TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/12 91/05/0145

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Veröffentlicht am 12.11.1991
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1 litc;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Sylvia R in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 22. Mai 1991, Zl. MD-VfR-B XXIII-8/91, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Hans P in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 17. Dezember 1990 wurde dem Mitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf jederzeitigen Widerruf die nachträgliche Bewilligung erteilt, auf der Liegenschaft Wien 23., A-Straße 80, "die nachstehend beschriebene Bauführung vorzunehmen:

Unter Nichteinhaltung der mit Bescheid der MA 37/V vom 6. Februar 1990, Zahl MA 37/V-23., Endresstraße 80/8466/89 bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen, wurde anstelle einer bewilligten Verkaufshütte eine größere und ca. 6,00 m nach Westen verschobene errichtet. Die Verkaufshütte enthält einen Aufenthaltsraum (elektrisch beheizt), zwei Lagerräume und einen Vorraum.

Unter einem wird die Bauführung in öffentlich-rechtlicher Beziehung für zulässig erklärt:

Die Zustimmung der Grundeigentümerin Frau Sylvia R ist durch das auf dem Privatrechtsweg erwirkte rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 27. März 1989, Zl. 2 C 2214/87k/14, sowie die dazu ergangene Berufungsentscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. September 1989, Zl. 48 R 332/89, welche ebenfalls in Rechtskraft erwachsen ist, gegeben. Die im Baubewilligungsverfahren seitens der Grundeigentümerin erhobenen Einwendungen werden als unzulässig zurückgewiesen.

Vorgeschrieben wird:

1)

Die eingangs bewilligte bauliche Herstellung ist auf jederzeit mögliches Verlangen der Behörde ohne Anspruch auf Entschädigung oder den Ersatz irgendwelcher Kosten abzutragen. Für die Erfüllung dieser Verpflichtung haften der Bauwerber, dessen Rechtsnachfolger und der jeweilige Grundeigentümer.

Das Bestehen dieser Verpflichtung ist gemäß § 130 Abs. 2 lit. g BO im Grundbuch ersichtlich zu machen. Die Ersichtlichmachung wird von Amts wegen veranlaßt werden.

2)

Vom Erfordernis einer Benützungsbewilligung wird gemäß § 128 Abs. 1 BO Abstand genommen."

Auf Grund der dagegen von der Beschwerdeführerin rechtzeitig erhobenen Berufung wurde der erstinstanzliche Bescheid mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 22. Mai 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahin abgeändert, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 71 der Bauordnung für Wien (BO) wird nach Maßgabe des zum Bestandteil dieses Bescheides erklärten Planes auf Widerruf die nachträgliche Bewilligung für die in Wien 23, A-Straße 80, auf der Liegenschaft EZ nn der KG Mauer errichtete Verkaufshütte erteilt. Die Verkaufshütte enthält einen elektrisch beheizten Aufenthaltsraum, zwei Lagerräume und einen Vorraum.

Die Einwendungen der Grundeigentümerin, einem den Trafikkiosk betreffenden Abtragungsauftrag sei nicht entsprochen worden, der Kiosk sei ein ursprünglich konsensloses Bauwerk und die Errichtung dieses Bauwerks sei im Parkschutzgebiet unzulässig, werden als unzulässig zurückgewiesen. Die Einwendung der Grundeigentümerin, durch die Nichtabtragung des Kioskes würden ihr im Falle des Verkaufs der Liegenschaft erhebliche finanzielle Nachteile erwachsen, wird als privatrechtliche Einwendung auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Vorgeschrieben wird:

1)

Die eingangs bewilligte bauliche Herstellung ist nach Widerruf der Bewilligung ohne Anspruch auf Ersatz der Kosten und Entschädigung abzutragen.

Das Bestehen dieser Verpflichtung ist gemäß § 130 Abs. 2 lit. g BO im Grundbuch ersichtlich zu machen. Die Ersichtlichmachung wird von Amts wegen veranlaßt werden.

2)

Vom Erfordernis einer Benützungsbewilligung wird gemäß § 128 Abs. 1 BO Abstand genommen."

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien hat der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) anzuschließen, wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist.

Die Zustimmung des Grundeigentümers ist, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer (Alleineigentümer) ist, nur ein Beleg des Bauansuchens und kann, wie auch die Beschwerdeführerin ausdrücklich zugesteht, durch Richterspruch ersetzt werden. Daraus ergibt sich, daß der Grundeigentümer am Bauverfahren regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teilnimmt, ob die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liquid erforderliche Zustimmung vorliegt oder nicht. Darüber hinaus kann der Grundeigentümer etwa noch Partei des Bauverfahrens hinsichtlich sein Eigentum unmittelbar betreffender Auflagen sein. So gesehen genießt der Grundeigentümer im Baubewilligungsverfahren eine sehr eingeschränkte Parteistellung (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 82/05/0043, BauSlg. Nr. 1037).

Der Beschwerdeführerin wurde daher auch in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Baubewilligungsverfahren Parteistellung eingeräumt, was schon daraus hervorgeht, daß ihre Berufung gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid mit dem angefochtenen Bescheid nicht nur nicht zurückgewiesen worden ist, sondern sogar dazu geführt hat, daß der Spruch des Bescheides der Baubehörde erster Instanz in der schon in der Sachverhaltsdarstellung umschriebenen Weise geändert worden ist. Durch die kraft ihrer Eigenschaft als Eigentümerin des Baugrundes beschränkte Parteistellung der Beschwerdeführerin ist ihr allerdings - entgegen ihrer Meinung - kein Mitspracherecht hinsichtlich der Frage eingeräumt, ob "Widersprüche des Projektes zu den Bestimmungen der Bauordnung bzw. auch des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes" vorliegen, da zufolge § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien hinsichtlich der Frage, ob der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren, nur den Eigentümern (Miteigentümern) der BENACHBARTEN Liegenschaften Parteistellung zusteht. Der Grundeigentümer bedarf auch derartiger Parteienrechte nicht, wenn man bedenkt, daß er die Erteilung der Baubewilligung - ohne Darlegung der hiefür maßgebenden Motive - allein durch die Verweigerung seiner Zustimmung zum Bauvorhaben verhindern kann, sofern die fehlende Zustimmung nicht durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt wird. Im übrigen hat sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf das hg. Erkenntnis vom 6. November 1962, Zl. 166/62, berufen, weil sich das darin erwähnte Recht des Miteigentümers, gegen eine Baubewilligung Einwendungen und in weiterer Folge Berufung zu erheben, ausdrücklich auf die Möglichkeit der Verletzung subjektiver, aus der Bauordnung erfließender Rechte des NACHBARN bezieht.

Die belangte Behörde hat daher richtig erkannt, daß für den Ausgang des Verfahrens die Frage wesentlich ist, ob das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 27. März 1989 die Zustimmung der Beschwerdeführerin zur Bauführung des Mitbeteiligten ersetzt, was auf die Frage hinausläuft, ob das in der Anlage zum Gerichtsurteil dargestellte Vorhaben mit jenem übereinstimmt, welches in dem während des von der belangten Behörde durchgeführten Berufungsverfahrens vorgelegten Plan dargestellt ist.

Der Gerichtshof schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, daß die auf dem geplanten Kiosk anzubringenden Buchstaben ("Trafik") nur ein untergeordnetes Gestaltungselement darstellen und nichts daran zu ändern vermögen, daß weiterhin von der durch rechtskräftigen Gerichtsbeschluß ersetzten Zustimmung der Beschwerdeführerin zum Bauvorhaben des Mitbeteiligten auszugehen ist, zumal die im geänderten Plan vorgesehenen Buchstaben sogar noch kleiner sind als jene, welche in dem der erwähnten gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegenen Plan eingezeichnet sind. Gleiches gilt auch hinsichtlich des Umstandes, daß nach dem einen Bestandteil des angefochtenen Bescheides bildenden Bauplan die "Vorderfront dunkelgrün" gefärbt sein soll, wobei darauf hinzuweisen ist, daß der dem Gerichtsurteil zugrunde gelegte Plan überhaupt keine Hinweise auf die farbliche Gestaltung der Vorderfront enthält, also, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend angenommen hat, davon auszugehen ist, daß durch die in Rede stehende gerichtliche Entscheidung eine Gestaltung der Fassade gedeckt ist, für welche eine baubehördliche Bewilligung erteilt werden darf.

Im übrigen hält es der Gerichtshof unter dem Gesichtspunkt der durch Gerichtsurteil ersetzten Zustimmung der Grundeigentümerin für unbeachtlich, daß in dem vom Spruch der gerichtlichen Entscheidung erfaßten Plan von einer "Bewilligung der Standortveränderung und Erweiterung der Verkaufshütte" die Rede ist, während der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Plan von der nachträglichen "Bewilligung der Errichtung einer Verkaufshütte" spricht, weil weder dem Urteil des Erstgerichtes noch jenem des Berufungsgerichtes entnommen werden kann, daß dem erwähnten Titel des Einreichplanes bei der getroffenen Entscheidung irgendeine Bedeutung beigemessen worden ist. Der Beschwerdeführerin kann daher nicht gefolgt

werden, daß das Bezirksgericht Liesing "möglicherweise .... auf

Grund eines nunmehr vollkommen geänderten Begehrens zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre", weshalb dessen Urteil nicht als Zustimmung zu der in Rede stehenden Bauführung gelten könne. Es ist auch nicht von Bedeutung, daß der ursprünglich im Zuge des Baubewilligungsverfahrens vorgelegte Einreichplan "insgesamt sieben mit weißem Lack korrigierte Stellen aufwies, die nicht vom Bauführer und Planverfasser durchgeführt wurden", weil die im Akt erliegende Ausfertigung des mit dem Genehmigungsvermerk der belangten Behörde versehenen Einreichplanes jedenfalls keine derartigen Korrekturen aufweist und allein wesentlich ist, ob dieser letztlich baubehördlich genehmigte Plan mit jenem Projekt übereinstimmt, welches Gegenstand der erwähnten gerichtlichen Entscheidungen war. Von einer derartigen Annahme ist aber die belangte Behörde mit Recht ausgegangen, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, daß nach dem dem erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid zugrunde gelegenen Einreichplan eine wesentliche Erweiterung des Kioskes durch ein Vordach vorgesehen war, weil der Mitbeteiligte auf diesen Teil seines Vorhabens im Zuge des Berufungsverfahrens verzichtet hat.

Schließlich ist es für die Lösung der im Beschwerdefall wesentlichen Frage, ob die Zustimmung der Beschwerdeführerin als Grundeigentümerin zu dem Bauvorhaben durch Gerichtsbeschluß ersetzt worden ist, ohne Belang, ob das bereits an anderer Stelle ihrer Liegenschaft bestehende Objekt "nach wie vor ein konsensloser Bau ist", weil diesbezügliche Erwägungen im Zusammenhang mit der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien zur Erteilung der Baubewilligung für das vom Mitbeteiligten geplante Objekt nicht anzustellen waren.

Durch die Erteilung der beantragten Bewilligung an den Mitbeteiligten sind daher keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin verletzt worden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und demgemäß zufolge § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer RechtsnachfolgerUmfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte Parteistellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991050145.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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