TE Vwgh Erkenntnis 1991/10/30 90/17/0502

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Veröffentlicht am 30.10.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

B-VG Art140 Abs7;
MOG 1985 §73 Abs2 idF 1988/330;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des Josef W in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Geschäftsführers des Milchwirtschaftsfonds vom 6. November 1990, Zl. Ia/Dr.A/b., betreffend Feststellung von Einzelrichtmengen,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Feststellung der Einzelrichtmenge des landwirtschaftlichen Betriebes S, J, für das Wirtschaftsjahr 1990/91 mit 36.324 kg richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit seinem an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gerichteten Schreiben vom 18. August 1989 teilte der Beschwerdeführer mit, er habe mit Pachtvertrag vom 8. April 1987 den Hof von "Frau WM, vulgo S" (im Akt findet sich auch die Schreibweise "WN" und "WX") gepachtet, auf dem sich keine Einzelrichtmenge befunden habe. Seit 24. Juni 1987 sei der Beschwerdeführer Eigentümer des Hofes K in F, auf dem sich auch heute noch keine Einzelrichtmenge befinde. Mit dem Einverständnis der Eigentümerin des Hofes S habe er auf ihrem Hof als Pächter als Neulieferant begonnen, wobei vereinbart worden sei, daß die durch Neulieferung erreichte Einzelrichtmenge auf den Hof K und den Hof S so aufgeteilt werden solle, daß letzterem eine Einzelrichtmenge von cirka. 8.000 bis 10.000 kg bleibe.

Mit einem weiteren, an das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gerichteten Schriftsatz vom 16. Oktober 1989, weitergeleitet an den Milchwirtschaftsfonds und dort eingelangt am 27. Oktober 1989, stellte der nunmehrige Rechtsfreund des Beschwerdeführers in dessen Namen den Antrag, die auf dem Hof S in F aufgebaute Einzelrichtmenge, jedoch nur hinsichtlich eines Teiles von 25.000 kg, auf den Hof K zu übertragen. Dieser Antrag wurde in dem direkt an den Milchwirtschaftsfonds gerichteten Schreiben des Beschwerdevertreters vom 22. Jänner 1990 wiederholt.

Der Spruch des lediglich an den Beschwerdeführer und seinen Rechtsfreund gerichteten, nunmehr angefochtenen, auf Grund der genannten Eingaben ergangenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:

"Gemäß § 76 Abs. 1 Marktordnungsgesetz (MOG, BGBl. Nr. 210/1985 i. d.g.F.) wird festgestellt, daß im Wirtschaftsjahr 1990/91 die Einzelrichtmenge

1. des landwirtschaftlichen Betriebes S in J 36.324 kg und

2. des landwirtschaftlichen Betriebes K in F Null Kilogramm

beträgt."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, der landwirtschaftliche Betrieb S sei von den Eigentümern WM sen. und jun. für die Zeit vom 10. April 1987 bis 31. Dezember 1989 an den Beschwerdeführer verpachtet worden. Die frühere Einzelrichtmenge dieses Betriebes sei mit 1. Juli 1984 erloschen gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich als Neulieferant für diesen Betrieb angemeldet und in der Folge für ihn eine Einzelrichtmenge von 36.324 kg erworben. Durch Übergabsvertrag sei der Beschwerdeführer seit 24. Juni 1987 Eigentümer des Betriebes K, dessen Eigentümerin zuvor Frau Barbara H gewesen sei. Dieser Betrieb habe bei Einführung der Richtmengenregelung 1978 keine Richtmenge gehabt. Für diesen Betrieb sei niemals eine Neulieferantenerklärung abgegeben und die Aufnahme der Milcherzeugung angezeigt worden; auch die Voraussetzungen des Art. III Abs. 6 der (ersten) MOG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 183, lägen nicht vor. Der Erwerb einer Richtmenge für diesen Hof sei daher nicht mehr zulässig gewesen. Die Teilungsbestimmung des § 73 Abs. 2 MOG 1985 vierter bis sechster Satz MOG 1985 komme daher nicht zur Anwendung; sie wäre nur anwendbar, wenn es sich um eine Richtmenge handelte, die entweder schon seit Einführung der Richtmengenregelung aus der gemeinsamen Bewirtschaftung mehrerer Betriebe stamme oder aus der allgemeinen Neulieferantenregelung vor der MOG-Novelle 1985. Aufgrund der Übergangsbestimmungen (Art. IV Abs. 2 der MOG-Novelle 1985, BGBl. Nr. 291, und Art. III Abs. 6 - ergänze: des Abschnittes I - der ersten MOG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 183) sei nämlich eine Neulieferantenanerkennung nur mehr jenen Betrieben zugestanden, die die näher angeführten Voraussetzungen aufgewiesen hätten. Es sei daher davon auszugehen, daß die Einzelrichtmenge nur mehr für den jeweiligen Betrieb habe erworben werden können. Abgesehen davon sei eine Richtmengenteilung im Sinne des § 73 Abs. 2 vierter bis sechster Satz MOG (erg.: idF. BGBl. Nr. 330/1988) deshalb nicht möglich, weil "zum Zeitpunkt der Neulieferantenanerkennung schon keine Identität der Verfügungsberechtigten über die landwirtschaftlichen Betriebe vorgelegen" sei.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde. Nach seinem Vorbringen erachtet sich der

Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, daß festgestellt

werde, die Einzelrichtmenge im Wirtschaftsjahr 1990/91 betrage

a) für den Betrieb K                      25.000 kg

b) für den Betrieb S hingegen nur         11.324 kg.

Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Mit Beschluß vom 20. Februar 1991, A 25/91, hat der Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG unter anderem den Antrag gestellt, Art. II Z. 74 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1988, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1988), BGBl. Nr. 330, als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 8. März 1991, G 227-231/90-9 u.a. hat der Verfassungsgerichtshof unter anderem die zuletzt genannte Gesetzesstelle als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat weiters ausgesprochen, daß unter anderem diese als verfassungswidrig aufgehobene Bestimmung auch auf jenen Sachverhalt nicht mehr anzuwenden ist, der der gegenständlichen, beim Verfassungsgerichtshof zu G 108-112/91 anhängigen Rechtssache (Antrag des Verwaltungsgerichtshofes A 25/91) zugrundeliegt. Schließlich hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch die genannte Bestimmung der Marktordnungsgesetz-Novelle 1988 erhielt § 73 Abs. 2 MOG 1985

folgende Fassung:

"...

(2) Die Einzelrichtmenge steht dem jeweiligen Verfügungsberechtigten über einen milcherzeugenden Betrieb zu. Geht das Verfügungsrecht auf einen anderen über, so bleibt die Einzelrichtmenge bestehen, sofern der Betrieb weiterhin selbständig bewirtschaftet wird oder bewirtschaftbar ist. ... Wenn ein bisher einheitlich bewirtschafteter Betrieb in mehrere selbständig bewirtschaftete Betriebe aufgeteilt wird oder wenn bisher gemeinsam bewirtschaftete Betriebe aufgeteilt werden, ist die Einzelrichtmenge entsprechend einer Vereinbarung aufzuteilen, die spätestens ein Jahr nach dieser Aufteilung geschlossen wurde; sie wird mit dem auf die Bekanntgabe der Vereinbarung an den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb folgenden Monatsersten wirksam ..."

Der Antrag des Beschwerdeführers stützte sich inhaltlich auf die zuletzt wiedergegebene Bestimmung des § 73 Abs. 2 vierter Satz MOG 1985 idF. der Novelle 1988. Nach dem oben genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist jedoch diese Bestimmung im vorliegenden Rechtsfall nicht mehr anzuwenden. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist daher so vorzugehen, als ob bei dessen Erlassung die aufgehobene Bestimmung nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. hiezu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 5. April 1991, Zlen. 90/17/0011, 90/17/0012, und vom selben Tage, Zlen. 90/17/0031-0034).

Geht man jedoch davon aus, dann fehlte es dem Begehren des Beschwerdeführers - ohne daß in diesem Zusammenhang auf die formalen Voraussetzungen eines solchen Antrages einzugehen wäre - schon aus diesem Grunde an einer gesetzlichen Grundlage, zumal der Verfassungsgerichtshof überdies ausgesprochen hat, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie durch die Feststellung, die Einzelrichtmenge des landwirtschaftlichen Betriebes K betrage im Wirtschaftsjahr 1990/91 null Kilogramm, inhaltlich den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen hat. In diesem Umfang wurde der Beschwerdeführer daher durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt, weshalb die vorliegende Beschwerde insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden mußte.

Was den Ausspruch im angefochtenen Bescheid betreffend den landwirtschaftlichen Betrieb S anlangt, so KONNTE der Beschwerdeführer in diesem Umfang in seinen Rechten nicht verletzt werden, weil dieser Abspruch als solcher zwar nicht hinsichtlich der von der belangten Behörde angenommenen Prämissen, aber in seiner normativen Wirkung von jenem über die Einzelrichtmenge des Betriebes K unabhängig ist. Insoweit war die Beschwerde daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 VwGG, und zwar in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat, zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Gegenseitige Beziehung: VwGH - VfGH Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990170502.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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