TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/5 91/04/0167

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Veröffentlicht am 05.11.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z4 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
VStG §44a lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des J in N, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. Mai 1991, Zl. IIa-90.019/6-91, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. Mai 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, in der Zeit vom 3. Mai 1990 bis 14. Juli 1990 in N, auf der Grundparzelle 1636 KG N mehrere Lastkraftwagen, und zwar insbesondere die mit dem Kennzeichen T nn1 (zulässiges Gesamtgewicht 22 Tonnen), T nn2 (zulässiges Gesamtgewicht 22 Tonnen) und T nn3 (zulässiges Gesamtgewicht 22 Tonnen) abgestellt und gereinigt zu haben, obwohl er auf Grund der Betriebsanlagengenehmigung lediglich zum Abstellen einer Zugmaschine (Traktor) und eines Lastkraftwagens mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen sowie zum Betrieb einer Betriebstankstelle berechtigt sei. Der Beschuldigte habe dadurch die mit den Bescheiden vom 5. November 1948 und vom 7. März 1984 genehmigte Betriebsanlage in N, ohne die erforderliche Genehmigung nach § 81 GewO 1973 in geändertem Umfang betrieben und eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 81 Abs. 1 GewO 1973 begangen. Gemäß § 366 Abs. 1 (Einleitungssatz) leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe verhängt. Nach Darstellung des Verfahrensganges führte der Landeshauptmann zur Begründung aus, es sei unbestritten, daß der Beschwerdeführer nur im Besitz einer Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung eines Wohnhauses und einer Garage und einer Betriebstankstelle sei und daß er lediglich zum Abstellen von Lastkraftwagen bis zu 3,5 Tonnen berechtigt sei. Die Betriebsanlagengenehmigung für eine Tankstelle umfasse nicht die Berechtigung zum Abstellen von Lastkraftwagen. Unbestritten sei auch, daß sämtliche Fahrzeuge des Beschwerdeführers vom Genehmigungsumfang des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 5. November 1948 nicht erfaßt seien. Als mit diesem Bescheid genehmigte Maschinen und Geräte seien nur die zwei im Ansuchen genannten Traktoren anzusehen. Es sei weiters unbestritten, daß nach wie vor keine Genehmigung für das Abstellen von Lastkraftwagen über 3,5 Tonnen erteilt worden sei. Aus einer Aufstellung der Erstinstanz gehe hervor, daß auf den Namen des Beschwerdeführers eine Reihe von Lastkraftwagen zugelassen sei, unter denen das im erstbehördlichen Straferkenntnis genannte Fahrzeug T nn4 nicht zu finden sei. Es müsse sich daher um einen offensichtlichen Irrtum handeln. Eine Nachfrage habe ergeben, daß das Fahrzeug mit dem Kennzeichen T nn4 ein Pritschenwagen mit dem höchstzulässigen Gesamtgewicht von

3.135 kg sei, der einem Zirler gehöre. Der Irrtum gehe auch schon aus der Anzeige hervor, weil in der Anzeige vom 13. Juni 1990 angeführt worden sei, der zuletzt genannte Lastkraftwagen gehöre dem Beschwerdeführer. Ein Fahrzeug mit dieser Nummer sei aber in der Tatzeit nie auf den Beschwerdeführer zugelassen gewesen, womit als einzig mögliches Fahrzeug der Lastkraftwagen T nn3 verbleibe. Es stehe anhand der Aufstellung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, der Anzeigen, der Niederschriften mit dem Privatanzeiger sowie der Einvernahme der Gendarmeriebeamten fest, daß der Beschwerdeführer Fahrzeuge über 3,5 Tonnen in der Tatzeit ohne Betriebsanlagenänderungsgenehmigung auf der in Rede stehenden Betriebsanlage abgestellt und somit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 begangen habe. Als Schuldform müsse Vorsatz angenommen werden, da der Beschwerdeführer bereits durch vorhergehende rechtskräftige Bescheide davon Kenntnis gehabt habe, daß er keine Lastkraftwagen über 3,5 Tonnen auf dem Betriebsgelände abstellen dürfe. Es folgen sodann Ausführungen über die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht und ohne jedes Beweisergebnis davon ausgegangen, daß im Tatzeitpunkt auch der Lkw mit dem Kennzeichen T nn3 auf der Betriebsanlage abgestellt gewesen sei. Der angefochtene Bescheid verstoße ferner gegen § 8 AVG, weil der Beschwerdeführer vom Gendarmeriepostenkommando Neustift im Stubaital nicht zu den Anzeigen vernommen worden sei. Der Spruch des angefochtenen Bescheides verstoße gegen die Bestimmung des § 44 a lit. a VStG, weil darin nicht konkretisiert sei, wer die Lastkraftwagen abgestellt habe und ob der Beschwerdeführer als unmittelbarer Täter oder aber in einer bestimmten Organfunktion bestraft werde. Der Spruch verstoße im Hinblick auf die Zitierung der Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 81 Abs. 1 GewO 1973 auch gegen die Bestimmung des § 44 a lit. b VStG. Die belangte Behörde habe ferner außer acht gelassen, daß dem Beschwerdeführer die Errichtung einer Dieseltankstelle in der Betriebsanlage ausdrücklich gestattet worden sei. Sie habe es unterlassen, zu prüfen, ob das Abstellen der Fahrzeuge im Tatzeitraum nicht im Hinblick auf diese Genehmigung gerechtfertigt gewesen sei. Schließlich bekämpft der Beschwerdeführer auch die Strafbemessung.

Die Beschwerde erweist sich bereits auf Grund nachstehender Erwägungen als begründet.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Nach § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Zufolge § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

Gemäß § 44 a lit. a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11466/A).

Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut der Bestimmung des § 81 Abs. 1 GewO 1973 bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen. Ein Schuldspruch nach § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 muß daher, um das Erfordernis des § 44 a lit. a VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist. Ein derartiger Hinweis ist dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen.

Darüberhinaus hat sich die belangte Behörde auch im Rahmen der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht damit auseinandergesetzt, ob durch das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten auch dieses Tatbestandselement erfüllt wurde.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand, da die Vorlage von Ablichtungen aus den Verwaltungsstrafakten entbehrlich war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991040167.X00

Im RIS seit

05.11.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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