Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 15. Mai 1991, Zl. 04-25 Pu 37-90/2, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 15. Mai 1991 wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, als Betreiber der Tankstelle und Waschanlage in G, M-Straße 38, laut Feststellungen der Magistratsabteilung 19 die Auflage des Punktes B 2.) des Bescheides des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. Jänner 1978 dadurch nicht eingehalten zu haben, daß die Waschanlage am Samstag, dem 31. März 1990, bis zumindest
16.15 Uhr, am Sonntag, dem 8. April 1990, zumindest zwischen 09.15 Uhr und 09.45 Uhr, am Samstag, dem 14. April 1990, zumindest bis 17.30 Uhr und am Ostermontag, dem 16. April 1990, zumindest von 08.00 Uhr bis 08.30 Uhr und von 15.10 Uhr bis 15.40 Uhr betrieben worden sei, obwohl der Betrieb der Waschmaschine werktags von 07.00 bis 19.00 Uhr und am Samstag nur bis 15.00 Uhr gestattet sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit der Auflage B 2.) des zitierten Bescheides begangen, weshalb gemäß § 367 Einleitungssatz leg. cit. und § 16 Abs. 1 und 2 VStG 1950 über ihn eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe 1 Tag) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges aus, mit Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. Jänner 1978 sei der Esso Austria AG als Betreiberin der Tankstelle in Graz, Mariatroster Straße 38, die Genehmigung der Änderung dieser Tankstelle unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt worden. Unter Punkt 2.) der erteilten Auflagen sei der Betrieb der Waschmaschine auf werktags 07.00 bis 19.00 Uhr, samstags bis 15.00 Uhr beschränkt worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Aus dem Bericht der Magistratsabteilung 19 vom 17. April 1990 sei zu entnehmen, daß in der Zeit der Überprüfung vom 31. März 1990 bis 17. April 1990 festgestellt worden sei, die Waschanlage sei zu den im Spruch näher bezeichneten Tatzeiten außerhalb der in Punkt 2.) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides festgelegten Betriebszeiten offensichtlich in Betrieb gewesen. Es bestehe kein Anlaß, diesem Erhebungsergebnis keinen Glauben zu schenken, zumal das gegenständliche Strafverfahren auf Grund zahlreicher Beschwerden von Anrainern wegen ungebührlicher Lärmerregung durch den Betrieb der gegenständlichen Waschanlage außerhalb der genehmigten Betriebszeiten eingeleitet worden sei. Es folgen sodann Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer geltend, die ihm zur Last gelegten Betriebszeiten der Waschanlage seien durch das Erhebungsergebnis eines Organs des Magistrates Graz nicht gedeckt. Auch treffe es nicht zu, daß zahlreiche Anrainerbeschwerden erhoben worden seien, es liege vielmehr lediglich eine "alleinige Eingabe" eines einzigen Anrainers vor. Die belangte Behörde habe sich aber auch mit dem Argument des Beschwerdeführers, der von ihm nicht bestrittene Waschvorgang am Sonntag, dem 8. April 1990, habe ausschließlich dazu gedient, um dem im anhängigen Verfahren zwecks Ausdehnung der Betriebszeiten bestellten Amtssachverständigen Lärmmessungen zu ermöglichen, nicht auseinandergesetzt. Eine Strafbarkeit sei nicht gegeben, wenn die Waschanlage zu diesem Zeitpunkt auf behördliche Anordnung habe in Betrieb genommen werden müssen. In der Zwischenzeit sei die beantragte Erweiterung der Betriebszeiten insofern genehmigt worden, als der Betrieb der Waschanlage auch Samstag Nachmittag von 15.00 bis 19.00 Uhr und sonn- und feiertags zwischen 07.00 und 19.00 Uhr zulässig sei. Schließlich bekämpft der Beschwerdeführer auch die Strafbemessung durch die belangte Behörde.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Zufolge § 6 leg. cit. ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.
Mit dem vom Beschwerdeführer schon im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens und nun auch in der vorliegenden Beschwerde erhobenen Einwand, der Betrieb der Waschanlage am 8. April 1990 sei nur auf behördliche Anordnung zum Zwecke der Durchführung von Lärmmessungen erfolgt, macht der Beschwerdeführer erkennbar geltend, er habe damals nicht rechtswidrig gehandelt. Da die belangte Behörde auf diesen Einwand nicht einging und Feststellungen darüber, ob und allenfalls in welcher Form eine derartige behördliche Anordnung ergangen war, nicht traf ist es dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich, inhaltlich auf diesen Beschwerdeeinwand einzugehen und zu beurteilen, ob dem Beschwerdeführer ein Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 5 und 6 VStG zugute kommt.
Der angefochtene Bescheid ist daher insofern mit einem Verfahrensmangel belastet, bei dessen Vermeidung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, als der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991040144.X00Im RIS seit
05.11.1991