Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Reinhold K in Linz, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. Februar 1991, Zl. Ge-48.510/1-1991/Kut/Kai, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. Februar 1991 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29. Oktober 1990, mit dem über den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,-- (Ersatzarreststrafe vier Tage) verhängt worden war, gemäß § 51 Abs. 3 VStG als verspätet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das erstbehördliche Straferkenntnis sei laut dem im Verwaltungsakt erliegenden Zustellnachweis am Mittwoch, dem 21. November 1990, hinterlegt worden. Mit diesem Tag habe die gemäß § 51 Abs. 3 VStG 1950 mit zwei Wochen bemessene und nach § 32 Abs. 3 und § 33 AVG 1950 zu berechnende Berufungsfrist zu laufen begonnen, die danach mit Ablauf des Mittwoch, dem 5. Dezember 1990, geendet habe. Die gegenständliche Berufung sei jedoch vom ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers erst am Mittwoch, dem 19. Dezember 1990, zur Post gegeben worden. Die Berufung sei daher als verspätet eingebracht zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Entscheidung über seine Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis unter Abstandnahme von dem herangezogenen Zurückweisungsgrund verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz habe im Jahre 1990 ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet. Dieses Strafverfahren sei beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, zu GZ. 100-1/16 geführt worden und es habe sein ausgewiesener rechtsanwaltlicher Vertreter in diesem Verfahren am 28. September 1990 eine Stellungnahme erstattet. Durch die bereits zu GZ. 100-1/16 erliegende Vollmacht sei der ausgewiesene Vertreter im Sinne des § 9 Zustellgesetz Zustellbevollmächtigter. Trotz dieser Tatsache sei das Straferkenntnis vom 29. Oktober 1990, GZ. 100-1/16, an den Beschwerdeführer selbst und nicht an seinen ausgewiesenen Vertreter zugestellt worden. Diese Zustellung sei, wie ein Telefongespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin ergeben habe, irrtümlich erfolgt. Der ausgewiesene Vertreter habe erst am 5. Dezember 1990 vom erstbehördlichen Straferkenntnis Kenntnis erlangt und habe innerhalb offener Frist am 19. Dezember 1990 dagegen Berufung eingebracht. Es sei in dieser Berufung auch auf die Umstände der Zustellung bzw. der Zustellvorgänge eingegangen worden. Trotz dieses Sachverhaltes sei der nunmehr angefochtene Bescheid ergangen. Zum Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses und somit zum Zeitpunkt der Zustellung dieses Straferkenntnisses an ihn sei aber der einschreitende Rechtsanwalt bereits ausgewiesen gewesen. Das Straferkenntnis hätte daher gemäß § 9 Zustellgesetz an diesen zugestellt werden müssen. Dem Zustellbevollmächtigten sei das Straferkenntnis am 5. Dezember 1990 tatsächlich zugekommen; die Berufung sei daher am 19. Dezember 1990 fristgerecht erhoben worden.
Die belangte Behörde bringt hiezu in ihrer Gegenschrift u. a. vor, es sei richtig, daß der nunmehr ausgewiesene Vertreter des Beschwerdeführers über Aufforderung zur Rechtfertigung mit Schriftsatz vom 28. September 1990 zu dem dem Beschwerdeführer angelasteten Vorwurf der unbefugten Ausübung des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften beim Magistrat Linz eine Stellungnahme abgegeben habe. Dieser Stellungnahme sei jedoch keine Vollmacht des Beschwerdeführers angeschlossen gewesen. Der nunmehrige Hinweis des Beschwerdeführers auf die Vollmacht im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof im Bewilligungsverfahren zur Erlangung der gegenständlichen Konzession (Ge-38.847/91) könne die fehlende Vollmacht im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht ersetzen.
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu:
Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens erging an den Beschwerdeführer auf Grund einer Strafanzeige des Landesarbeitsamtes für Oberösterreich vom 16. August 1990 mit 29. August 1990 die Aufforderung zur Rechtfertigung zu dem dort näher bezeichneten Vorwurf einer Verwaltungsübertretung. Daraufhin erstattete der Beschwerdeführer die Stellungnahme vom 28. September 1990, in dessen Rubrum der Passus aufscheint "vertreten durch: Rechtsanwalt Dr. S ...", mit dem weiteren Vermerk: "VM ausgewiesen zu 100-1/16". Einleitend wird in der Stellungnahme ausgeführt, in der bezeichneten Verwaltungsstrafsache habe der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter Akteneinsicht genommen und erstatte innerhalb offener Frist die nachstehende Stellungnahme. In der Folge erging gegen den Beschwerdeführer das erstbehördliche Straferkenntnis vom 29. Oktober 1990, laut dessen an den Beschwerdeführer adressierten Zustellnachweis die Hinterlegung des Straferkenntnisses am 21. November 1990 erfolgte.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer durch den vorbezeichneten Vertreter mit dem Vermerk "VM ausgewiesen" Berufung, in der einleitend vorgebracht wurde, das erstbehördliche Straferkenntnis sei zu Handen des Beschwerdeführers zugestellt worden, obwohl im gegenständlichen Verfahren der gefertigte Anwalt als dessen Vertreter ausgewiesen sei. Der gefertigte Anwalt habe am 5. Dezember 1990 Kenntnis vom erstbehördlichen Straferkenntnis erlangt, weshalb innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung eingebracht werde.
Gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 - anzuwenden im Beschwerdefall in seiner Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 gemäß deren Art. IV Abs. 2 (vgl. hiezu auch Anlage 2 der Wiederverlautbarungs-Kundmachung BGBl. Nr. 51/1991) - i.V.m.
§ 24 VStG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.
Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem der Schriftsatz dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Daß im Beschwerdefall eine im Sinne der Tatbestandsmerkmale des § 10 Abs. 1 AVG 1950 qualifizierte Vollmachtsvorlage seitens des nunmehrigen Vertreters des Beschwerdeführers erfolgt wäre, ergibt sich aus der dargestellten Aktenlage nicht. Für eine gegenteilige Annahme finden sich auch weder Hinweise in der vordargestellten Einleitungsanführung des Stellungnahme-Schriftsatzes vom 28. September 1990 noch auch in den gleichfalls vordargestellten, in Hinsicht auf die Umstände des allfälligen Vollmachtsnachweises im Verwaltungsstrafverfahren nicht näher konkretisierten Ausführungen in der Einleitung des Berufungsschriftsatzes gegen das erstbehördliche Straferkenntnis. Weiters ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß auch in der Beschwerde kein zur Dartuung einer Verfahrensrüge entsprechend konkretisiertes Vorbringen über die näheren Umstände des behaupteten Vollmachtsnachweises erstattet und daß ferner auch den Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde, über den Mangel eines im verfahrensgegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren erfolgten Vollmachtsnachweises seitens des Beschwerdeführers nicht widersprochen wurde.
Ausgehend davon bestand aber für die belangte Behörde keine gesetzliche Grundlage für die Zustellung des erstbehördlichen Straferkenntnisses an den nunmehr ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers. Es kann daher der belangten Behörde weder eine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet noch ihr auch ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel vorgeworfen werden, wenn sie zur Annahme gelangte, daß die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstbehördlichen Bescheid verspätet eingebracht worden sei.
Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991040133.X00Im RIS seit
05.11.1991