Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ApG 1907 §19 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. med. H in K, vertreten durch Mag. Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 3. Oktober 1985, Zl. Vd-San-5069/1, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Zurücknahme einer Konzession zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in S gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 des Apothekengesetzes (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. A in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 24. Oktober 1983 erteilte der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in S.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1983 verlieh der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz dem Beschwerdeführer die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in K. Die Wegstrecke zwischen dem Berufssitz des Beschwerdeführers und der Betriebsstätte der in der Folge errichteten neuen öffentlichen Apotheke in S beträgt ca. 1,5 km.
1.2. Mit Bescheid vom 7. März 1985 wies die Bezirkshauptmannschaft Schwaz einen Antrag des Beschwerdeführers vom 15. November 1984 auf Zurücknahme der der mitbeteiligten Partei erteilten Apothekenkonzession gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 7/1905 (im folgenden: ApG), in Verbindung mit § 8 AVG wegen mangelnder Parteistellung zurück. Dem Arzt komme Parteistellung im Verfahren betreffend die Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheke gemäß § 29 ApG zu, nicht aber im Verfahren nach § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG, wonach die Zurücknahme der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke erfolgen könne, wenn die Apotheke binnen einem Jahr nach Ausfolgung der Konzessionsurkunde nicht in Betrieb gesetzt werde.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
1.3. Mit Bescheid vom 3. Oktober 1985 gab der Landeshauptmann von Tirol dieser Berufung keine Folge, änderte den Spruch jedoch dahingehend ab, daß der Rücknahmeantrag des Beschwerdeführers wegen mangelnder Parteistellung nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen werde. Bei der Ermessensentscheidung nach § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG habe die Verwaltungsbehörde zu berücksichtigen, ob außergewöhnliche Schwierigkeiten der Apothekeneröffnung entgegenstünden. Dies sei hier der Fall gewesen. Sowohl nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 15. Dezember 1967, Slg. Nr. 5648) als auch nach jener des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse vom 26. Juni 1929, Zl. A 226/29, Slg. Nr. 15737/A, und vom 24. September 1982, Zl. 82/08/0139, 0140 = ZfVB 1983/4/1537) berühre die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke kein rechtliches Interesse des hausapothekenführenden Arztes, welches seine Parteistellung begründen würde. Sei aber der hausapothekenführende Arzt im Konzessionsverfahren nicht Partei, so sei er umso weniger Partei im Verfahren betreffend die Rücknahme einer öffentlichen Apothekenkonzession im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG. Die Behörde habe lediglich zu prüfen, ob der Konzessionsinhaber die rechtzeitige Eröffnung der neuen Apotheke verschuldet unterlassen habe und ob eine Lösung allfälliger entgegenstehender außergewöhnlicher Schwierigkeiten zu erwarten sei. Ein Interesse des hausapothekenführenden Arztes an der Weiterführung seiner Hausapotheke sei kein Entscheidungskriterium für die Konzessionsrücknahme öffentlicher Apotheken.
1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 6. Juni 1986, B 854/85, die Behandlung der Beschwerde ab. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß zur Entscheidung abgetreten.
1.5. In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Nach der Apothekengesetznovelle 1984, BGBl. Nr. 502, müsse dem hausapothekenführenden Arzt sowohl im Apothekenkonzessionsverfahren als auch im Zurücknahmeverfahren bei Zeitüberschreitung gemäß § 19 ApG Parteistellung zuerkannt werden, da er im Hinblick auf § 29 Abs. 5 ApG in der Fassung der Novelle 1984 im Verfahren betreffend die Zurücknahme seiner ärztlichen Hausapotheke keine diesbezügliche Einflußmöglichkeit mehr habe. Die bisherige Rechtsprechung zur mangelnden Parteistellung des hausapothekenführenden Arztes im Konzessionsverfahren betreffend eine neue öffentliche Apotheke sei "durch diese neue Rechtslage nicht mehr geeignet".
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
1.7. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, daß die Bezirkshauptmannschaft Schwaz dem Beschwerdeführer die Bewilligung zur Haltung seiner ärztlichen Hausapotheke in K ab 10. März 1986 gemäß § 29 Abs. 4 ApG nF entzog, weil der Betrieb der öffentlichen Apotheke der Mitbeteiligten tatsächlich am 3. Februar 1986 aufgenommen wurde. Mit Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zlen. 86/08/0101,
AW 86/08/0022 = ZfVB 1987/2/419, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Zum diesbezüglichen Hinweis in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei stellt der Verwaltungsgerichtshof fest, daß - nach dem Tod des ursprünglichen Beschwerdevertreters, Rechtsanwalt Dr. P, der den Beschwerdeschriftsatz vor dem Verfassungsgerichtshof eingebracht hatte - anläßlich der Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof Rechtsanwalt Mag. Dr. J zwar zunächst nur unter Hinweis auf seine Eigenschaft als mittlerweiliger Stellvertreter eingeschritten ist, über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof jedoch seine Bevollmächtigung nachgewiesen hat.
2.2. § 19 Abs. 1 Z. 1 und 2 ApG blieb durch die Apothekengesetznovelle 1984 unverändert und lautet:
"(1) Die Zurücknahme der Konzession zum Betriebe einer öffentlichen Apotheke kann erfolgen:
1. wenn die Apotheke binnen einem Jahre nach Ausfolgung der Konzessionsurkunde nicht in Betrieb gesetzt wird;
2. wenn der Betrieb der Apotheke durch mehr als sechs Monate unterbrochen wird."
§ 19 Abs. 2 ApG, der durch die Novelle 1984 eine Veränderung erfahren hat, enthielt und enthält Zurücknahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Konzession nicht bloß zurückgenommen werden kann, sondern zu entziehen ist.
2.3. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist eine nach Inkrafttreten der Novelle 1984 (1. Jänner 1985) ergangene bescheidmäßige Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers vom 15. November 1984 auf Zurücknahme der Apothekenkonzession der mitbeteiligten Partei nach § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG.
2.3.1. Mangels einer Übergangsregelung hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst geprüft, ob - im Hinblick auf den noch im Jahr 1984 gestellten Antrag des Beschwerdeführers und die darin behauptete Konkretisierung des Zurücknahmetatbestandes bereits im Jahr 1984 - auf dem Boden der Rechtslage vor dem am 1. Jänner 1985 erfolgten Inkrafttreten der Apothekengesetznovelle 1984 eine Antragslegitimation und Parteistellung des Beschwerdeführers gegeben waren. Dies ist zu verneinen. Zunächst fehlt eine ausdrückliche Einräumung eines Antragsrechtes des hausapothekenführenden Arztes auf Zurücknahme der Konzession der neuen öffentlichen Apotheke bei Verzögerung ihrer Betriebseröffnung. Ungeachtet dessen könnte der Verwaltungsvorschrift implizit zu entnehmen sein, daß dennoch neben der amtswegigen Verfahrensinitiative auch eine solche des betroffenen hausapothekenführenden Arztes besteht. Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn ihm Parteistellung im Zurücknahmeverfahren betreffend die öffentliche Apothekenkonzession eingeräumt wäre, denn es ist anzunehmen, daß den Personen mit Parteistellung grundsätzlich auch ein Antragsrecht zukommt (vgl. z.B. WALTER-MAYER, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts 4, RZ 265). Der Beschwerdeführer vertritt diese Auffassung, die belangte Behörde verneint sie mit dem Hinweis auf die (seinerzeitige) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach dem hausapothekenführenden Arzt Parteistellung im Konzessionsverfahren betreffend die neue öffentliche Apotheke nicht zukommt (vgl. zusammenfassend das hg. Erkenntnis vom 24. September 1982, Zl. 82/08/0139, 0140 = ZfVB 1983/4/1537). Dieser Hinweis ist, was die Rechtslage vor dem 1. Jänner 1985 anlangt, zutreffend. Folgerichtig ist auch der daraus abgeleitete Schluß, daß schon aus diesem Grunde eine Parteistellung des Arztes im Zurücknahmeverfahren betreffend die öffentliche Apothekenkonzession nach § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG nicht angenommen werden darf.
2.3.2. Aber auch auf dem Boden der Rechtslage ab dem 1. Jänner 1985 - was voraussetzen würde, daß der Antrag als konvalidiert zu betrachten und nach der Rechts- und Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung des Zurücknahmebescheides zu beurteilen wäre (vgl. in dieser Richtung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 1910, Budw.
Nr. 7378/A) - gelangt der Verwaltungsgerichtshof zur Verneinung der Antragslegitimation (sodaß die eben angedeutete Rechtsfrage hier nicht entschieden zu werden braucht).
Auch für die Rechtslage nach dem 1. Jänner 1985 gilt, daß ein Antragsrecht des hausapothekenführenden Arztes auf Zurücknahme der öffentlichen Apothekenkonzession nach § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Es ist allerdings zu fragen, ob aus der vom Verwaltungsgerichtshof nunmehr für die Rechtslage nach dem 1. Jänner 1985 bejahten Parteistellung des hausapothekenführenden Arztes im Apothekenkonzessionsverfahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, Zl. 87/08/0259 = ZfVB 1990/4/1604) abgeleitet werden kann, daß dem Arzt auch im Apothekenrücknahmeverfahren nach § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG wegen Verzögerung der Betriebseröffnung Parteistellung und Antragsrecht zukämen. Die Frage ist zu verneinen, denn Inhalt und Zweck der beiden Rechtsinstitute sind durchaus verschiedene. Mit der Konzession zur Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke wird unter anderem der Bedarf nach einer öffentlichen Apotheke, also nach einer vom Gesetz gegenüber der ärztlichen Hausapotheke als vorrangig gewerteten Arzneimittelabgabestelle, festgestellt; dieser Vorrang kommt in der gesetzlichen Regelung des § 29 Abs. 4 und 5 ApG zum Ausdruck, derzufolge die Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke bei Betriebsaufnahme der öffentlichen Apotheke zurückzunehmen ist. An der Feststellung dieses Bedarfes soll der Arzt als Partei des Apothekenkonzessionsverfahrens mitwirken können. Das Rechtsinstitut der Zurücknahme der öffentlichen Apothekenkonzession wegen Verzögerung von deren Betriebsaufnahme (§ 19 Abs. 1 Z. 1 ApG) hingegen dient ersichtlich einem anderen Zweck. In diesem Verfahren steht die Bedarfsfrage nicht mehr zur Diskussion. Es soll vielmehr ein gewisser Druck auf den Konzessionär ausgeübt werden, die im öffentlichen Interesse als notwendig erkannte öffentliche Apotheke auch tatsächlich einzurichten und nicht einen Apothekenstandort sozusagen zu blockieren. Das Gesetz sieht die Ermächtigung zur Konzessionsrücknahme nach § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG vor, weil ein öffentliches ordnungspolitisches Interesse daran besteht, daß die an dem betreffenden Standort in einem Verfahren, an dem der Arzt mitwirken durfte, als erforderlich erkannte höherwertige Heilmittelabgabestelle zügig errichtet wird. Die Einräumung von Ermessen soll eine gewisse Elastizität der Handhabung gewährleisten. Während der Zeit der Verzögerung steht dem Arzt die Führung seiner Hausapotheke ungeschmälert zu. § 19 Abs. 1 Z. 1 ApG dient somit dem Schutze öffentlicher Interessen, nicht aber dem Interesse der Halter von ärztlichen Hausapotheken; den letztgenannten kommt daher eine Parteistellung in einem solchen Verfahren nicht zu. Die Einleitung dieses ausschließlich im öffentlichen Interesse durchzuführenden Verfahrens erfolgt dementsprechend von amtswegen, ein Antragsrecht ist dem hausapothekenführenden Arzt nicht eingeräumt.
2.3.3. Bemerkt sei abschließend noch, daß dem Beschwerdeführer die im Apothekenkonzessionsverfahren auszuübenden Parteienrechte noch nicht zustanden, weil der mitbeteiligten Partei die Konzession bereits vor Inkrafttreten der Novelle 1984 rechtskräftig eingeräumt worden war (vgl. zur Rechtslage bei der Hausapothekenzurücknahme das den Beschwerdeführer betreffende, bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/08/0101).
2.3.4. Dadurch, daß die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Zurücknahme der Apothekenkonzession der mitbeteiligten Partei anders als die Behörde erster Instanz nicht zurückgewiesen, sondern mangels eines entsprechenden Anspruches abgewiesen hat, wurden Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.
2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1986080159.X00Im RIS seit
11.07.2001