TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/30 91/09/0178

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Veröffentlicht am 30.10.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/02 Familienrecht;
67 Versorgungsrecht;

Norm

EheG §66;
EheG §69;
EheG §70;
EheG §78;
KOVG 1957 §1 Abs1;
KOVG 1957 §16 Abs2;
KOVG 1957 §34;
KOVG 1957 §36 Abs1;
KOVG 1957 §36;
KOVG 1957 §37 Abs1;
KOVG 1957 §39;
KOVG 1957 §40;
KOVG 1957 §44;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde der Marianne M in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Salzburg vom 2. April 1991, Zl. 521-032339-001, betreffend Hinterbliebenenversorgung nach § 34 KOVG 1957, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. April 1991 wies die Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Salzburg (belangte Behörde) im Instanzenzug den Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. Dezember 1990 ab, ihr als Lebensgefährtin für den im Juli 1990 verstorbenen kriegsbeschädigten Franz S, der eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit von 80 v. H. bezogen hatte, eine Hinterbliebenenrente zu gewähren. In ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin im wesentlichen ausgeführt, sie habe Herrn S 10 Jahre bis zu seinem Tode gepflegt und es sei ihr daher aus diesem Grunde nicht möglich gewesen, selbst einem Erwerb nachzugehen. Daher halte sie den Antrag auf Gewährung der Witwenpension nach wie vor aufrecht. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, nach der Aktenlage sei unbestritten, daß die Beschwerdeführerin mit dem verstorbenen Kriegsbeschädigten nicht verheiratet gewesen sei. Nach den §§ 34 und 36 KOVG 1957 würden Versorgungsleistungen nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz nur an Witwen (bzw. Witwer) erbracht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch seien Witwen hinterbliebene Ehegattinnen. Dies setzte voraus, daß bis zum Tod des Kriegsbeschädigten eine aufrechte Ehe bestanden habe. Eine Ausnahme hievon sei im § 37 KOVG 1957 geregelt. Demnach gebühre eine Witwen (Witwer)rente auch dann, wenn die Ehe mit dem Beschädigten für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden worden sei und wenn der Beschädigte zur Zeit des Todes Unterhalt zu leisten gehabt habe. Da nun die Beschwerdeführerin weder zum Zeitpunkt des Todes noch vor diesem Zeitpunkt mit dem kriegsbeschädigten Franz S verheiratet gewesen sei, seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Witwenpension nach den Bestimmungen des KOVG 1957 nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin leitet aus § 34 sowie der Regelung der Aufzählung der Familienangehörigen im § 16 und der Versorgungsberechtigung für "die Hinterbliebenen" nach § 1 KOVG 1957 ab, daß die im § 34 leg. cit. angeführten Rentenmöglichkeiten nur beispielsweise aufgezählt seien und nur die häufigsten Fälle abdeckten. Wenn auch nicht übersehen werde, daß von einer Gleichstellung der Lebensgemeinschaft mit der Ehe keine Rede sein könne, werde der gesellschaftlichen Tatsache der Lebensgemeinschaft auch vom Gesetzgeber wie z.B. im Mietrechtsgesetz Rechnung getragen. Die Beschwerdeführerin habe mehr als neun Jahre mit dem verstorbenen Kriegsopfer eine eheähnliche Lebensgemeinschaft unterhalten, wobei sie für die erforderliche Pflege 24 Stunden durchgehend zur Verfügung gestanden sei und sie allein dadurch dem Sozialversicherungsträger sonst entstehende Aufwendungen in der Höhe von monatlich S 80.000,-- erspart habe. Sie sei nach allgemeinem Sprachgebrauch und auch im Rechtssinn als Hinterbliebene anzusehen. Die belangte Behörde habe dadurch, daß sie dem Wort "Hinterbliebenenrente" im § 34 KOVG 1957 eine ihren Fall ausschließende Bedeutung zugewiesen habe, die aus dem Gesetz nicht hervorleuchte, die Rechtslage verkannt und sie in ihrem Recht auf Hinterbliebenenrente nach §§ 34 ff KOVG 1957 verletzt.

Die Beschwerde ist unbegründet.

§ 1 Abs. 1 des KOVG 1957 lautet:

"(1) Wer für die Republik Österreich, die vormalige österreichisch-ungarische Monarchie oder deren Verbündete oder nach dem 13. März 1938 als Soldat der ehemaligen deutschen Wehrmacht militärische Dienste geleistet und hiedurch oder durch die vormilitärische Ausbildung eine Gesundheitsschädigung (Dienstbeschädigung) erlitten hat, ist versorgungsberechtigt. Hat das schädigende Ereignis den Tod verursacht, so sind die Hinterbliebenen versorgungsberechtigt."

Gemäß § 6 Abs. 2 KOVG 1957 gebühren im Falle des Todes durch ein schädigendes Ereignis (§ 1 Abs. 1) den Hinterbliebenen:

1. Hinterbliebenenrente, Witwen(er)zulage, Hilflosenzulage, Zuschuß zu den Kosten für die Verpflegung;

2.

Sterbegeld

3.

Gebührnisse für das Sterbevierteljahr.

Nach § 16 Abs. 1 erster Satz KOVG 1957 gebührt Schwerbeschädigten auf Antrag zur Zusatzrente für jeden Familienangehörigen monatlich eine Familienzulage in bestimmter Höhe.

Als Familienangehörige gelten nach Abs. 2 dieser Bestimmung:

1.

der Ehegatte;

2.

der geschiedene Ehegatte, wenn er gegenüber dem Schwerbeschädigten auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung Anspruch auf Unterhaltsleistungen hat;

              3.              die ehelichen Kinder, die unehelichen Kinder und die Wahlkinder;

              4.              die Pflege- und Stiefkinder, solange sie vom Schwerbeschädigten überwiegend erhalten werden.

Abschnitt VII des KOVG 1957 regelt die Hinterbliebenenrente

(§§ 34 ff).

§ 34 leg. cit. lautet:

"Ist der Tod die unmittelbare oder mittelbare Folge einer Dienstbeschädigung, so wird Hinterbliebenenrente (Witwenrente, Witwerrente, Waisenrente, Elternrente) gewährt. Der Tod gilt stets als Folge einer Dienstbeschädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Dienstbeschädigung anerkannt war und für das er bis zum Tod Anspruch auf Beschädigtenrente hatte."

Nach § 36 Abs. 1 leg. cit. ist Witwen (Witwern) nach Schwerbeschädigten, die bis zum Tod Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 v.H. oder auf eine Pflegezulage hatten, auch dann der Anspruch auf Witwen (Witwer)rente gewahrt, wenn der Tod nicht die Folge einer Dienstbeschädigung war.

§ 37 Abs. 1 KOVG 1957 lautet:

"(1) Eine Witwen (Witwer)rente oder eine Witwen (Witwer)beihilfe gebührt auch

1.

der Frau,

2.

dem Mann,

deren (dessen) Ehe mit dem (der) Beschädigten für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden worden ist, wenn ihr (ihm) der (die) Beschädigte zur Zeit seines (ihres) Todes Unterhalt (einen Unterhaltsbeitrag) auf Grund eines gerichtlichen Urteils, eines gerichtlichen Vergleiches, oder einer vor Auflösung (Nichtigerklärung) der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zu leisten hatte."

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin geht aus § 34 KOVG 1957 zweifelsfrei hervor, daß die Aufzählung der Unterarten der Hinterbliebenenrente eine taxative ist. Der Kreis der Anspruchsberechtigten für diese Versorgungsleistungen wird für

-

die Witwen (Witwer)rente in den §§ 34 ff (insbesondere §§ 34, 36 und 37 Abs. 1 leg. cit.)

-

die Waisenrente in den §§ 39 ff (insbesondere §§ 39 und 40 leg. cit.) und

-

die Elternrente in den §§ 44 ff (insbesonder § 44 leg. cit.) KOVG 1957

jeweils abschließend umschrieben. Insoweit konkretisieren diese Bestimmungen die Ankündigung des § 1 Abs. 1 KOVG 1957, die Hinterbliebenen seien unter bestimmten Voraussetzungen versorgungsberechtigt.

Aus § 16 Abs. 2 KOVG 1957 läßt sich für die im Beschwerdefall strittige Frage, ob der Lebensgefährte einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente hat oder nicht, schon deshalb nichts gewinnen, weil diese Bestimmung lediglich den Kreis der Familienangehörigen umschreibt, für die dem Schwerbeschädigten Familienzulage gebührt.

Kommt aber für die Beschwerdeführerin, die unbestritten zu keinem Zeitpunkt Ehegattin des verstorbenen Kriegsteilnehmers S war, von den im Gesetz geregelten Arten der Hinterbliebenenrente nur die Witwenrente in Betracht, hat sie keinen Anspruch auf dieselbe, weil sie keine Witwe ist. Unter einer Witwe ist nämlich die überlebende Ehegattin zu verstehen, also jene Frau, mit der der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes in rechtlich aufrechter Ehe lebte. Dies ergibt sich - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - sowohl aus dem allgemeinen Sprachgebrach als auch aus der Bestimmung des § 37 Abs. 1 KOVG 1957, der den Kreis der Anspruchsberechtigten auf eine Witwen (Witwer)rente auf Überlebende ausdehnt, die zwar im Zeitpunkt des Todes des Kriegsbeschädigten mit diesem nicht mehr in einer aufrechten Ehe lebten, jedoch gegen ihn zum Zeitpunkt seines Todes einen Rechtstitel auf Unterhalt hatten. Die Beschwerdeführerin zählt unbestritten auch nicht zu diesem Personenkreis. Für den Beschwerdefall geltende Sonderbestimmungen, nach denen die Lebensgefährtin der Witwe in versorgungsrechtlicher Hinsicht gleichgestellt wird, enthält das KOVG 1957 nicht.

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin auf Witwenrente nach §§ 34 ff KOVG verneinte.

Da die Beschwerde ihrem Inhalt erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991090178.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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