TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/29 91/11/0004

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Veröffentlicht am 29.10.1991
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §101 Abs7;
KFG 1967 §104 Abs9 idF 1988/375;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der M G m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 22. November 1990, Zl. IIb2-V-8571/2-90, betreffend Vorschreibung von Wiegegebühren nach dem Kraftfahrgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Am 16. November 1989 wurde ein für die beschwerdeführende Partei zugelassenes Sattelkraftfahrzeug von Beamten des Landesgendarmeriekommandos Tirol wegen Überschreitung des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes beanstandet. Die auf der öffentlichen Brückenwaage der Stadt Lienz durchgeführte Abwaage erbrachte ein Gesamtgewicht von 40.740 kg.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 101 Abs. 7 KFG 1967 der Ersatz der Kosten der Abwaage in der Höhe von S 616,10 vorgeschrieben.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 101 Abs. 7 erster und zweiter Satz KFG 1967 hat der Lenker eines Kraftfahrzeuges auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht unter näher genannten Voraussetzungen bei einer Waage prüfen zu lassen, ob das höchste zulässige Gesamtgewicht oder die höchsten zulässigen Achslasten des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges oder eines mit diesem gezogenen Anhängers überschritten wurden. Wurde eine Überschreitung festgestellt, so hat der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges die Kosten des Wägens zu ersetzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit Verfügung vom 23. Mai 1991 den Umstand vorgehalten, daß nach seiner Rechtsprechung die Überschreitung des gemeinsamen Gesamtgewichtes eines Sattelkraftfahrzeuges bis zum Inkrafttreten der 13. KFG-Novelle mit 28. Juli 1990 nicht unter Strafsanktion stand. Der am 16. November 1989 durchgeführte Wiegevorgang sei der Aktenlage nach zu dem Zweck erfolgt, das Gesamtgewicht des für die beschwerdeführende Partei zugelassenen Sattelkraftfahrzeuges festzustellen. Es könne nun die Auffassung vertreten werden, daß die Kosten eines Wiegevorganges, dessen Ergebnis nicht in einem Verwaltungsstrafverfahren verwertet werden kann, dem Zulassungsbesitzer nicht auferlegt werden dürfen. Es könne ferner die Auffassung vertreten werden, daß eine damals strafbare Überschreitung eines zulässigen Höchstgewichtes im Verwaltungsverfahren nicht festgestellt wurde.

Die beschwerdeführende Partei hat sich diesen Auffassungen des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen. Die belangte Behörde hat in ihrer Stellungnahme vom 13. Juni 1991 ausgeführt, daß nach § 101 Abs. 7 KFG 1967 nicht gefordert werde, daß die Überschreitung des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes oder der höchsten zulässigen Achslasten des Kraftfahrzeuges oder des Anhängers "als Übertretung in einem Verwaltungsstrafverfahren gewertet und der Berufungswerber wegen einer solchen Übertretung rechtskräftig bestraft werden muß".

Diese vorläufige Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist insofern unzutreffend, als in § 104 Abs. 9 KFG 1967 in der Fassung vor der 13. Novelle angeordnet wurde, daß das Verwenden von Sattelkraftfahrzeugen nur mit Bewilligung des zuständigen Landeshauptmannes zulässig ist, wenn die für die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte festgesetzten Höchstgrenzen überschritten werden. Die Feststellung des tatsächlichen Gesamtgewichtes eines Sattelkraftfahrzeuges kann daher geeignet sein, in einem Verwaltungsstrafverfahren nach der genannten Bestimmung des KFG 1967 verwendet zu werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Mai 1990, Zl. 89/02/0160).

Für die Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Kostenvorschreibung kommt es daher darauf an, ob bei der in Rede stehenden Abwaage vom 16. November 1989, die ausschließlich dem Zweck gedient hat, das Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges zu ermitteln, festgestellt wurde, daß dieses Gesamtgewicht 38.000 kg überschritten hat.

Nach dem - insofern unbestrittenen - Gutachten des technischen Amtssachverständigen der belangten Behörde vom 9. April 1990 wurden bei der Abwaage vom 16. November 1989 zwei Wiegevorgänge durchgeführt. Zunächst wurde das Gesamtgewicht des Sattelzugfahrzeuges (zwei Achsen) mit 16.630 kg und sodann die Achslastsumme (der drei Achsen) des Sattelanhängers mit

24.110 kg ermittelt. Die beschwerdeführende Partei bestreitet, daß das Gesamtgewicht des Sattelkraftfahrzeuges durch Summierung der beiden ermittelten Größen errechnet werden kann.

Die belangte Behörde bejahte dies auf Grund des

Sachverständigengutachtens. Dieses ist aber in dem

entscheidenden Punkt nicht schlüssig: Der Sachverständige

spricht darin einerseits von Verfälschungen des Ergebnisses

einer Abwaage in zwei getrennten Wiegevorgängen, ohne diese

Verfälschungen näher zu quantifizieren, andererseits aber

davon, daß "die festgestellte Überladung ... in der

Größenordnung daher sicher richtig" war. Schließlich führt er

aus, daß "nach eichamtlicher Ansicht ... die Summierung von

Achslasten aus verschiedenen Wiegevorgängen zur Feststellung von Gesamtgewichten unzulässig" sei.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher auf Grund der Aktenlage nicht zu beurteilen, ob die von der beschwerdeführenden Partei geäußerten Zweifel an der Eignung der Abwaage vom 16. November 1989 zur Feststellung des Gesamtgewichtes ihres Sattelkraftfahrzeuges begründet sind oder nicht. Der Sachverhalt bedarf in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Schriftsatzaufwand nur für den Beschwerdeschriftsatz und Stempelgebührenersatz nur im Ausmaß von S 510,-- (antragsgemäß S 240,-- für den Beschwerdeschriftsatz, S 30,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und S 240,-- für zwei Ausfertigungen des abverlangten Schriftsatzes) zugesprochen werden konnten.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991110004.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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