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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des NN in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3. September 1991, Zl. St-108/3/91, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3. September 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. Mai 1991 gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer der Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. Mai 1991, mit dem diese gegen ihn ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen habe, am 21. Mai 1991 im Polizeigefangenenhaus Linz zugestellt worden sei, weshalb die Berufungsfrist am Dienstag, dem 4. Juni 1991, geendet habe. Die Berufung sei jedoch erst am 5. Juni 1991 zur Post gegeben worden und demnach verspätet. Im Wiedereinsetzungsantrag werde vorgebracht, der Beschwerdeführer habe am 23. Mai 1991 die Kanzlei seines damaligen Rechtsvertreters in Wien aufgesucht. Dieser habe bei der Berechnung der Berufungsfrist angenommen, daß ein mit 21. Mai 1991 datierter Bescheid frühestens am 22. Mai 1991 mit der Post habe zugestellt werden können. Die Zustellung des Bescheides am selben Tag, mit dem er datiert sei, sei etwas völlig Ungewöhnliches, mit dem der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht habe rechnen können, sodaß zumindest ein minderer Grad des Versehens vorliege.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß es nicht als minderer Grad des Versehens angesehen werden könne, wenn sich der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht nach dem Tag der Zustellung erkundigt habe, weshalb der Wiedereinsetzungsantrag selbst bei Zugrundelegung des im Antrag enthaltenen Vorbringens nicht berechtigt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowohl zu § 71 Abs. 1 AVG als auch zu § 46 Abs. 1 VwGG ist das Verschulden eines Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen (vgl. den Beschluß vom 13. Juni 1989, Zlen. 89/11/0135, 0136). Dem Beschwerdeführer ist daher das Verschulden seines Rechtsvertreters im Verwaltungsverfahren zuzurechnen. Die Auffassung der belangten Behörde, daß nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens gesprochen werden kann, wenn der Vertreter des Beschwerdeführers nicht einmal den Versuch unternommen hat, den Zustelltag festzustellen, sondern sich diesbezüglich auf Vermutungen beschränkt hat, ist nicht rechtswidrig, insbesondere wenn man bedenkt, daß an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige Personen (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 23. April 1990, Zlen. 90/19/0179, 0213, 0214).
3. In der Beschwerde erstattet der Beschwerdeführer insofern ein neues Tatsachenvorbringen, als er behauptet, er habe noch am 21. Mai 1991 den Bescheid selbst an seinen Rechtsvertreter übergeben und ihn beauftragt, dagegen alle erforderlichen Rechtsmittel zu ergreifen. Dem Beschwerdeführer selbst könne daher keinerlei Versäumnis bzw. mangelnde Aufklärung seines Rechtsvertreters angelastet werden.
Dieses Vorbringen kann dem Beschwerdeführer schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil selbst bei Zugrundelegung dieses Vorbringes kein Grund erkennbar ist, warum den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers an der Versäumung der Berufungsfrist nur ein minderer Grad des Versehens treffen soll.
4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei dieser Sachlage ist eine gesonderte Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen (zur hg. Zl. AW 91/19/0079 protokollierten) Antrag, der Beschwerde gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991190302.X00Im RIS seit
11.11.1991