Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Elisabeth P in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. November 1990, Zl. IIb2-V-8378/7-90, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. November 1990 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 26. April 1989 um ca. 13,31 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftwagen (Pkw) auf der A 12 Inntal-Autobahn in Stans bei km 46,1 in westliche Richtung gelenkt und hiebei die verordnete und durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erheblich überschritten, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 10a StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO wurde über sie eine Geldstrafe von S 3.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen und 20 Stunden) verhängt. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, es sei insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin ein Sachverständigengutachten darüber eingeholt worden, ob der am Radarfoto ersichtliche Lkw (er fuhr im gegenständlichen Baustellenbereich auf dem Pannenstreifen) die Messung der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin nachteilig habe beeinflussen können. Der Amtssachverständige, dessen Gutachten vom 18. Juli 1990 wiedergegeben wurde, sei zu dem Ergebnis gelangt, daß die Messung zutreffe. Das Gutachten sei schlüssig und widerspruchsfrei. Die Beschwerdeführerin sei dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die von der Beschwerdeführerin mißachtete Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h sei mit Verordnung vom 27. Februar 1989 verfügt worden. Die Beschwerdeführerin mache geltend, daß bezüglich des Autobahn-km 46,1 in dieser Verordnung keine Anordnungen getroffen worden seien und die enthaltenen Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht auf diesen Bereich abstellen. Dieser Einwand treffe nicht zu. Das Bezirksbauamt habe überdies mit Schreiben vom 13. November 1989 bestätigt, daß die Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Grund der Richtlinien des Bundesministers für Bauten und Technik unter Zugrundelegung der Regelpläne U 2.2 und U 2.2 a durch Anbringung der diesbezüglichen verkehrsregelnden Einrichtungen erfolgt sei. Auf dem Regelplan U 2.2 a sei ersichtlich, daß die Geschwindigkeitsbeschränkung in Fahrtrichtung Innsbruck bereits bei km 40,050 (richtig: 46,050) kundgemacht worden sei. Die entsprechenden Regelpläne seien integrierende Bestandteile der Verordnung. Die festgestellte Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin sei mittels geeichtem Radargerät ermittelt worden. Die Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Tirol habe bestätigt, daß der Meldungsleger mit der Bedienung des Gerätes vertraut sei und es auch richtig eingesetzt habe. Seine Einvernahme sei daher entbehrlich. Der Unrechtsgehalt der Tat sei erheblich. Die Beschwerdeführerin habe nach Abzug der Meßfehlertoleranz die erlaubte Fahrgeschwindigkeit im Bereich einer Mittelstreifenüberfahrt einer Baustelle auf der Inntal-Autobahn um 50 km/h überschritten. Auf Grund der stufenweisen Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h und des Umstandes, daß auf die Baustelle auch durch Gefahrenzeichen hingewiesen worden sei, könne ausgeschlossen werden, daß die Beschwerdeführerin lediglich fahrlässig gehandelt habe. Vielmehr müsse bedingter Vorsatz angenommen werden. Insofern sei der Milderungsgrund des § 34 Z. 7 StGB nicht zu berücksichtigen. Ebenfalls erblicke die Behörde in dem Umstand, daß trotz Vollendung kein Schaden herbeigeführt worden sei, keinen Milderungsgrund. Hingegen sei zu berücksichtigen, daß die Beschwerdeführerin nach Lage des Aktes unbescholten sei. Im Hinblick auf die vorliegenden Strafzumessungsgründe sei die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe auch bei Berücksichtigung der behaupteten Einkommens- und Vermögenslosigkeit als schuld- und tatangemessen zu bezeichnen. Der Beschwerdeführerin sei zuzumuten, einer angemessenen Beschäftigung nachzugehen. Sie habe den Beruf einer Weberin erlernt. Bei Annahme von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hätte im Anlaßfall eine noch wesentlich empfindlichere Geldstrafe verhängt werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt sich aus der schon genannten Verordnung vom 27. Februar 1989 in Verbindung mit den einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Regelplänen U 2.2 und U 2.2 a, daß Verkehrsbeschränkungen zur Durchführung von Bauarbeiten für den gegenständlichen Bereich verordnet wurden, und zwar im Tatortbereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h. Es erfolgte eine gestaffelte Reduzierung der Geschwindigkeit auf 100 bzw. 80 und zuletzt im Bereich der Mittelstreifenüberfahrt auf 60 km/h. Die Meinung der Beschwerdeführerin, im gegenständlich relevanten Bereich würde die Geschwindigkeitsbeschränkung eventuell nur 80 km/h betragen, findet in der Aktenlage keine Deckung. Im übrigen ergibt sich auch aus dem Bericht des Baubezirksamtes Innsbruck vom 13. November 1989 in Übereinstimmung mit der Anzeige, daß für den Bau-km 46,1 tatsächlich eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h kundgemacht war. Eine Vernehmung eines Beamten des Baubezirksamtes war daher nicht erforderlich.
Soweit die Beschwerdeführerin die Höhe der mittels Radargerätes festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung in Zweifel zieht, ist sie auf das Gutachten des Amtssachverständigen vom 18. Juli 1990 zu verweisen, aus dem sich die Korrektheit der Messung entnehmen läßt. Diesem Gutachten ist die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in der Beschwerde mit stichhaltigen Argumenten entgegengetreten. Das verwendete Gerät war laut Eichschein ordnungsgemäß geeicht und die gesetzliche Nacheichfrist noch lange nicht abgelaufen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist einem mit der Radarmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/03/0060). Nach der Aktenlage handelt es sich beim Meldungsleger um einen derart geschulten Beamten. Das damit im Zusammenhang stehende in keiner Weise konkretisierte Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsstrafverfahren lief im wesentlichen auf die Aufnahme von unzulässigen Erkundungsbeweisen hinaus. Es bedurfte daher nicht der Vernehmung des Meldungslegers als Zeugen. Dazu kommt, daß die Beschwerdeführerin laut des in den Akten erliegenden Gendarmerie-Erhebungsberichtes vom 19. Juli 1989 anläßlich der Lenkererhebung angegeben hat, sich an die Tat erinnern zu können. Sie habe einen dringenden Termin in Innsbruck gehabt und sei es deshalb zur Geschwindigkeitsüberschreitung gekommen.
Letztlich vermag aber auch das gegen die Strafbemessung gerichtete Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht durchzuschlagen. Die belangte Behörde hat sehr wohl den bisher ordentlichen Lebenswandel der Beschwerdeführerin berücksichtigt. Sie hat sich auch mit den sonst von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Strafzumessungsgründen auseinandergesetzt und ausreichend begründet, warum sie trotz der behaupteten Einkommens- und Vermögenslosigkeit der Beschwerdeführerin die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe für schuldangemessen erachtete. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde die Höhe der Strafe nicht damit gerechtfertigt, daß es der Beschwerdeführerin zumutbar sei, einer Beschäftigung im erlernten Beruf nachzugehen, sie hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, daß bei Annahme eines entsprechenden Einkommens die Strafe noch höher zu bemessen gewesen wäre. Es ist der Beschwerdeführerin beizupflichten, daß es ihr, wie sie in der Beschwerde erstmals vorbringt, freisteht, aus dem Berufsleben auszuscheiden, eine Familie zu gründen und nur den Haushalt zu führen. In einem solchen Fall kann aber dennoch der Unterhaltsanspruch gegen den Ehegatten in die Erwägungen betreffend die Strafbemessung einbezogen werden (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB, 2. Aufl., RN 20 f zu § 19 StGB). Der hier anzuwendende Strafrahmen des § 99 Abs. 3 lit. a StVO sieht eine Geldstrafe bis zu S 10.000,-- vor. Bedenkt man, daß die Beschwerdeführerin auf der Autobahn im Bereich einer Baustelle in Höhe einer Mittelstreifenüberfahrt, also dort, wo der Verkehr auf die gegenüberliegende Richtungsfahrbahn im Gegenverkehr geführt wird, die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um beinahe 100 % überschritt, so vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden, daß der belangten Behörde bei der Strafbemessung eine Rechtswidrigkeit unterlaufen ist.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Persönliche Verhältnisse des BeschuldigtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991030267.X00Im RIS seit
30.10.1991