondern um vom Beauftragten über den Gegenstand der Untersuchung wissenschaftlich fundierte Ergebnisse zu erlangen. Nach der Kostenaufstellung in den jeweiligen Anboten der Beschwerdeführer entfalle kein Entgeltteil auf die Abgeltung von urheberrechtlichen Verwertungen. Sollten aus der Veröffentlichung von Werken in Fachzeitschriften oder aus öffentlichen Vorträgen gesonderte Entgelte zufließen, so wären sie gesondert steuerlich zu beurteilen. Derartige Einkünfte seien aber nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Durch diese Berufungsentscheidung erachten sich die Beschwerdeführer in ihren Rechten insoferne verletzt, als die belangte Behörde ihrem Bescheid die unbewiesene Sachverhaltsbehauptung zugrundegelegt habe, daß die Auftragsentgelte in den Streitjahren den Beschwerdeführern in erster Linie für ihre qualifizierten Untersuchungen und Forschungsarbeiten sowie für ihre sachverständigen Feststellungen gezahlt worden seien, für den Nachweis dieser Sachverhaltsbehauptung nur untaugliche Beweismittel herangezogen und die Heranziehung tauglicher Beweismittel unterlassen sowie den Beschwerdeführern keine Beweisanleitung für eine den Vorstellungen der Behörde entsprechende Erfüllung ihrer Beweisführungspflicht gegeben habe. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der von den Beschwerdeführern nicht in Frage gestellten ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes liegen eigenständige bzw. abgrenzbare Einkünfte aus einer Verwertung von selbst geschaffenen Urheberrechten nur dann vor, wenn die Einkünfte nach dem zwischen dem Urheber und seinem Vertragsparter bestehenden Rechtsverhältnis (unmittelbar) als Entgelt für die Verwertung urheberrechtlich geschützter Leistungen anfallen. Dies trifft nicht zu, wenn der Urheber ein Entgelt erhält, das in erster Linie gar nicht dazu bestimmt ist, eine urheberrechtlich geschützte Leistung zu entlohnen. Unter "Verwertung" von Urheberrechten ist nur eine solche im Sinne des Urheberrechtsgesetzes zu verstehen. Die Begünstigung kann entweder zur Anwendung kommen, wenn der Urheber das Urheberrecht selbst im Sinne der §§ 14 bis 18 UrhG verwertet, oder dann, wenn die Verwertung durch einen anderen stattfindet, weil der Urheber diesem eine Verwertung im Sinne der §§ 14 bis 18 UrhG, wie im § 24 Abs. 1 UrhG ausdrücklich vorgesehen, gestattet oder einräumt (Werknutzungsbewilligung, Werknutzungsrecht, vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Oktober 1985, Slg. Nr. 6034/F, sowie aus jüngster Zeit die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1991, Zlen. 90/14/0004, 0005, und vom 11. April 1991, Zl. 90/13/0023).
Im Beschwerdefall ergibt sich nun aus den von den Beschwerdeführern vorgelegten Vertragsunterlagen, daß die mit ihren Auftraggebern vereinbarten Honorare dazu bestimmt waren, näher bezeichnete Personal-, Sach- und sonstige Kosten (wie Reisespesen) abzugelten. Ein Entgelt für Verwertungen im Sinne des UrhG wurde nicht vereinbart.
Die Beschwerdeführer haben nie behauptet, ihren Auftraggebern Werknutzungsbewilligungen oder Werknutzungsrechte eingeräumt zu haben. Auch die Vertragsunterlagen enthalten nichts dergleichen. Eine ausdrückliche diesbezügliche Vereinbarung wäre nur dann entbehrlich, wenn der Sachverhalt keinen Zweifel an einer Verwertung (Werknutzung) im Sinne der §§ 14 ff UrhG ließe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/14/0117).
Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren allerdings ausgeführt, es wäre offensichtlich, daß ihre Gutachten nicht für eigene Zwecke der Behörden, d.h. zur Erweiterung des Wissenstandes von Politikern und Beamten, sondern für die Verbreitung in der Öffentlichkeit erstellt worden seien; die Verbreitung sei in Form von Aussagen der zuständigen Politiker und Beamten zu den angesprochenen Problemen erfolgt.
Der Verwaltungsgerichtshof kann dieser Argumentation nicht beipflichten: Offensichtlich ist vielmehr, daß die erstellten Gutachten den Auftraggebern sehr wohl Informationen und Entscheidungshilfen in Fragen der Technik und des Umweltschutzes bieten sollten. Daß es sich nicht um private Auftraggeber (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/14/0117, und vom 29. Jänner 1991, Zl. 89/14/0088), sondern um solche, welche dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen sind, handelte, machte noch keinen Unterschied. Wenn Politiker und Beamte allenfalls gestützt auf die Forschungsergebnisse der Beschwerdeführer in der Öffentlichkeit bestimmte Standpunkte zu Bau- oder Verkehrsmaßnahmen vertreten haben sollten, wäre dies mit einer - von den Beschwerdeführern gebilligten - Verbreitung von Werkstücken im Sinne des § 16 UrhG nicht gleichzusetzen. Erstmals in der Beschwerde ist von Verbreitungsformen wie dem Auflegen zur öffentlichen Einsicht die Rede, auch dies aber nicht in Form einer Tatsachenbehauptung.
Selbst wenn man aber annehmen wollte, die Werke seien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden, weil die Gutachten der Beschwerdeführer einem "größeren" - d.h. nicht nur nach individuellen Gesichtspunkten bestimmten - Personenkreis zugänglich wurden, kann der Gerichtshof nicht finden, daß hiefür ein Entgeltanteil abzuspalten wäre. Das Entgelt für eine Werknutzung (Verbreitung) ginge mangels eigenen wirtschaftlichen Gewichtes im Honorar für die Lieferung einer Entscheidungshilfe bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf (vgl. auch das bereits zitierte Erkenntnis vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/14/0117).
Das Schwergewicht der Beschwerdeausführungen liegt auf der Verfahrensrüge:
Unzutreffend ist zunächst, daß die belangte Behörde ihrer Entscheidung einen bloß behaupteten statt erwiesenen Sachverhalt zugrundegelegt hätte. Vielmehr lagen ihr als Beweismittel die Vertragsunterlagen vor, aus denen sie ihre - zutreffenden - Schlüsse gezogen hat. Es kann auch keine Rede davon sein, daß diese von den Beschwerdeführern selbst vorgelegten Beweismittel für sich allein zur Beantwortung der strittigen Fragen völlig untauglich gewesen wären. Wenn die Beschwerdeführer meinen, daß auch eine Einsicht in die Gutachten zweckmäßig gewesen wäre, so wäre es ihnen frei gestanden, auch diese im Verwaltungsverfahren vorzulegen. Die jetzt vermißte Vernehmung von Organwaltern der Auftraggeber haben die Beschwerdeführer nicht beantragt, entgegen ihrer Darstellung auch nicht angeregt. Die belangte Behörde mußte von Amts wegen keine diesbezüglichen Ermittlungen durchführen, weil nicht zu erwarten war, daß sich aus Gutachten oder Vernehmungen über die vorgelegten Vertragsgrundlagen hinausgehende Aufschlüsse in den entscheidungswesentlichen Punkten ergeben würden. Solches wird auch in der Beschwerde nicht ausreichend konkret dargetan.
Die Beschwerdeführer behaupten, die belangte Behörde "gebe selbst zu", daß sich aus Anboten und Annahmeschreiben kein Hinweis für eine Entgeltszahlung als Abgeltung einer Verwertung im Sinne des UrhG ergeben habe. Dies bedeutet im Zusammenhang der Ausführungen der Behörde aber nicht, daß die genannten Unterlagen keine tauglichen Beweismittel wären, weshalb nach anderen Beweismitteln gesucht werden müßte, sondern daß mit Hilfe dieser Beweismittel ein für die Beschwerdeführer ungünstiger Beweis erbracht wurde.
Wer die Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 in Anspruch nehmen will, hat offenzulegen, daß Einkünfte ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach für die Verwertung von Urheberrechten zugeflossen sind (vgl. neuerlich die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/14/0117, und vom 29. Jänner 1991, Zl. 89/14/0088). Dem treten die Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht entgegen. Bereits aus Betriebsprüfungsbericht und Berufungsvorentscheidung konnten sie aber entnehmen, welchen Standpunkt die Abgabenverwaltung vertritt. In der Berufungsvorentscheidung wurden auch schon die vorgelegten Vertragsunterlagen - zu Ungunsten der Beschwerdeführer - gewürdigt. Damit konnten die Beschwerdeführer erkennen, daß ihre bisherige Beweisführung nicht erfolgreich war. Dennoch haben sie sich in der Folge zu einem weiteren Vorbringen oder Beweisantrag nicht veranlaßt gesehen. Zu einer Beweisanleitung war die belangte Behörde unter den gegebenen Umständen nicht verpflichtet.
Den Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991140023.X00Im RIS seit
22.10.1991