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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KDV 1967 §30 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 13. Februar 1991, Zl. 9/01-34.001/4-1991, betreffend Erteilung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 13. Februar 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Mai 1990 auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B unter Bezugnahme auf § 64 Abs. 2 KFG 1967 in Verbindung mit § 69 Abs. 1 lit. d leg. cit. abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die mangelnde Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen A und B "insofern" angenommen, "weil der Genannte an einer psychischen Erkrankung leidet und dadurch ein Zustand gegeben ist, durch den die erforderliche Verkehrsanpassung nicht mehr gegeben ist". Dabei hat sie sich auf ein amtsärztliches Gutachten vom 11. Dezember 1990 gestützt, welches wie folgt lautet:
"Bei der eigenen Untersuchung" (welche am 19. Juli 1990 stattfand) "ist vor allem der gesteigerte Antrieb, die Aggressivität, die Rastlosigkeit und die Sprechweise, alle Symptome, die einem manischen Zustandsbild entsprechen, auffällig. Zusätzlich wird noch eine verminderte Merkfähigkeit, sowie Symptome einer Raucherbronchitis und ein verwackelter Finger-Finger- und Finger-Nase-Versuch festgestellt. Der psychiatrisch-verkehrspsychologische Befund der Arbeitsgruppe für sozialgerichtliche Neurologie und Psychiatrie am Institut für gerichtliche Medizin der Universität Salzburg vom 31. 8. 1990 zeigt, daß bei Wiederholung der verkehrspsychologischen Leistungstests normale Werte erreicht werden, jedoch das Verhalten nicht der Untersuchungssituation entspricht, er distanzlos, leicht versandet wirkt und die Frage einer schizo-affektiven Psychose aufgeworfen werden muß und wird hier auch die befristete Wiedererteilung der Lenkerberechtigung von einer nachweislichen Therapie der psychischen Erkrankung abhängig gemacht. Aus diesem Befund geht auch hervor, daß Herr G nicht erst einmal, sondern bereits dreimal stationär an der LNK infolge eines manischen Zustandsbildes gewesen ist.
Der Arztbrief der Landesnervenklinik Salzburg, Psychiatrische Krankenhausabteilung, vom 2. 11. 1990 zeigt, daß neuerlich eine Aufnahme des Probanden vom 17. 10. bis 25. 10. 1990 infolge eines manischen Zustandsbildes erforderlich war und eine Therapie begonnen wurde.
Dieser neuerliche Befund bestätigt, daß bei Herrn G eine psychische Erkrankung vorliegt, welche mit Aggressivität, Antriebs- und Aktivitätssteigerung mit vermehrtem Gedankenzustrom und Verlust der Kritikfähigkeit in den manischen Phasen einhergeht, was vor allem zu mangelhafter Verkehrsanpassung im Straßenverkehr führt. Zudem muß auch mit völligem Kontrollverlust über sich selbst gerechnet werden. Aufgrund dieser psychischen Erkrankung, welche einer längerdauernden medikamentösen Therapie zur Stabilisierung erfordert, ist Herr G derzeit nicht geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B zu lenken."
Die belangte Behörde hat demnach die geistige Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen verneint. Dies durfte sie (auf dem Boden des eingeholten Gutachtens) nur dann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß der Beschwerdeführer nicht im Sinne des § 30 Abs. 1 Z. 1 KDV 1967 für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften ausreichend frei von psychischen Krankheiten ist. Gemäß § 31 KDV 1967 gelten Personen als ausreichend frei von psychischen Krankheiten und geistigen Behinderungen im Sinne des § 30 Abs. 1 Z. 1, bei denen weder Erscheinungsformen von solchen Krankheiten oder Behinderungen, noch schwere geistige und seelische Störungen vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht eines krankhaften Zustandes ergibt, der die geistige Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine Untersuchung durch einen entsprechenden Facharzt, die eine Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten einzubeziehen hat, anzuordnen. Es wurde eine derartige fachärztliche Untersuchung - deren Ergebnis nach der klaren Absicht des Verordnungsgebers in Übereinstimmung mit § 67 Abs. 2 KFG 1967 bei der Erstattung des ärztlichen Gutachtens maßgebliche Bedeutung zukommt - am 27. und 31. Juli 1990 vorgenommen und im amtsärztlichen Gutachten auf den daraufhin erstellten Befund vom 31. August 1990 Bezug genommen. Darin wurde - ohne vollständige Wiedergabe im Gutachten - auch ausgeführt, daß "gegenüber diesen früheren Zeiträumen" - gemeint sind die stationären Aufenthalte des Beschwerdeführers in der Landesnervenklinik (das erste Mal im Jahre 1985, die beiden anderen Male im Jahre 1989, zuletzt bis 18. Juli dieses Jahres) - "sich sein psychischer Gesundheitszustand weitgehendst konsolidiert hat", er "jetzt wiederum arbeitsfähig ist, d.h. die berufliche und soziale Rehabilitierung ihm weitgehendst gelungen ist" und "psychiatrisch ein minimaler Defektzustand mit Erstarrung besteht, was die Frage aufwirft, ob nicht doch über die reine Manie eine schizo-affektive Psychose vorlag". Weiters heißt es darin, daß der Beschwerdeführer "bei einer kraftfahrzeugspezifischen Leistungsuntersuchung Normwerte erreicht hat", "die formalen Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen bestehen" und der Beschwerdeführer "darüber hinaus vor Ausbruch seiner Erkrankung eine relativ reiche Verkehrserfahrung erworben hat, sodaß sicher auch Kompensationsmöglichkeiten bestehen". Abschließend wurde darin die Ansicht vertreten, daß es "bedenklich ist, wenn der Untersuchte derzeit keinerlei Medikation einnimmt, auch keine Litiumprophylaxe", "Voraussetzung zur vorerst befristeten Wiedererteilung des Führerscheines der Gruppe B die Einstellung auf Quilonorm retard 2x1 und den Nachweis mittels Blutspiegelbefund, daß er die Medikamente auch nimmt, wäre", und "es ihm dann auferlegt werden sollte, daß er beim Amtsarzt vierteljährlich einen Blutspiegelbefund über die Litiumeinnahme vorlegt". Damit wurde - sollen die getroffenen Aussagen miteinander in Einklang gebracht werden - zusammenfassend zum Ausdruck gebracht, daß der Beschwerdeführer weiterhin (wenn auch gegenüber früher eine Besserung eingetreten ist) an einer psychischen Erkrankung leidet, die aber vom psychiatrischen Standpunkt aus ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit die Annahme seiner bedingten Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht ausschließt, nämlich unter der Voraussetzung einer entsprechenden Medikation, die er zur Zeit nicht einhält, wobei im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b KFG 1967 Nachuntersuchungen erforderlich wären. Das bedeutet, daß der vom Facharzt festgestellten psychischen Erkrankung des Beschwerdefühers zwar wirksam mit einer entsprechenden Therapie begegnet werden kann, wenn sich aber der Beschwerdeführer einer solchen Therapie nicht unterzieht, die Erteilung einer Lenkerberechtigung medizinisch nicht vertreten werden kann.
Nun steht fest, daß sich der Beschwerdeführer im Oktober 1990 neuerlich in einer manischen Phase (mit dem sich daraus ergebenden, auch auf sein Verhalten im Straßenverkehr auswirkenden Zustandsbild) befunden hat, woraus abgeleitet werden muß, daß der Beschwerdeführer die vom Facharzt geforderte Medikamteneinnahme zumindest in ausreichendem Maße unterlassen und schon deshalb die genannten Voraussetzungen für die Erteilung einer befristeten Lenkerberechtigung nicht erfüllt hat. Wenn daher die Amtsärztin der belangten Behörde auf die mangelnde geistige Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen geschlossen hat, so hat sie sich damit - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht in Widerspruch zum fachärztlichen Befund gesetzt, sondern diesen vielmehr entsprechend verwertet. Der Beschwerdeführer ist dem Gutachten im Verwaltungsverfahren nicht gehörig entgegengetreten, wobei er in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 3. Februar 1991 ausdrücklich betont hat, daß er "auch keine Medikamente brauche, denn ich lasse mich nicht süchtig oder abhängig davon machen", womit er zu erkennen gegeben hat, daß er gar nicht bereit ist, die als notwendig erkannte Therapie durchzuführen. Der Beschwerdeführer vertritt den Standpunkt, daß ihm auf Grund des Facharztbefundes die Lenkerberechtigung "zumindest für die Gruppe B unter den genannten Auflagen vorerst befristet zu erteilen gewesen wäre", übersieht aber, daß auch die Erteilung einer befristeten Lenkerberechtigung nur bei Vorliegen seiner geistigen Eignung in Betracht kommt und davon erst dann ausgegangen werden könnte, wenn er (im Sinne dieses Befundes) einen entsprechenden Therapienachweis erbringt und damit gerechnet werden kann, daß er auch in der Folge, solange medizinisch erforderlich, diese Medikamente einnimmt. Auf das weitere Beschwerdevorbringen, das auf diesem falschen Verständnis vom fachärztlichen Befund beruht, braucht daher nicht mehr näher eingegangen zu werden.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991110029.X00Im RIS seit
12.06.2001