TE Vwgh Beschluss 1991/10/30 91/12/0178

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Veröffentlicht am 30.10.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §6 Abs1;
AVG §73 Abs3;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 91/12/0179

Betreff

Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Knell und Dr.Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, in den Beschwerdesachen des Dr. NN in W, gegen den Akademischen Senat der Universität Wien betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in Habilitationsangelegenheiten, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer beantragte mit der an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien gerichteten Eingabe vom 1. Mai 1987 die Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach "Experimentelle Rechtswissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der experimentellen Steuerrechtswissenschaft".

Mit dem an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gerichteten Schreiben vom 30. Dezember 1987 begehrte der Beschwerdeführer den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Habilitationsantrag.

Mit Schriftsatz vom 16. August 1988 brachte der Beschwerdeführer unter anderem die zur Zl. 88/12/0141 protokollierte Säumnisbeschwerde betreffend den Habilitationsantrag vom 1. Mai 1987 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung ein.

Mit der - dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung am 26. Juli 1989 zugestellten - Berichterverfügung vom 14. Juli 1989 wurde dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen. Dem kam der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung nicht nach.

Mit Beschluß vom 21. Mai 1991, Zl. 88/12/0141, wies der Verwaltungsgerichtshof die Säumnisbeschwerde mit der Begründung zurück, daß die Zuständigkeit des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung zur Entscheidung über Parteibegehren der von der Säumnisbeschwerde betroffenen Art nach ihrer Einbringung, nämlich ab 1. Oktober 1990, weggefallen und daher die Säumnisbeschwerde - ungeachtet des bereits erfolgten Zuständigkeitsüberganges auf den Verwaltungsgerichtshof - nachträglich unzulässig geworden sei. Dieser Beschluß wurde dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung am 12. Juni 1991 zugestellt.

Mit der zur hg. Zl. 91/12/0178 gegen den Akademischen Senat der Universität Wien erhobenen Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch diese Behörde in der Angelegenheit seines Devolutionsantrages vom 1. Mai 1987 geltend. Zum Ablauf der nach § 27 VwGG einzuhaltenden sechsmonatigen Frist bringt er vor, es gehe aus dem eben genannten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes hervor, daß diese Frist bereits abgelaufen und die belangte Behörde seit 1. Oktober 1990 zur Entscheidung zuständig sei.

2. Der Beschwerdeführer beantragte mit der an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien gerichteten Eingabe vom 8. April 1988 die Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach "Experimentelle und angewandte Finanzrechtswissenschaft".

Mit dem an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gerichteten Schreiben vom 18. Oktober 1988 begehrte der Beschwerdeführer den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Habilitationsantrag.

Mit Schriftsatz vom 24. April 1989 brachte der Beschwerdeführer die zur Zl. 89/12/0090 protokollierte Säumnisbeschwerde betreffend den Habilitationsantrag vom 8. April 1988 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung ein.

Mit der - dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung am 26. Juli 1989 zugestellten - Berichterverfügung vom 14. Juli 1989 wurde dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen. Dem kam der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung nicht nach.

Mit Beschluß vom 21. Mai 1991, Zl. 89/12/0090, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde mit derselben Begründung wie zu Punkt 1 genannt zurück. Dieser Beschluß wurde dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung am 12. Juni 1991 zugestellt.

Mit der zur hg. Zl. 91/12/0179 gegen den Akademischen Senat der Universität Wien erhobenen Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch diese Behörde in der Angelegenheit seines Habilitationsantrages vom 8. April 1988 geltend. Den Ablauf der nach § 27 VwGG einzuhaltenden Frist begründet er wie in der zu 1 genannten Säumnisbeschwerde.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbunden und darüber erwogen:

Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren ... angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die vorliegenden Säumnisbeschwerden erweisen sich schon deshalb als unzulässig, weil aus nachstehenden Gründen die einzuhaltende (Warte)Frist von sechs Monaten jedenfalls am 19. Juli 1991, dem Tag der Einbringung der vorliegenden Säumnisbeschwerden, noch nicht abgelaufen war:

Die für den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung durch die Einbringung der beiden obgenannten Devolutionsanträge in Gang gesetzte Frist zur Entscheidung über diese Anträge wurde durch das ergebnislose Verstreichen der Nachfristen von jeweils drei Monaten, die dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit den am 26. Juli 1991 zugestellten Berichterverfügungen gesetzt worden waren, unterbrochen. Denn da das VwGG an den Ablauf der (in der dem Rechtsbestand, wenn auch als bloß vorläufige prozeßleitende Anordnung angehörenden Berichterverfügung) eingeräumten Nachholfrist den Zuständigkeitsübergang von der säumigen Verwaltungsbehörde auf den Verwaltungsgerichtshof knüpft, war der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung nach dem jeweiligen Zeitpunkt weder zu einer Sachentscheidung (bis einschließlich 30. September 1990) noch zu einer Verfügung gemäß § 6 Abs. 1 AVG (ab 1. Oktober 1990) zuständig. Daß die Säumnisbeschwerden nachträglich wegen der Änderung der Zuständigkeitsordnung ab 1. Oktober 1990 unzulässig und deshalb mit den beiden obzitierten Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen wurden, änderte an der Unzuständigkeit des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung zu einer Verfügung nach § 6 Abs. 1 AVG ab 1. Oktober 1990 nichts, weil die den Zuständigkeitsübergang bewirkenden Berichterverfügungen bis zu den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes - wenn auch als bloß vorläufige prozeßleitende Anordnungen - dem Rechtsbestand angehörten, der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung auf diese Gerichtsakte vertrauen durfte und sich daher Entscheidungen und Verfügungen in dieser Sache enthalten konnte und mußte. Er wurde erst mit Zustellung der beiden Beschlüsse am 12. Juni 1981 zu solchen Entscheidungen wiederum zuständig (vgl. in ähnlichen Zusammenhängen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1991, Zl. 81/17/0026, vom 15. Juni 1981, Zl. 81/17/0093, und vom 7. Juli 1983, Zl. 83/08/0102). Die nach § 27 VwGG einzuhaltende Wartefrist war daher jedenfalls am 19. Juli 1991 noch nicht abgelaufen; auf die Frage, ob diese Frist bereits am 12. Juni 1991 oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zu laufen begann, brauchte daher in den Beschwerdefällen nicht eingegangen zu werden.

Die beiden Säumnisbeschwerden waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde Binnen 6 Monaten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Wahrnehmung der Zuständigkeit von Amts wegen sachliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991120178.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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