TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/29 91/11/0054

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Veröffentlicht am 29.10.1991
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §64 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §74 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 18. März 1991, Zl. Ib-277-10/91, betreffend Befristung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 18. März 1991 wurde gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die dem Beschwerdeführer erteilte Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, C, E, F und G "bis zum 1. April 1992 befristet".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unbestritten ist, daß gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren gemäß § 75 Abs. 1 KFG 1967 eingeleitet wurde, weil die Bezirkshauptmannschaft Bregenz auf Grund eines bestimmten Vorfalles vom 28. Dezember 1989 Bedenken hinsichtlich seiner geistigen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen hatte, diesbezüglich das amtsärztliche Gutachten vom 2. April 1990 erstattet wurde, auf Grund eines weiteren Vorfalles vom 1. Juli 1990 mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 11. September 1990 gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 dem Beschwerdeführer die ihm erteilte Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit bis einschließlich 31. Dezember 1990 entzogen wurde, der Führerschein dem Beschwerdeführer am 2. Jänner 1991 wieder ausgefolgt wurde und im Hinblick auf das Gutachten vom 2. April 1990 mit dem (durch den angefochtenen Bescheid bestätigten) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 10. Jänner 1991 die gegenständliche Befristung ausgesprochen wurde.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht, "daß das Verfahren der Bezirkshauptmannschaft Bregenz zur Entziehung der Lenkerberechtigung, welches auf Grund des Vorfalles vom 28.12.1989 in Hard eingeleitet wurde, im Jahre 1990 keinen bescheidmäßigen Abschluß erfahren hat, sondern daß vor Abschluß dieses Verfahrens auf Grund des Vorfalles vom 1. Juli 1990 die Lenkerberechtigung gemäß § 74 (und nicht gemäß § 73) KFG 1967 vorübergehend entzogen werden mußte", und "anläßlich des Antrages des Berufungswerbers auf Wiederausfolgung des Führerscheines von der Behörde gemäß § 74 Abs. 2 offensichtlich ein neuerliches Ermittlungsverfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 73 eingeleitet wurde, wobei das Verfahrensergebnis des früheren Verfahrens, insbesondere das Gutachten des Amtsarztes vom 2.4.1990 als Entscheidungsgrundlage, verwendet wurde". Damit hat aber die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich schon wiederholt ausgesprochen, daß § 75 Abs. 1 KFG 1967 nur ein einheitliches Ermittlungsverfahren bei Entziehung der Lenkerberechtigung, das sämtliche Erteilungsvoraussetzungen umfaßt, kennt und es nicht je nach Erteilungsvoraussetzung mehrere getrennte Verfahren mit möglicherweise unterschiedlichem Verfahrensausgang gibt (vgl. u. a. die Erkenntnisse vom 3. Juli 1990, Zl. 89/11/0224, und vom 2. Juli 1991, Zl. 90/11/0235). In der angeführten Judikatur heißt es zwar weiters, daß bei Ergreifung einer Maßnahme im Sinne des § 73 Abs. 1 KFG 1967 alle bis zur Bescheiderlassung verwirklichten Umstände zu berücksichtigen sind und die wiederholte Ergreifung von Maßnahmen im Sinne des § 73 Abs. 1 KFG 1967 jeweils nach dem Abschluß des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich einzelner Erteilungsvoraussetzungen dem Gesetz fremd ist. Das bedeutet aber nicht, daß diese Grundsätze nur bei Ergreifung von Maßnahmen im Sinne des § 73 Abs. 1 KFG 1967 Anwendung finden; dies gilt vielmehr im Hinblick auf die getroffene, darin enthaltene Grundaussage über die Einheitlichkeit eines derartigen Verfahrens (samt abschließender Entscheidung) hinsichtlich aller Maßnahmen, die nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 75 Abs. 1 KFG 1967 in Betracht kommen, also auch hinsichtlich solcher nach § 74 Abs. 1 leg. cit. Auch die bescheidmäßige Anordnung einer Maßnahme nach § 74 Abs. 1 KFG 1967 - die im Unterschied zu einer Entziehung nach § 73 Abs. 1 leg. cit., bei der die Erteilung einer neuen Lenkerberechtigung beantragt werden muß, bewirkt, daß die entzogene Lenkerberechtigung nach Ablauf der ausgesprochenen Entziehungsdauer ipso iure wieder auflebt und demnach die (alte) Lenkerberechtigung ab dem bestimmten Zeitpunkt wieder aufrecht ist (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Oktober 1987, Zl. 87/11/0100, mit weiteren Judikaturhinweisen) - beendet ein solches (einheitliches) Verfahren. Es kommt in einer solchen Entscheidung zum Ausdruck, daß die Behörde auf Grund der im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides bestehenden Sach- und Rechtslage von der Annahme ausgeht, daß nach Ablauf der gemäß § 73 Abs. 2 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 letzter Satz KFG 1967 festgesetzten Zeit nicht nur die Eignungsvoraussetzung, wegen deren Fehlens die Entziehungsmaßnahme getroffen wurde, sondern sämtliche Eignungsvoraussetzungen gemäß § 64 Abs. 2 KFG 1967 wieder gegeben sind, ansonsten stattdessen eine Entziehung nach § 73 Abs. 1 leg. cit. oder zusätzlich für die Zeit ab Wiederaufleben der Lenkerberechtigung eine andere der in dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Maßnahmen, wie eine Befristung der Lenkerberechtigung, zu verfügen gewesen wäre. Dem von der belangten Behörde schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides, aber besonders in der Gegenschrift hervorgehobenen Umstand, daß die Entziehung der Lenkerberechtigung auf § 74 Abs. 1 KFG 1967, deren Befristung jedoch auf § 73 Abs. 1 leg. cit. gestützt wurde, und "eben nach zwei verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen entschieden werden mußte", kommt daher im gegebenen Zusammenhang keine rechtliche Relevanz zu. Es wurde - entgegen der Ansicht der belangten Behörde, die diese allerdings in der Gegenschrift nicht mehr aufrecht erhalten hat - auch kein neuerliches Ermittlungsverfahren zur Entziehung gemäß § 73 im Sinne des § 74 Abs. 2 KFG 1967 eingeleitet, sondern vielmehr das ursprüngliche, jedoch bereits mit Bescheid vom 11. September 1990 - und nicht erst, wie der Beschwerdeführer meint, mit der Wiederausfolgung seines Führerscheines am 2. Jänner 1991 - abgeschlossene Verfahren fortgesetzt, zumal auf diese Weise lediglich die schon vorher bestehenden Bedenken der Behörde gegen die geistige Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen wieder aufgegriffen worden sind; der Führerschein wurde auch gemäß § 74 Abs. 2 KFG 1967 wieder ausgefolgt, was dann nicht hätte geschehen dürfen, wenn ein solches neuerliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wäre. Der Beschwerdeführer hat im Ergebnis richtig erkannt, daß seine Lenkerberechtigung nicht nachträglich hätte befristet werden dürfen.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991110054.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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