TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/5 91/04/0174

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Veröffentlicht am 05.11.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §19;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 2. November 1990, Zl. VI b-205/48-1983, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 2. November 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als Gewerbeinhaber am 1. Juli 1988 um 16.00 Uhr und am 18. Juli 1988 um 13.00 Uhr mittels am Haus B, Platz Nr. 40 (Gasthaus "Hirschen"), in einer Entfernung von ca. 25 m von der Volkschule Bezau angebrachten Süßwarenautomaten gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt zu haben, obwohl auf Grund der Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bezau vom 13. April 1987, Zl. 003, Punkt 1., die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Süßwaren-, Kaugummi-, Spielzeug- und sonstiger Automaten im Umkreis von 200 m der Volkschule entfernt untersagt sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 15 GewO 1973 in Verbindung mit Punkt 1. der Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bezau vom 13. April 1987, Zl. 003, begangen, weshalb gemäß § 367 leg. cit. über ihn eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Stunden) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges im wesentlichen aus, nach der Aktenlage sei seitens des Gendarmeriepostens Bezau in der Anzeige vom 2. August 1988 festgestellt worden, die in Rede stehenden Automaten seien zu den Tatzeitpunkten von Schülern bedient worden. Damit sei die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tätigkeit eindeutig erwiesen. Abgesehen davon sei es in diesem Zusammenhang rechtlich überhaupt unerheblich, ob es tatsächlich zum Zeitpunkt der Feststellung zu gewerblichen Tätigkeiten durch die Entnahme von Waren gekommen sei, da nämlich gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 allein schon das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten werde. Es sei daher für die Tatbestandsverwirklichung ohne rechtliche Bedeutung, ob sich Kinder bzw. unmündige Minderjährige an den in Rede stehenden Automaten tatsächlich bedienten. Der Beschwerdeführer habe für seine Gattin und einen minderjährigen Sohn zu sorgen. Die Gattin beziehe jedoch selbst ein monatliches Nettoeinkommen von S 8.000,--. Das jährliche Nettoeinkommen des Beschwerdeführers belaufe sich auf S 290.000,--. Darüber hinaus sei er zur Hälfte Besitzer eines Geschäftsgrundstückes. Der ihm zustehende Anteil dieses Grundstückes stelle einen Einheitswert von S 2,071.000,-- dar. Weiters sei er Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einem Einheitswert von S 427.000,--. Nach Angaben des Beschwerdeführers belaufe sich sein derzeitiger Schuldenstand auf S 10,000.000,--. Die Behörde gehe bei der Strafbemessung von diesen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers aus. Sie sei der Auffassung, daß die verhängte Geldstrafe diesen persönlichen Verhältnissen nicht widerspreche. Bei der Strafbemessung sei auch zu berücksichtigen gewesen, daß die vom Beschwerdeführer übertretene Norm den Schutz unmündiger Minderjähriger vor dem durch Automaten besonders gefährdeten unüberlegten und übermäßigen Eingehen von Kaufgeschäften sowie die Erziehung von Jugendlichen zur Sparsamkeit zum Ziel habe. Selbst wenn man im vorliegenden Fall von keiner besonders großen Verletzung dieser rechtlich geschützten Werte ausgehe, sei nach Meinung der Berufungsbehörde eine Geldstrafe in der verhängten Höhe bei einem Strafrahmen bis S 20.000,-- nicht überhöht, zumal der Beschwerdeführer schon einschlägig vorbestraft sei. Milderungsgründe seien weder vom Beschwerdeführer vorgebracht worden, noch seien solche im Verfahren hervorgekommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 10. Juni 1991, Zl. B 27/91-10, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer Verjährung geltend und führt dazu aus, Grundlage des gegenständlichen Verfahrens sei eine Anzeige der Abteilung Wirtschaft der Erstbehörde. Dieser Anzeige könne weder ein ausreichender Tatort noch ein entsprechender Tatzeitpunkt entnommen werden. Anlaß für die Verfahrenseinleitung sei weiters der Umstand, daß der Beschwerdeführer einen Automaten trotz mehrmaliger Aufforderung nicht entfernt habe. Um überhaupt einen Tatvorwurf zustande zu bringen, hätten dann mehrmonatige Erhebungen seitens der Erstbehörde durchgeführt werden müssen. Ein tatsächlich vollständiger Tatvorwurf sei aber erstmalig mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 15. März 1990, sohin fast 1 Jahr nach Anzeigeerstattung gegeben. Des weiteren werde der Tatvorwurf auf eine Verordnung gegründet, bei der nicht erkennbar sei, von wem und in welcher Form sie erlassen worden sei. Es sei nicht erkennbar, ob im gegenständlichen Fall überhaupt die Verordnung ordnungsgemäß zustandegekommen sei. Diese Verordnung beinhalte weiters "keinen entsprechenden Sanktionsvorwurf". Es könne dieser Verordnung auch nicht entnommen werden, daß der gegenständliche Automat tatsächlich im Untersagungsbereich aufgestellt sei. Es fehlten weiters Erhebungen bezüglich der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers und der Betriebsbereitschaft des gegenständlichen Automaten. Mangelhaft sei weiters das Verfahren auch in bezug auf die Angemessenheit der verhängten Geldstrafe. Bereits in der Anzeige werde ohne jede nähere Begründung eine Strafhöhe von S 3.000,-- gefordert. Seitens der Erstbehörde seien in bezug auf die Strafhöhe keine wie immer gearteten Erhebungen durchgeführt worden. Diesen Mangel versuche die belangte Behörde nunmehr durch ergänzende Erhebungen bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu sanieren. Es könne aber sicherlich nicht Sinn und Zweck der Bestimmung des § 19 VStG sein, daß eine bereits vorgegebene Strafhöhe im nachhinein auf Grund nachträglicher Erhebungen als angemessen festgestellt werde.

In Erwiderung des Verjährung behauptenden Beschwerdevorbringens ist auf den Inhalt des Verwaltungsstrafaktes der Erstbehörde zu verweisen, wonach gegen den Beschwerdeführer am 14. September 1988, sohin bezogen auf die ihm zur Last gelegten Tatzeitpunkte innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VwGG, eine Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter erging, welche sämtliche ihm im nachfolgenden Straferkenntnis zur Last gelegten Tatbestandselemente enthält. Es ist somit innerhalb der Verjährungsfrist gegen den Beschwerdeführer eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG ergangen, sodaß entgegen dem Beschwerdevorbringen Verfolgungsverjährung nicht eingetreten ist.

Aktenwidrig ist die Behauptung in der Beschwerde, der Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bezau könne nicht entnommen werden, von wem und in welcher Form sie erlassen worden sei. In den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Verwaltungsstrafakten erliegt eine schriftliche Ausfertigung dieser Verordnung, welche die leserliche Unterschrift dieses Bürgermeisters trägt. Auch sind den Verwaltungsstrafakten keine Umstände entnehmbar, die gegen ein ordnungsgemäßes Zustandekommen dieser Verordnung sprechen. Auch das Beschwerdevorbringen enthält diesbezüglich keine konkreten Behauptungen. Es stellt auch keinen rechtlichen Mangel der in Rede stehenden Verordnung dar, daß sie "keinen entsprechenden Sanktionsvorwurf" enthält, da sich die Strafbarkeit eines Zuwiderhandelns gegen diese Verordnung aus § 367 Z. 15 GewO 1973 ergibt.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs. 1). Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Verwaltungsgerichtshof kann im Hinblick auf die oben wiedergegebenen, von der belangten Behörde herangezogenen Strafzumessungsgründe nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung den Anforderungen des § 19 VStG nicht entsprochen hätte. Auch der Beschwerdeführer vermag diesbezüglich nichts vorzubringen. Daß bereits die Erstbehörde ohne entsprechende Erhebungen zum gleichen Strafausmaß gelangte, vermag an der Rechtsrichtigkeit der Strafzumessung durch die belangte Behörde nichts zu ändern.

Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als nicht begründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991040174.X00

Im RIS seit

05.11.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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