Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/07/0096Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1.) des W in D, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 4.3.1991, Zl. IIIa1-11.926/1 (Zl. 91/07/0093), und 2.) des S in D, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27.2.1991, Zl. IIIa1-11.927/2 (Zl. 91/07/0096), betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden inhaltsgleichen Beschwerden wegen ihres inneren Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.
Jeweils mit 21. Februar 1990 erließ die Bezirkshauptmannschaft Lienz (BH) Straferkenntnisse gegen die beiden Beschwerdeführer, weil sie die landwirtschaftliche Düngung bestimmter Äcker "mit Klärschlamm nicht mit der für jedermann gebotenen Sorgfalt zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung, die dem Reinhalteziel des § 30 WRG zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist", vorgenommen hätten, indem sie "den Klärschlamm nicht rechtzeitig vor Eintritt der Frostperiode aufbrachte(n) und unterpflügte(n), sodaß infolge starker Regenfälle am 19. Dezember 1989 der noch auf den Äckern liegende Klärschlamm in das Gewässer des sogenannten T-Bachls (Zufluß zum D-Bach) geschwemmt wurde und dadurch eine Gewässerverunreinigung eingetreten ist". Die beiden Beschwerdeführer hätten dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 WRG 1959 begangen, wofür über jeden von ihnen eine Geldstrafe in der Höhe von S 8.000,--, im Nichteinbringungsfalle 8 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wurde. Diesen Straferkenntnissen lagen eine Gendarmerieanzeige, das Gutachten eines Amtssachverständigen für Umweltschutz sowie die Angaben der Beschwerdeführer in ihrer Beschuldigtenvernehmung zugrunde. Insbesondere führte die BH begründend aus, die Auswertung der gezogenen Wasserproben aus den Zuflüssen auf Grund der Einschwemmung des Klärschlammes habe eine äußerst massive Beeinträchtigung der Gewässergüte gezeigt. Die festgestellten chemischen Werte (BSB5, CSB, Nitrat und Ammonium) hätten die Grenzwerte der Güteklasse I um ein Vielfaches überstiegen, sodaß durch den eingebrachten Klärschlamm die Zuflüsse nur mehr Güteklasse IV statt I aufgewiesen hätten. Laut Gutachten hätten die eingebrachten Nährstoffe zu einer Überdüngung des Gewässers mit nachfolgender Sauerstoffzehrung und der Veränderung bzw. dem Verschwinden von verschiedenen Tier- und Pflanzenarten im Gewässer geführt. Damit könne die ursprüngliche Artenzusammensetzung verändert werden, und die normalerweise ablaufenden Auf- und Abbauprozesse könnten nicht mehr oder nur mehr beschränkt erfolgen. Zur subjektiven Tatseite führte die BH nach Darstellung der Rechtslage insbesondere aus, es sei nicht unüblich, daß Landwirte zur Düngung ihrer Äcker auch Klärschlamm aufbrächten; gelangten die darin enthaltenen Nährstoffe jedoch in Gewässer, so führe dies zu den oben beschriebenen Folgen. Im Beschwerdefall sei die Klärschlammaufbringung zu einem sehr späten Zeitpunkt (10. bis 15. November 1989, also nach Einsetzen der Frostperiode) erfolgt, sodaß ein Unterpflügen des Klärschlammes kaum mehr möglich gewesen sei. Den Beschwerdeführern als Landwirten hätte geläufig sein müssen, daß es im November und Dezember zu ungewöhnlichen Naturereignissen kommen könne, weshalb auch die starken Regenfälle um den 19. Dezember 1989, die den nicht unterpflügten Klärschlamm in den T-Bach bzw. in den D-Bach geschwemmt hätten, nicht unvorhersehbar gewesen seien.
Über die dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufungen entschied die belangte Behörde mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 27. Februar 1991 und vom 4. März 1991 gleichlautend dahin, daß den Berufungen teilweise Folge gegeben wurde. So wurden die Strafen auf S 5.000,-- bzw. auf S 6.000,-- (im Nichteinbringungsfalle 5 bzw. 6 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt und nunmehr ausgesprochen, die Beschwerdeführer hätten durch ihr Verhalten Verwaltungsübertretungen "nach § 137 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 WRG 1959 (alt), nunmehr nach der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 § 137 Abs. 3 lit. d i.V.m. § 31 Abs. 1" begangen.
Begründend wies die belangte Behörde darauf hin, schon die BH habe zutreffend ausgeführt, daß unter den klimatischen Bedingungen von Lienz (südalpines Beckenklima mit ausgeprägten Kaltluftseen in den Wintermonaten) eine Kältewelle im Monat November, die zur Dauerfrostbildung am Boden führe, nach der allgemeinen Lebenserfahrung weder unwahrscheinlich noch selten sei. Damit hätten die Beschwerdeführer ebenso rechnen müssen wie mit dem Auftreten von Regenfällen im Winter im Gefolge von Warmwettereinbrüchen. Darüber hinaus sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch zu berücksichtigen, daß die Schneeschmelze auf gefrorenem Untergrund eintreten könne und daher Schmelzwässer oberflächlich abrinnen würden. Gerade wenn, wie die Beschwerdeführer vorgebracht hätten, die D-Felder über ein großes Wassereinzugsgebiet verfügten, hätten sie im Falle von Niederschlägen bei gefrorenem Boden mit erheblichem Wasserandrang rechnen müssen, in dessen Gefolge ein nicht eingebrachter Klärschlammdünger abgeschwemmt würde. Es sei den Beschwerdeführern daher fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Dabei sei ferner davon auszugehen, daß die Beschwerdeführer selbst eine Aufbringungshöhe des Klärschlammes von ca. 4-5 cm zugegeben hätten, und daß der Auslauf aus einem Klärwerk eine völlig andere Zusammensetzung aufweise als die im Klärschlamm enthaltenen Wassermengen. Hinsichtlich des Eintrages in das Gewässer - hier des betroffenen Entwässerungsgrabens, und auch auf diesen beziehe sich die Reinhalteverpflichtung nach dem Wasserrechtsgesetz - sei auf das Gutachten zu verweisen, in welchem eine massive Gewässerbeeinträchtigung festgestellt worden sei.
Mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1990 sei eine umfangreiche Novelle des WRG 1959 in Kraft getreten, die hinsichtlich der durchzuführenden Strafverfahren keine Übergangsbestimmungen enthalten habe. Eine konventions- und verfassungskonforme Interpretation verpflichte die Wasserrechtsbehörde, das WRG 1959 jeweils zugunsten des Beschuldigten auszulegen. Insbesondere sei es der Berufungsbehörde verwehrt, ihrer Entscheidung die nunmehr geltenden verschärften Strafsätze zugrunde zu legen. Die Taten fielen nunmehr unter § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 idF der Novelle BGBl. Nr. 252/1990, die belangte Behörde habe aber den für die Beschwerdeführer niedrigeren Strafrahmen nach der bisherigen Rechtslage anzuwenden.
Der Eintritt einer Gewässerverunreinigung sei unbestritten, wobei auch Verschmutzungen im Gewässerunterlauf das Tatbild der unerlaubten Einleitung verwirklichten. Bei der Strafbemessung sei u.a. zu berücksichtigen gewesen, daß es sich nach dem Gutachten um ein äußerst hochwertiges Fischaufzuchtsgebiet (Rückzugsgebiet für den Huchen) handle, und daß "große nachteilige Folgen" eingetreten seien. Dennoch sei auf Grund der vorliegenden Strafzumessungsgründe und auf Grund der persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer mit einer Herabsetzung der Strafen vorzugehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher deren Behandlung jedoch mit Beschlüssen vom 17. Juni 1991, B 430/91 und B 436/91, abgelehnt und die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In ihren an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerden machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachten sich in ihrem Recht verletzt, keiner Verwaltungsübertretung nach dem WRG 1959 schuldig erkannt und nicht nach diesem Gesetz bestraft zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten der beiden Verwaltungsverfahren vorgelegt und zwei Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 137 Abs. 1 des WRG 1959 in seiner im Tatzeitpunkt und im Zeitpunkt der Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide in Geltung gestandenen Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 waren Beschädigungen von Wasseranlagen sowie von gewässerkundlichen Einrichtungen (§ 57), ferner Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz oder die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen, schließlich die Nichteinhaltung der in Bescheiden der Wasserrechtsbehörden getroffenen Anordnungen unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen Ahndung von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis S 20.000,-- zu bestrafen.
Diese Bestimmung wurde durch die am 1. Juli 1990 in Kraft getretene Novelle BGBl. Nr. 252/1990 - ohne Übergangsregelungen - neu gefaßt und enthält nun einen umfangreichen Katalog der nach dem WRG 1959 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen. So begeht nunmehr u.a. gemäß Abs. 3 lit. d dieses Paragraphen eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs. 1 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt. Gemäß § 137 Abs. 7 WRG 1959 idF gemäß der genannten Novelle ist (nunmehr) eine Übertretung nach Abs. 1 bis 5 nicht zu bestrafen, wenn sie den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt.
Diese Neuregelung machen die Beschwerdeführer zum Gegenstand ihres Vorbringens zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Unter Hinweis auf § 181 StGB (fahrlässige Beeinträchtigung der Umwelt) machen sie geltend, die Verwaltungsstrafbehörden hätten im Beschwerdefall nicht einschreiten dürfen, weil gegen die Beschwerdeführer aus demselben Anlaß gerichtliche Strafverfahren anhängig seien.
Nun trifft es zwar zu, daß die Rechtslage für den einer Verwaltungsübertretung nach dem WRG 1959 Beschuldigten durch die Novelle BGBl. Nr. 252/1990 insofern günstiger ist als zuvor, als nunmehr eine verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung nicht mehr "unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen Ahndung" zu erfolgen hat, vielmehr durch § 137 Abs. 7 WRG 1959 nunmehr eine "Doppelbestrafung" ausgeschlossen wird. Diese Bestimmung ist indes auf die beiden Beschwerdefälle noch nicht anwendbar.
Gemäß § 1 Abs. 1 VStG kann als Verwaltungsübertretung eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Die Strafe richtet sich gemäß § 1 Abs. 2 VStG nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.
Die Berufungsbehörde hat demnach im Verwaltungsstrafverfahren ihrer Entscheidung die im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gegebene Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen und davon ausgehend das Straferkenntnis auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Eine nach Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses eingetretene Änderung ist für die Beurteilung durch die Berufungsbehörde rechtlich ohne Bedeutung (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1989, Zl. 89/04/0078, vom 9. September 1987, Zl. 85/01/0321, vom 19. Juni 1986, Zl. 85/04/0204, vom 26. Mai 1987, Zl. 86/17/0098, und die dort jeweils angeführte Vorjudikatur).
In den beiden Beschwerdefällen liegen nicht nur die Tatzeitpunkte, sondern auch die Erlassung der beiden erstinstanzlichen Straferkenntnisse zeitlich noch vor dem Inkrafttreten der WRG-Novelle BGBl. Nr. 252/1990; die durch diese herbeigeführte Änderung der Rechtslage ist daher erst im Zuge des Berufungsverfahrens eingetreten und folglich für die vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren unbeachtlich.
Daraus folgt, daß § 137 Abs. 7 WRG 1959 den Beschwerdeführern noch nicht zugute kommen konnte, womit der Behauptung der Unzuständigkeit der belangten Behörde der Boden entzogen ist. Auch ein Zuwarten der Verwaltungsstrafbehörde bis zum Abschluß eines parallel laufenden gerichtlichen Strafverfahrens erweist sich aus diesem Grunde als entbehrlich.
Daraus folgt ferner, daß als verletzte Vorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG in den Beschwerdefällen ausschließlich diejenige anzusehen ist, welche vor der Rechtsänderung in Kraft war (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0319). Die zusätzlichen Hinweise auf § 137 Abs. 3 lit. d WRG 1959 idF gemäß der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 im Spruch der beiden angefochtenen Bescheide sind daher rechtlich ohne Bedeutung; die Verurteilung der beiden Beschwerdeführer konnte sich ausschließlich auf die alte Rechtslage stützen und ist daher gemäß § 137 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 WRG 1959 (alt) erfolgt, wobei auch für die Strafbemessung diese Fassung des § 137 Abs. 1 heranzuziehen war. Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch nicht die Meinung der Beschwerdeführer, durch die Heranziehung der Strafdrohung in § 137 in Verbindung mit der durch das konkrete Verhalten verletzten Norm (§ 31 Abs. 1) sei dem Erfordernis einer ausreichenden Spezifizierung des strafbaren Verhaltens nicht Rechnung getragen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, daß sich die Tatbilder des § 31 Abs. 1 und des § 32 Abs. 1 WRG 1959 keinesfalls decken (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1990, Zl. 89/07/0168, und vom 16. Februar 1978, Zl. 429/77, und die dort jeweils angeführte Vorjudikatur). Da den Beschwerdeführern ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 nicht vorgeworfen wurde, geht ihre gesamte Argumentation, mit welcher dargetan werden soll, daß ihre Vorgangsweise als übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung nicht gegen § 32 Abs. 1 verstoßen habe, ins Leere. Dies trifft naturgemäß auch für alle jene Ausführungen der Beschwerdeführer zu, mit welchen sie auf die teilweise Neufassung des § 32 WRG 1959 durch die Novelle BGBl. Nr. 252/1990 Bezug nehmen.
Die beiden Beschwerden sind jedoch dessenungeachtet begründet.
Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 - diese Bestimmung wurde durch die WRG-Novelle BGBl. Nr. 252/1990 nicht abgeändert - hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
Eine Übertretung nach § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 137 Abs. 1 WRG 1959 ist kein Ungehorsamsdelikt (§ 5 Abs. 1 VStG), weil das Tatbild den Eintritt einer Schädigung im Sinne des § 30 Abs. 1 WRG 1959 ("Verunreinigung") erfordert, somit zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung "der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr" gehört (siehe dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1989, Zl. 87/07/0086, und die dort angeführte Vorjudikatur). Es lag daher an der Behörde, ausgehend vom objektiven Feststehen des Eintritts einer (massiven) Gewässerverunreinigung das Verschulden der beiden Beschwerdeführer nachzuweisen.
Dieses Verschulden haben die in den beiden Beschwerdefällen eingeschrittenen Wasserrechtsbehörden darin erblickt, daß die Beschwerdeführer den Klärschlamm "nicht rechtzeitig vor Eintritt der Frostperiode" aufgebracht und unterpflügt hätten, obwohl sie im Tatzeitpunkt das Auftreten von Novemberfrösten und von späteren starken Regenfällen voraussehen hätten können. Trotz der damit notwendigerweise verbundenen entscheidenden Bedeutung des Tatzeitpunktes entbehrt jedoch der von der belangten Behörde insoweit bestätigte Spruch der erstinstanzlichen Straferkenntnisse der Feststellung der Zeit der Tat. Schon darin ist ein Verstoß gegen § 44a Z. 1 VStG enthalten, welcher die angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Nach dieser Gesetzesstelle hat der Spruch "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten, die in der Regel durch die Angabe von Tatort und (kalendermäßig eindeutig umschriebene) Tatzeit zu präzisieren ist (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf S. 946 ff angeführte Rechtsprechung).
Die Beschwerdeführer machen abgesehen davon mit Recht geltend, daß es im Verwaltungsverfahren trotz der letztlich entscheidenden Bedeutung der zeitlichen Umstände unterblieben ist, die Feststellung, die Beschwerdeführer hätten schon nach dem natürlichen Lauf der Dinge und auf Grund ihrer Sachkunde als Landwirte erkennen müssen, daß es zu nachfolgenden Frösten und diesen folgenden Regenfällen und zu einer Abschwemmung des auf ihre Felder aufgebrachten Klärschlammes kommen würde, durch Aufnahme geeigneter Beweise zu untermauern. Die Beschwerdeführer haben dies im erstinstanzlichen Verfahren und in ihren Berufungen bestritten, doch hat sich die belangte Behörde (trotz fast einjähriger Dauer der bei ihr anhängigen Berufungsverfahren) nicht dazu veranlaßt gesehen, diese Frage - deren Beantwortung keinesfalls von vornherein als "offenkundig" keines weiteren Beweises bedurfte - einschlägigen Sachverständigen vorzulegen und den Beschwerdeführern Gelegenheit zur Stellungnahme zu den dazu eingelangten Ermittlungsergebnissen zu geben. Die belangte Behörde ist jede Begründung dafür schuldig geblieben, aus welchen Gründen sie eine Beweisaufnahme über die betreffenden wetterkundlichen und landwirtschaftlichen Fachfragen für entbehrlich erachtete. Hingegen haben die Beschwerdeführer mit guten Gründen darauf hingewiesen, daß eine Düngung mit Klärschlamm - auch wenn dieser nicht eingepflügt wird - keine außerordentliche oder gar verbotene landwirtschaftliche Maßnahme darstelle und daß dafür der Zeitraum zwischen Ernte und neuem Vegetationsbeginn grundsätzlich geeignet erscheine.
Die belangte Behörde hat daher auch den Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig und damit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Nach dem Gesagten waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aber schon wegen der Unvollständigkeit der Bescheidsprüche als inhaltlich rechtswidrig aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991070093.X00Im RIS seit
12.11.2001