TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/12 91/05/0155

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Veröffentlicht am 12.11.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des J in Atzenbrugg, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Krems, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Juni 1991, Zl. R/1-V-912/1, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) FN und 2) SN, beide in A, 3) Gemeinde A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ladung vom 31. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführer als Nachbar zur Bauverhandlung am 16. Februar 1990 ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 42 AVG geladen. Gegenstand des Verfahrens war der Neubau eines Schweinestalles sowie einer Jauche- und Güllegrube. Bei der Verhandlung sprach sich der Beschwerdeführer gegen die Errichtung der Jauche- und Güllebehälter aus, wobei er nach der Verhandlungsschrift sein Vorbringen nicht näher begründete, eine Begründung jedoch innerhalb der Rechtsmittelfrist in Aussicht stellte.

Mit Bescheid vom 25. September 1990 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den mitbeteiligten Bauwerbern zunächst nur die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung der Jauche- und Güllegrube.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wies der Gemeinderat als unbegründet ab. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung gab die NÖ Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Beschwerdeführer gegen das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerber keine Einwendung im Sinne des § 42 AVG erhoben habe, zumal seine Erklärung anläßlich der Bauverhandlung vor der Baubehörde erster Instanz keine Rechtsverletzung erkennen lasse. Aus der Vorschrift des § 42 AVG ergebe sich aber, daß Einwendungen spätestens bei der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden müßten, was ausschließe, daß sich ein Verhandlungsteilnehmer in irgendeiner Form vorbehalten könne, später Einwendungen zu erheben. Die damit im Beschwerdefall eingetretene Präklusion sei für das ganze weitere Verfahren verbindlich. Der erstmals in der Berufung erhobene Einwand einer Geruchsbelästigung sei daher verspätet vorgebracht worden.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Auch der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er bei der Bauverhandlung vor der Baubehörde erster Instanz keine konkretisierten Einwendungen erhoben habe. Das bedeutet aber, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt hat, daß der Beschwerdeführer gegen das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerber rechtzeitig keine Einwendungen im Sinne des § 42 AVG erhoben hat. Aus der Bestimmung des § 42 Abs. 1 AVG erwächst aber dem Bauwerber das Recht, daß die Behörde ein Vorbringen des Nachbarn nur dann zu einer Sachentscheidung annehmen darf, wenn er sich seines Rechtes, das Bauvorhaben zu bekämpfen, nicht verschwiegen hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, und in ständiger Rechtsprechung seither ausgeführt hat, haben die Rechtsfolgen der Präklusion die Berufungsbehörde, die Gemeindeaufsichtsbehörde und auch der Verwaltungsgerichtshof selbst zu beachten. Aus welchen Gründen ein Nachbar keine Einwendungen erhoben hat, ist hiebei rechtlich unerheblich. Zu Recht hat auch die belangte Behörde schon darauf verwiesen, daß sich aus der Vorschrift des § 42 AVG ergibt, daß sich kein Verhandlungsteilnehmer in irgendeiner Form vorbehalten kann, später Einwendungen zu erheben (vgl. etwa schon das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juli 1957, Zl. 1778/56, und viele andere). Wenn daher der Beschwerdeführer auch zu Recht darauf verweist, daß der Grundsatz der Amtswegigkeit und der Grundsatz der materiellen Wahrheit nach den Bestimmungen des AVG auch die Baubehörde zu entsprechenden Sachverhaltsermittlungen verpflichtet, so kann eine präkludierte Partei eine solche Rechtsverletzung nicht zu Recht geltend machen, ist doch die eingetretene Wirkung der Präklusion nach § 42 AVG zu beachten.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991050155.X00

Im RIS seit

12.11.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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