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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BDG 1979 §81 Abs1 idF 1986/389;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des NN in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Leistungsfeststellungskommission bei der Bundespolizeidirektion Wien vom 24. Mai 1991, Zl. L 1/III/90, betreffend Leistungsfeststellung für das Kalenderjahr 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor des Kriminaldienstes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Kriminalabteilung beim Bezirkspolizeikommissariat X (Bundespolizeidirektion Wien).
Am 16. Jänner 1990 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Leistungsfeststellung für das Kalenderjahr 1989, weil er den zu erwartenden Arbeitserfolg seiner Meinung nach durch besondere Leistungen erheblich überschritten habe.
Nach Durchführung von Ermittlungen, zu deren Ergebnis jeweils dem Beschwerdeführer die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde, sprach die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. Mai 1991 aus, daß der Beschwerdeführer im Kalenderjahr 1989 den Arbeitserfolg, der im Hinblick auf seine dienstliche Stellung zu erwarten gewesen sei, aufgewiesen habe.
Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß die Stellungnahme des Vorgesetzten dem Beschwerdeführer (nur) bescheinigt habe, er habe den zu erwartenden Arbeitserfolg wohl aufgewiesen, aber nicht durch besondere Leistungen überschritten. In der Folge sei ein Bericht des Leiters der Kriminalbeamtenabteilung eingeholt und die Einvernahme zweier Zeugen angeordnet worden. Nachdem eine durch (gesetzwidrig verfrühte) Befassung der belangten Behörde eingetretene Fristversäumung des Beschwerdeführers durch Gewährung der Wiedereinsetzung behoben worden war, sei das Verfahren durch Einholung einer Stellungnahme des Kriminalbeamteninspektorates, eines Berichtes des leitenden Kriminalbeamten der Kriminalabteilung Favoriten und durch Beischluß von Ablichtungen der dem Beschwerdeführer im Jahre 1989 zugekommenen Belobigungen ergänzt worden; dazu sei ferner noch ein ergänzender Bericht des Dienstvorgesetzten eingeholt und der Sicherheitsreferent des Bezirkes einvernommen worden. Der Beschwerdeführer habe zu den Ermittlungsergebnissen jeweils Stellung genommen. Weitere Anträge auf Durchführung von Erhebungen lägen nicht vor bzw. erschienen nicht zielführend.
Um eine dem Gesetz entsprechende Leistungsfeststellung vornehmen zu können, komme man nicht umhin, zunächst den Aufgabenbereich eines Kriminalbeamten auf einem Bezirkspolizeikommissariat zu untersuchen und zu definieren. Dabei falle auf, daß - abgesehen von einer teilweise begleitenden, gut quantifizier- und qualifizierbaren schriftlichen Aktenerledigung - wesentliche Aufgaben nicht direkt zähl- und meßbar seien, wie etwa Kriminalitätsvorbeugung, Kriminalitätsbekämpfung und die damit verbundenen Mühen und Leistungen. Ungeachtet des sicher nicht unwesentlichen manipulativen Arbeitsbereiches sei ein bedeutender Teil der Arbeit eines Kriminalbeamten am Kommissariat in der Leistung geistiger Tätigkeit (Ausforschung, Kombinationsgabe, Orts- und Personenkenntnis etc) zu sehen, zu deren Beurteilung die arbeitsbezogene Aktivität heranzuziehen sei. Es sei auch aus der Natur dieser Tätigkeit klar, daß Außenstehenden ein unmittelbares Nachvollziehen positiver kriminalpolizeilicher Tätigkeit oder repressiver Aufklärungsarbeit nur schwer möglich sei und daher ausschließlich der Beurteilung der mit den Dienstverhältnissen und sonstigen Gegebenheiten vertrauten Dienstvorgesetzten unterliegen könne. Eine Leistungsfeststellung solle ein abgerundetes, umfassendes, klares und widerspruchsfreies Bild der Persönlichkeit und der damit verbundenen Leistung des Beurteilten ergeben; nicht mit der Dienstverrichtung zusammenhängende Umstände hätten dabei außer Betracht zu bleiben. Ebensowenig könne die Richtigkeit der Leistungsfeststellung an der bloßen Selbsteinschätzung des Beamten gemessen werden.
Schon aus der Aufgliederung der bearbeiteten Akten und aus der Bewertung durch den leitenden Kriminalbeamten, den Gruppenführer und dessen Stellvertreter sowie den Sicherheitsreferenten des Bezirks ergebe sich kein Hinweis, daß der Beschwerdeführer quantitativ oder qualitativ den zu erwartenden Arbeitserfolg durch besondere Leistungen erheblich überschritten habe. Hinsichtlich der Aktenzuteilung (1000 Akten) liege der Beschwerdeführer zahlenmäßig ziemlich genau im Gruppenmittel (1028 Akten), wobei der Beschwerdeführer aber bei den Rückläufen (122 von 163) mit ca. 70 % in auffallender Weise beteilt sei, was keineswegs für ein "überdurchschnittliches Kalkül" spreche. Von keinem der vernommenen Zeugen und auch nicht von seinem Dienstvorgesetzten seien dem Beschwerdeführer besondere und überdurchschnittliche Arbeitsaktivitäten zuerkannt worden. So hätte in einem Fall einer dem Beschwerdeführer vorgeworfenen mangelhaften Aktenerledigung ein minimaler zusätzlicher Arbeitsaufwand (Telefonat mit dem Zentralmeldeamt) unbestritten bereits ein positives Ergebnis gebracht.
Auch der Hinweis auf sechs Belobigungen vermöge bei genauer Betrachtung kein Bild besonders intensiver und arbeitsbezogener Tätigkeit hervorzurufen, sei doch bei fünf Belobigungen ausschließlich die normale Mitarbeit gewürdigt worden. Daran vermöge die zugegeben überschwengliche, doch zugleich auch formelhafte Textierung der Belobigungen nichts zu ändern.
Es liege nicht in der Absicht der belangten Behörde, das positive Wirken kriminalpolizeilicher Tätigkeit gering zu achten, doch sei im Zusammenhang mit jener einzigen Belobigung des Jahres 1989, an der der Beschwerdeführer durch seine Aufklärungsarbeit maßgebenden Anteil gehabt habe, anzumerken, daß die Ausforschung und Überprüfung von Tätern eigentlich zu den normalen Aufgaben eines Kriminalbeamten gehöre.
Die Darstellung des Dienstvorgesetzten des Beschwerdeführers, des Gruppenführers und seines Stellvertreters, die Schilderung des Sicherheitsreferenten und das zur Verfügung stehende Zahlenmaterial ließen ungeachtet der "Eigendarstellung" des Beschwerdeführers in glaubhafter, vergleichbarer und nachvollziehbarer Weise erkennen, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht ergeben habe, daß der Beschwerdeführer im Beurteilungszeitraum in allen Belangen grundsätzlich ohne Mängel gewesen sei, daß seine Arbeiten hinsichtlich Umfang und Wertigkeit als hervorragend zu bewerten gewesen seien, und daß seine arbeitsbezogenen Aktivität als überdurchschnittlich anzusehen sei. Der Beschwerdeführer habe daher entgegen seinem Antrag den Arbeitserfolg, der im Hinblick auf seine dienstliche Stellung zu erwarten gewesen sei, nicht durch besondere Leistungen erheblich überschritten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten auf Leistungsfeststellung dahingehend, daß er im Jahre 1989 den zu erwartenden Arbeitserfolg durch besondere Leistungen erheblich überschritten habe, und auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 81 Abs. 1 BDG 1979 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der BDG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 389, ist die Leistungsfeststellung die rechtsverbindliche Feststellung, daß der Beamte im vorangegangenen Kalenderjahr (Beurteilungszeitraum) den zu erwartenden Arbeitserfolg
1.
durch besondere Leistungen erheblich überschritten,
2.
aufgewiesen oder
3.
trotz nachweislicher, spätestens drei Monate vor Ablauf des Beurteilungszeitraumes erfolgter Ermahnung nicht aufgewiesen hat. Für das Ergebnis dieser Feststellung sind nach dieser Gesetzesstelle der Umfang und die Wertigkeit der Leistungen des Beamten maßgebend.
Da nähere Merkmale für die Beurteilung der Leistung der Kriminalbeamten durch eine Verordnung gemäß § 81 Abs. 2 BDG 1979 bisher nicht festgesetzt wurden, sind Art und Bezeichnung der näheren Merkmale für die Beurteilung des Umfanges und der Wertigkeit der Leistungen dieser Beamten den Organen des Leistungsfeststellungsverfahrens überlassen.
Dabei sind, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der Leistungsfeststellung Grenzen gesetzt, die sich aus der rechtlichen Gestaltung der Leistungsfeststellung als eines Werturteiles ergeben. Ein solches Urteil ist der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nur in der Richtung zugänglich, ob es nicht etwa auf einer aktenwidrigen Sachverhaltsannahme beruht, ob der angenommene Sachverhalt unter Bedachtnahme auf die einzuhaltenden Verfahrensvorschriften für eine verläßliche Urteilsbildung ausreicht, ob die aus ihm gezogenen Schlußfolgerungen mit den Denkgesetzen vereinbar sind und ob keine sachfremden Erwägungen angestellt worden sind. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, daß das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beschwerdeführers durch seine Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt.
Bei der ein Gesamt(wert)urteil darstellenden Leistungsfeststellung handelt es sich um einen durch den Gesetzgeber zunächst den Dienstbehörden (§ 87 Abs. 1 BDG 1979) und in der Folge den unabhängigen Leistungsfeststellungskommissionen (§ 87 Abs. 3 BDG 1979) anvertrauten Akt der Gesamtwürdigung (vgl. zu den bisherigen Ausführungen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1990, Zl. 90/09/0028, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Nun hat das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde die übereinstimmende Einschätzung der Arbeit des Beschwerdeführers durch die damit vertrauten und im Verfahren befragten Personen (des unmittelbaren Vorgesetzten Oberst F sowie der Zeugen Gruppeninspektor X, Gruppenführer R und Sicherheitsreferent Mag. Z) dahin erbracht, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers zwar zu loben, keinesfalls aber als überdurchschnittlich anzusehen sei.
Der Beschwerdeführer erblickt in diesen Beurteilungen ausschließlich subjektive Werturteile, denen jeder objektive Wertmaßstab fehle. Er tritt diesen Verfahrensergebnissen - wie schon im Verwaltungsverfahren - mit seiner (allerdings zumindest in gleichem Maße subjektiven) Selbsteinschätzung, vor allem aber mit Hinweisen auf seine objektivierbar überdurchschnittliche quantitative Belastung durch entsprechende Aktenzuteilung sowie auf ihm im Beurteilungszeitraum insgesamt sechs zugekommene Belobigungen entgegen.
Was die Aktenzuteilung betrifft, steht unbestritten fest, daß im Zuge des Beurteilungszeitraumes mehrmals Rayonsänderungen vorgenommen werden mußten, um den Beschwerdeführer von einer Überbelastung zu befreien. Die Zahlen, von welchen die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgegangen ist, hat der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren in Zweifel gezogen (Stellungnahme vom 20. März 1991). Die belangte Behörde ist jedoch in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht darauf eingegangen, warum sie dessenungeachtet den Beweisanträgen des Beschwerdeführers (Beschaffung des Gruppenbuches und der vom Gruppenführer erstellten Jahresstatistik) nicht nachgekommen ist. Wenn auch, wie der Beschwerdeführer selbst zugesteht, die Aktenzahlen für sich allein keinen entscheidenden Hinweis auf die Arbeitsbelastung des Beschwerdeführers und insbesondere auf die Qualität seiner Leistungen ergeben können, hätten sich aus einer fundierten Feststellung dieser quantitativen Belastung des Beschwerdeführers - insbesondere im Vergleich zu anderen Beamten in derselben Verwendung - doch Indizien in der Richtung ergeben können, daß der Beschwerdeführer im Kalenderjahr 1989 quantitativ über Gebühr belastet wurde. Es ist nicht auszuschließen, daß ein derartiges Ermittlungsergebnis auch auf die schließliche Leistungsfeststellung Auswirkungen insbesondere für die Bedeutung der sogenannten Rückläufe in der vom Beschwerdeführer angestrebten Richtung haben hätte können.
Der Sachverhalt ist aber auch und insbesondere in der Frage der Belobigungen nicht ausreichend erhoben und beurteilt worden. Auch hier fehlt es an nachvollziehbaren Vergleichszahlen dahin, in welcher Häufigkeit solche Belobigungen erteilt und welche Leistungen damit im einzelnen hervorgehoben werden. Auszugehen ist unbestritten davon, daß dem Beschwerdeführer im Laufe des Jahres 1989 gleich sechs solche Belobigungen - jede davon verbunden mit einer finanziellen Remuneration, die nach § 19 Gehaltsgesetz das Erbringen einer besonderen Leistung voraussetzt - zuteil geworden sind, wobei der Wortlaut dieser Belobigungen erkennen läßt, daß damit erfolgreiche Aktivitäten der beteiligten Kriminalbeamten hervorgehoben werden sollten, die in irgendeiner Weise über das normale, jedenfalls zu erwartende Wirken dieser Beamten hinausgegangen sind. Die belangte Behörde hätte sich daher hinsichtlich dieser Ermittlungsergebnisse nicht mit der nicht näher ins Detail gehenden Begründung begnügen dürfen, es handle sich hier nur um die "normale Mitarbeit", bzw. um die Erledigung der "normalen Aufgaben eines Kriminalbeamten".
Da sich die belangte Behörde damit begnügt hat, ihrem angefochtenen Bescheid die nicht weiter objektivierten Pauschalbeurteilungen durch Vorgesetzte des Beschwerdeführers zugrunde zu legen, ohne in ausreichendem Maße zu erheben, welche objektive Bedeutung dem Vorbringen des Beschwerdeführers über seine quantitative Belastung einerseits und über die ihm erteilten Belobigungen anderseits für die Leistungsfeststellung zukam, ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft verzeichnete, aber nicht zur Rechtsverfolgung notwendige Stempelgebühren in der Höhe von S 120,--.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991090118.X00Im RIS seit
30.10.1991