Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art18 Abs1, Abs2Leitsatz
Unbestimmtheit einer Verordnungsermächtigung im Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetz zur Erlassung eines Verbotes der Benützung von Güterwegen durch Unbefugte mangels ausreichender Umschreibung des Personenkreises der zur Wegebenutzung Befugten im Gesetz angesichts der Strafbarkeit einer Benutzung durch Unbefugte; Gesetzwidrigkeit einer darauf beruhenden Verordnung über die Benützung eines GüterwegesSpruch
I. §11 Abs2 des Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetzes, LGBl. Nr. 25/1963, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 42/1984 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2007 in Kraft.
Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Landeshauptmann von Vorarlberg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
II. Die Verordnung der Agrarbezirksbehörde Bregenz über das Verbot der Benützung des Güterweges Bartholomäberg-Sassella-Obersassella, Amtsblatt für das Land Vorarlberg Nr. 29/1995, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2007 in Kraft.
Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. §11 des Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetzes, LGBl. Nr. 25/1963, lautet in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 42/1984 (in Prüfung gezogener, mit dieser Novelle eingeführter Abs2 hervorgehoben):
"Güter- und Seilwege
§11
(1) Zur Anlage und zum Betriebe eines in Ausübung eines Bringungsrechtes errichteten Güter- oder Seilweges - eines Güterweges dann, wenn durch ihn öffentliche Interessen berührt oder für ihn öffentliche Mittel beansprucht werden - ist eine besondere Bewilligung der Agrarbehörde erforderlich. Bei Erteilung dieser Bewilligung sind die Bestimmungen der §§3 und 4 dieses Gesetzes anzuwenden. Der diesbezügliche Bescheid hat insbesondere Bestimmungen über Betrieb, Erhaltung und Beaufsichtigung des Güter- oder Seilweges sowie bei gemeinschaftlichen Güter- oder Seilwegen auch über Verteilung der gemeinsamen Kosten und Arbeitsleistungen zu enthalten.
(2) Die Behörde kann nach Anhörung der betroffenen Gemeinden durch Verordnung die Benützung von Güterwegen durch Unbefugte verbieten. Davon ausgenommen ist die Benützung durch Fußgänger.
(3) Die Landesregierung hat durch Verordnung die zur Sicherheit des Betriebes solcher Seilwege erforderlichen Vorschriften zu erlassen. Hiebei sind insbesondere Bestimmungen über Inhalt des Bauentwurfes, Bauabstände, Bauverbotsbereiche, Stations- und Streckenbauwerke sowie deren technische Ausrüstung, Seile und Schienen, Fahrbetriebsmittel, Signaleinrichtungen und den Betrieb zu erlassen.
(4) Die Kosten der Errichtung und Erhaltung von Sicherheitsvorrichtungen, die an bestehenden Anlagen und Leitungen vorgenommen werden müssen, die von einem solchen Güter- oder Seilwege gekreuzt werden sollen, sind von dem zur Anlegung des Güter- oder Seilweges Berechtigten dem Eigentümer der Anlage oder Leitung zu ersetzen."
Am 15. Juli 1995 erschien im Amtsblatt für das Land Vorarlberg unter Nr. 29 die in Prüfung gezogene Verordnung der Agrarbezirksbehörde Bregenz über das Verbot der Benützung des Güterweges Bartholomäberg-Sassella-Obersassella, folgenden Inhalts:
"Die Benützung des Güterweges Bartholomäberg-Sassella-Obersassella mit Kraftfahrzeugen ist ab dem Beginn des Weges, gemäß §11 Abs2 Güter- und Seilwegegesetz verboten.
Ausgenommen von diesem Verbot sind die Inhaber von Berechtigungsscheinen.
Der Berechtigungsschein ist bei der Benützung des Güteweges stets mitzuführen und im Fahrzeug gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe aufzulegen.
Zuwiderhandlungen werden gemäß §21 Abs1 Güter- und Seilwegegesetz mit Geldstrafen bis S 10.000,- oder Arrest bis zu 4 Wochen bestraft.
Diese Verordnung tritt mit 12. Juli 1995 in Kraft."
1. Mit dem beim Verfassungsgerichtshof zu B1176/05 angefochtenen Berufungsbescheid des Landesagrarsenates für Vorarlberg wird ein Straferkenntnis der Agrarbezirksbehörde Bregenz bestätigt, worin über den Beschwerdeführer wegen unbefugter Benützung des Güterweges Bartholomäberg-Sassella-Obersassella eine Geldstrafe von 37 € verhängt wurde.
Die dagegen erhobene Beschwerde rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, weil §1 Abs3 AgrarbehördenG die Anrufung des nach Art129a Abs1 Z1 B-VG nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges im Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen zuständigen unabhängigen Verwaltungssenates ausschließe bzw. die Zuständigkeitsfrage ungeklärt und daher unzureichend bestimmt sei, und macht geltend, die Kundmachung der Verordnung entspreche nicht der Straßenverkehrsordnung. Die Verordnung lasse mit dem bloßen Hinweis auf "Inhaber von Berechtigungsscheinen" nicht erkennen, wer zur Benützung befugt sei; der Berechtigungsschein könne von jedermann gegen Entgelt erworben werden, was einer gesetzlichen Grundlage entbehre. Die vorgesehene Sanktion überschreite zudem den Kompetenztatbestand Bodenreform und falle unter Art10 Abs1 Z6 B-VG (Zivilrechtswesen etc. Justizpflege).
2. Der Verfassungsgerichtshof hat die belangte Behörde insbesondere eingeladen, näher anzuführen, wen sie als "befugt" im Sinne des Gesetzes ansieht, inwieweit die Einschränkung auf "Inhaber von Berechtigungsscheinen" in der Verordnung auf diesen Personenkreis Bezug nimmt oder ob sie sich für ermächtigt hält, den Kreis der Befugten selbst festzulegen und wenn ja, nach welchen Kriterien.
In der Gegenschrift verweist der Landesagrarsenat auf den Motivenbericht zur Novelle 1984, mit der die Möglichkeit des Benützungsverbotes durch Verordnung in das Güter- und Seilwegegesetz (als §11 Abs2) eingeführt wurde, und die Satzung der Güterweggenossenschaft, wodurch die Formulierung der Verordnung auf den in den Materialien genannten Personenkreis Bezug nehme, hält sich allerdings für berechtigt, den Kreis der Befugten im vorgegebenen Rahmen (gegebenenfalls durch Genehmigung der Satzung) zu präzisieren und führt dazu insbesondere aus:
"Darüber hinaus kann der Ausschuss der Güterweggenossenschaft im Einzelfall mit besonderer Genehmigung auch Nichtmitgliedern eine Fahrberechtigung erteilen. Dabei wird sich der Ausschuss in dem im Motivenbericht aufgezeigten Rahmen bewegen. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass es sich dabei um eine Mautstraße mit öffentlichem Verkehr im Sinne der Straßenverkehrsordnung handeln würde. Der Güterweg Bartholomäberg-Sassella-Obersassella ist keine öffentliche Straße bzw Straße mit öffentlichem Verkehr.
...
Aus praktischen Gründen ist es sinnvoll, dass die Güterweggenossenschaft im Rahmen ihrer Selbstverwaltung eine Ausnahmegenehmigung erteilt und nicht etwa die Agrarbehörde. Die Berechtigungsscheine müssen vor Ort ausgegeben werden können, alles andere widerspräche der Verwaltungsökonomie.
Es widerspräche möglicherweise auch dem Verfassungsgebot der Unverletzlichkeit des Eigentumsrechtes, wenn der Gesetzgeber davon ausginge, dass es der Güterweggenossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechtes verwehrt wäre, mit Privatpersonen in Ausnahmefällen Verträge - im Allgemeinen oder über die Benützung des in ihrem Eigentum stehenden Güterweges - abzuschließen. Womit eine solche Einschränkung der Vertragsfreiheit gerechtfertigt wäre, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan. Die Güterweggenossenschaft muss immer wieder Verträge abschließen, insbesondere, wenn es um die Errichtung, Erhaltung oder den Betrieb des Weges geht. Ohne solche Vertragsabschlüsse bzw der Möglichkeit dazu wäre die ordentliche Verwaltung des Weges nicht möglich. Warum gerade ein Vertrag über die Wegbenützung durch dritte Personen der Güterweggenossenschaft verwehrt sein sollte, hat der Beschwerdeführer ebenfalls nicht dargetan."
II. Aus Anlass dieser Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Agrarbezirksbehörde Bregenz über das Verbot der Benützung des in Rede stehenden Güterweges und gegen die Verfassungsmäßigkeit des mit der Novelle 1984 in §11 des Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetzes eingefügten Abs2 entstanden.
Er hat daher am 19. Juni 2006 die Prüfung dieser Normen beschlossen. Der Prüfungsbeschluss ist wie folgt begründet:
"Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass die Beschwerde zulässig ist (§1 Abs3 AgrarbehördenG iVm Art12 Abs2 B-VG; vgl. B3697/05 vom heutigen Tag) und er bei ihrer Erledigung die auf §11 Abs2 des Güter- und Seilwegegesetzes gestützte Verbotsverordnung und daher auch das Gesetz selbst anzuwenden hätte.
...
Wer ein Unbefugter im Sinne des Abs2 ist, wird im Gesetz nicht umschrieben. Auch aus dem Zweck der Anlage eines Güter- oder Seilweges ergibt sich nichts Abschließendes über den Personenkreis der zur Benutzung Befugten. Die Benutzung muss nur der Ausübung eines Bringungsrechtes dienen. Das Bringungsrecht besteht nach §2 Abs1 im Recht, land- oder forstwirtschaftliche Erzeugnisse und andere Sachen der in §1 bezeichneten Art über fremde Liegenschaften zu befördern oder zu den im §1 angeführtem Zweck Güterwege oder Seilwege anzulegen, unzulängliche bestehende Verbindungen auszugestalten und diese Wege oder schon bestehende Verbindungen zu benützen. Nach §1 werden Bringungsrechte eingeräumt, 'wenn die zweckmäßige Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft dadurch unmöglich gemacht oder erheblich beeinträchtigt wird, dass zur Bringung der im land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewonnenen oder gewinnbaren land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnisse oder zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung der Liegenschaft erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Verbindung besteht'.
Daraus lässt sich nur schließen, dass jedenfalls der Inhaber eines Bringungsrechts Berechtigter ist, wenn er die Anlage zur zweckmäßigen Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich gewidmeten Liegenschaft selbst oder durch Beauftragte benutzt.
Die Motive zur Novelle 1984 (22. Beilage XXIII. Vorarlberger Landtag) führen indessen Folgendes aus:
'Befugte Benützer von Güterwegen sind die Mitglieder der jeweiligen Güterweggenossenschaft und jedenfalls die durch ein Bringungsrecht belasteten Grundeigentümer, mögen sie auch allenfalls nicht Mitglieder der Güterweggenossenschaft sein. Dieser Kreis der Berechtigten läßt sich an Hand der Satzung (Wegkataster) der Genossenschaft ohne Schwierigkeit feststellen. Weiters gehören zu dieser Gruppe von befugten Benützern auch jene Personen, die den Güterweg zur zweckmäßigen Bewirtschaftung der Liegenschaft mit Willen (ausdrücklich oder erschließbar) des Bringungsberechtigten befahren. Zu erwähnen sind insbesondere Lieferanten, Handwerker, Tierärzte und Personen, die üblicherweise zur Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte beitragen.
Eine andere Gruppe der zur Benützung Befugten stellen jene Personen dar, die - ohne selbst Mitglieder der Güterweggenossenschaft zu sein - einen Güterweg aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarung mit der Güterweggenossenschaft bzw. mit der Gesamtheit der Grundeigentümer benützen. Solche Rechtsverhältnisse bestehen nicht selten zu Waldeigentümern oder den Gebietsbauleitungen der Wildbach- und Lawinenverbauung.
Jede über die beiden vorerwähnten Gruppen hinausgehende Benützung von Güterwegen ist als im Sinne des vorgeschlagenen §11 Abs2 unbefugt anzusehen.'
Der mit 'andere Gruppe' eingeführte Personenkreis von Befugten lässt sich aus dem Zweck des Gesetzes jedenfalls nicht ohne weiteres ableiten. Seine Umschreibung legt es nahe, dass den Güterweggenossenschaften bzw. der Gesamtheit der Grundstückseigentümer die Möglichkeit eröffnet sein soll, durch beliebige zivilrechtliche Verträge Dritten die Benützung des Güterweges zu erlauben, dabei auch ein Entgelt zu verlangen, und den Kreis der Befugten solcherart willkürlich festzulegen, womit im Ergebnis über die Strafbarkeit der Wegebenützung (durch die Ausgabe von Berechtigungsscheinen) frei disponiert wird.
Da das Gesetz selbst den Kreis der Befugten nicht abgrenzt und ein Rückgriff auf den Zweck des Güterweges angesichts der - von der Behörde ausdrücklich angezogenen - weitergehenden Materialien offenbar nicht zur Auslegung herangezogen werden kann, scheint das Gesetz in diesem Punkt der insbesondere für Straftatbestände nötigen Bestimmtheit (Art18 B-VG) zu ermangeln."
Was die Verordnung anlange, lege das Abstellen auf die "Inhaber von Berechtigungsscheinen"
"... die Strafbarkeit anscheinend eindeutig fest. Gemeint ist damit allerdings offenbar nur, dass die Zugehörigkeit zum Kreis der Befugten durch einen sichtbar angebrachten Berechtigungsschein dargetan werden muss, damit die Strafbarkeit entfällt. Die Verordnung überlässt es somit offenbar der Güterweggenossenschaft bzw. den Grundeigentümern, die Berechtigungsscheine nach Gutdünken auszugeben. Jedenfalls enthält auch die Verordnung keine nähere Präzisierung des zum Erwerb eines Berechtigungsscheins befugten Personenkreises.
Soweit die Gegenschrift in diesem Zusammenhang auf die Satzung verweist, kann sie nur die Möglichkeit der Ausgabe von Berechtigungsscheinen durch die Güterweggenossenschaft als solche meinen. Denn §4 dieser - dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten - Satzung ('Wegbenützung') beschränkt sich auf folgende Regelung:
'1. Der Weg ist schonend zu benützen.
Die zulässigen Fahrzeuge, deren Breite und das Höchstgewicht sowie die Verkehrszeiten werden durch die Wegordnung geregelt.
2. Der Weg steht im Rahmen der Wegordnung für alle land- und forstwirtschaftlichen Transporte der Mitglieder offen. Nichtmitglieder der Genossenschaft haben für die Wegbenützung die festgesetzten Gebühren zu entrichten.
3. Schäden, die an der Weganlage durch übermäßige oder durch unachtsame Benützung oder durch Nichtbeachtung der Wegordnung entstehen, haben der Transportführer oder sein Auftraggeber zur ungeteilten Hand zu ersetzen.'
Die Wegeordnung regelt demnach nur die Art der Wegbenützung, nicht aber die Ausgabe von Berechtigungsscheinen. Es scheint im Gegenteil der zweite Satz des Punktes 2 des §4 der Satzung nur die Vergabe von Berechtigungsscheinen gegen Gebühr vorzusehen. Geht man nämlich davon aus, dass von Lieferanten, Handwerkern, Tierärzten und Personen, die - wie es in den Materialien zunächst heißt - 'üblicherweise zur Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte beitragen', schwerlich für ihre Wegbenützung Gebühren gefordert werden, kann damit anscheinend nur ein unbestimmtes, für die Erlaubnis zur Wegbenützung im eigenen Interesse zahlungswilliges Publikum gemeint sein. Dass sich - wie die Gegenschrift meint - der Ausschuss der Güterweggenossenschaft 'in dem im Motivenbericht aufgezeigten Rahmen bewegen wird', dürfte daran nichts ändern, weil eben dieser Rahmen insoweit selbst unbestimmt bleibt.
Auch das in der Gegenschrift erwähnte Begleitschreiben zur Mitteilung von der Erlassung der Verordnung an die Güterweggenossenschaft vom 7. Juli 1995 enthält dazu - ganz abgesehen von ihrem Charakter als bloßer Rechtsbelehrung - nichts. Denn es heißt dort (abgesehen von Hinweisen über die Gestaltung von Anzeigen):
'Zur näheren Erläuterung und Vorgangsweise wird auf folgendes hingewiesen:
A) Vom Fahrverbot ausgenommen sind die Inhaber von Berechtigungsscheinen. Die Berechtigungsscheine dürfen nur gemäß der Wegordnung ausgegeben werden. Dieser Schein ist vom Obmann oder einer hiezu befugten Person im Auftrag der Agrarbezirksbehörde Bregenz auszustellen und von jedem Benützer des Weges zu unterschreiben. Über die ausgegebenen Scheine ist eine Liste (Durchschläge) zu führen, um Mißbräuche zu verhindern bzw. damit allenfalls aufgrund der Nummer des Scheines und des Fahrzeuges eine Kontrolle möglich ist.
Behördenfahrzeuge von Agrarbezirksbehörde Bregenz, Gendarmerie, Rettung, Wildbach- und Lawinenverbauung usw. sind selbstverständlich zur Wegbenützung berechtigt. Sind diese Fahrzeuge nicht als Dienstfahrzeuge erkennbar, sind ebenfalls Scheine auszustellen.
B) ...
C) Die Berechtigungsausweise sind bei jeder Fahrt im Fahrzeug mitzuführen und bei Verlassen des Fahrzeuges gut sichtbar unter der Windschutzscheibe aufzulegen. Auch die Mitglieder sollen diese Ausweise in derselben Art bei sich führen. Es wird dabei dringend ersucht, daß Obmann und Ausschuß darauf achten, daß von den Mitgliedern mit diesen Scheinen kein Mißbrauch betrieben wird, damit diese Verordnungen, welche im Interesse der Genossenschaftsmitglieder und des Landschaftsschutzes erlassen worden sind, nicht in Mißkredit geraten.
Sollten Unklarheiten bei einer Anzeige oder bei einem Befahren des Weges bestehen, so wird gebeten, mit dem zuständigen Sachbearbeiter für Strafverfahren oder dem zuständigen Güterwegsachbearbeiter Kontakt aufzunehmen.
D) Abschließend wird nochmals darauf verwiesen, daß die Vorarlberger Landesregierung bzw. die Agrarbezirksbehörde Bregenz dem Erfolg dieser Verordnungen, nämlich der Einschränkung des unerlaubten Fahrzeugverkehrs auf den landwirtschaftlichen Güterwegen, große Wichtigkeit beimessen und daß daher jedes Mitglied diese Maßnahmen nach besten Kräften unterstützen sollte. Es sind daher die Mitglieder über die Maßnahmen auf geeignete Weise zu informieren.'
Das Schreiben befasst sich also nur mit der Benützung für Zwecke der Bewirtschaftung durch die Mitglieder (und das für die Bewirtschaftung erforderliche Befahren durch Dritte). Die Behauptung der Gegenschrift, die Befugnisse Dritter beruhten auf einer im Rahmen der Selbstverwaltung erteilten (allenfalls zu vernachlässigenden) bloßen 'Ausnahmebewilligung', scheint durch die Rechtslage nicht bestätigt zu werden.
Insofern dürfte die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes auf die Gesetzmäßigkeit der für den Straftatbestand bloß auf den Berechtigungsschein abstellenden Verordnung durchschlagen.
Sollte es aber auf die Schaffung von Mautstraßen hinauslaufen, besteht sowohl gegen das Gesetz wie auch gegen die Verordnung das Bedenken, dass es sich dabei nicht um eine Angelegenheit der Bodenreform (Art12 Abs1 Z3 B-VG) handelt und daher zumindest die Zuweisung der Angelegenheit an die Agrarbehörden (Art12 Abs2 B-VG) verfassungswidrig ist."
3. Die Vorarlberger Landesregierung beantragt festzustellen, dass das Gesetz nicht verfassungswidrig und die Verordnung nicht gesetzwidrig sei und gibt zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des §11 Abs2 Güter- und Seilwegegesetz im Wesentlichen folgende Äußerung ab:
"Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfbeschluss vom 19.06.2006 selbst ausführt, ist jedenfalls der Inhaber eines Bringungsrechtes Berechtigter, wenn er den Güterweg zur zweckmäßigen Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft selbst oder durch Beauftragte benutzt.
Als Inhaber eines Bringungsrechts sind Einzelbringungsberechtigte sowie alle Mitglieder der jeweiligen Güterweggenossenschaft zur Benutzung eines Güterweges berechtigt. Mitglieder einer Güterweggenossenschaft sind alle Eigentümer der in den genossenschaftlichen Verband einbezogenen Liegenschaften. Zudem sind die durch ein Bringungsrecht belasteten Grundeigentümer, auch wenn sie allenfalls nicht Mitglieder der Güterweggenossenschaft sind, befugte Benützer von Güterwegen. Dieser Kreis der Berechtigten lässt sich an Hand der Satzung (Wegkataster) der Genossenschaft eindeutig feststellen. Daneben zählen zum Kreis der Berechtigten auch alle jene Personen, die den Güterweg zur zweckmäßigen Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft mit dem Willen des betroffenen Mitgliedes befahren. Dazu gehören insbesondere Familienmitglieder, Lieferanten, Handwerker, Tierärzte und Personen, die üblicherweise zur Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte beitragen (22. Beilage im Jahre 1984 zu den Sitzungsberichten des XXIII. Vorarlberger Landtages).
Schließlich kommt - wie aus den Materialien hervorgeht - auch noch eine andere Gruppe als zur Benützung Befugte in Betracht. Als andere Gruppe der zur Benützung Befugten erwähnt der Motivenbericht zur Novelle 1984 jene Personen, die - ohne selbst Mitglieder zu sein - einen Güterweg aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarung mit der Güterweggenossenschaft bzw. mit der Gesamtheit der Grundeigentümer benützen. Die grundsätzliche Befugnis zum Abschluss von zivilrechtlichen Vereinbarungen resultiert daraus, dass es sich bei Güterwegen um Privatstraßen handelt (Sperger, Das Vorarlberger Straßengesetz, Verlag Eugen Russ 1975, Anm. zu §1). Der Novellengesetzgeber stellt somit klar, dass mit Zustimmung der Genossenschaft bzw. aller Grundeigentümer bestimmten Personen die Benützung des Güterweges gewährt werden kann. Welche Personen dieser anderen Gruppe zuzurechnen sind, denen die Benützung durch zivilrechtliche Vereinbarungen gestattet werden darf, ergibt sich - wie im Folgenden ausgeführt - aus dem Gesetzeszweck und den Gesetzesmaterialien.
Wie dem Motivenbericht zu entnehmen ist, wurde mit der Novelle 1984 das Ziel verfolgt, den unbefugten (motorisierten) Ausflugsverkehr auf Güterwegen zu verbieten. Dementsprechend wurde die Möglichkeit eingeräumt, die unbefugte Benützung von Güterwegen durch Verordnung zu verbieten, um in der Folge Zuwiderhandlungen gegen derartige Verbote nach den Strafbestimmungen des Güter- und Seilwegegesetzes als Übertretungen bestrafen zu können. Mit der Setzung einer generell-abstrakten Norm soll die Benützung eines Güterweges durch Unbefugte unterbunden werden. Dies bringt für den aus dem Bringungsrecht Belasteten bzw. die Güterweggenossenschaft den Vorteil, nicht gegen jeden einzelnen unbefugten Wegbenützer mit Antrag auf Erlassung eines Unterlassungsbescheides vorgehen zu müssen (in diesem Sinne VwGH vom 21.10.1999, Zl 97/07/0217). Die dem motorisierten Ausflugsverkehr zuzuordnenden Personen sind jedenfalls als Unbefugte im Sinne des §11 Abs2 GSG anzusehen. Weil die Novelle 1984 gerade diese Personengruppe von der Benützung der Güterwege ausschließen wollte, ist es im Rahmen eines Güterweges im Sinne des §11 Abs2 GSG einer Güterweggenossenschaft bzw. der Gesamtheit der Grundeigentümer auch nicht gestattet, diesen Personen im Rahmen einer zivilrechtlichen Vereinbarung die Benützung eines Güterweges zu erlauben.
Als Personen, denen eine Benützung aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarung eingeräumt werden kann, nennt der Novellengesetzgeber im Motivenbericht ausdrücklich Waldeigentümer oder die Gebietsbauleitungen der Wildbach und Lawinenverbauung. Die Waldeigentümer sind Eigentümer von forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften, die in der Regel nur über einen Güterweg erschlossen sind. Soweit die Benützung des jeweiligen Güterweges für die zweckmäßige Bewirtschaftung dieser Waldfläche erforderlich ist, soll diesen Waldeigentümern, die nicht Mitglieder der betreffenden Güterweggenossenschaft geworden sind, die Möglichkeit gegeben werden, den Güterweg aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarung zu benützen.
Im Hinblick auf den Personenkreis der Waldeigentümer ist darauf hinzuweisen, dass sie grundsätzlich auch Inhaber eines Bringungsrechtes im Sinne der §§1 und 2 Abs1 GSG sein könnten, wenn sie den Güterweg zur zweckmäßigen Bewirtschaftung ihrer forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft selbst oder durch Beauftragte benützen müssen. Man kann sich nun die Frage stellen, weshalb diese Waldeigentümer nicht Mitglieder der Güterwegegenossenschaft sind. Der Grund liegt darin, dass sowohl die Bildung einer Güterwegegenossenschaft als auch die mitgliedschaftsbegründende Einbeziehung von den betroffenen Grundflächen in den genossenschaftlichen Verband regelmäßig auf freiwilliger Basis erfolgt. Folglich hängt es letztlich vom Willen des jeweiligen Eigentümers ab, ob er Mitglied der Genossenschaft wird oder nicht.
Dass solchen Waldeigentümern, die zwar nicht Mitglied der Güterweggenossenschaft sind, den Güterweg für die forstwirtschaftliche Bewirtschaftung ihrer Liegenschaften aber dennoch befahren müssen, die Möglichkeit eingeräumt wird, den Güterweg aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung zu benützen, ist zweifellos notwendig und mit dem Ziel des Gesetzes schon deshalb vereinbar, weil ein im §1 GSG angeführter Zweck verfolgt wird. Dass als Gegenleistung für eine derartige Benützung eine Gebühr eingehoben werden kann, ist sachlich gerechtfertigt, weil ansonsten die meisten der vom Einzugsgebiet eines Güterweges erfassten land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften von einer (freiwilligen) Mitgliedschaft Abstand nehmen würden, um den Bau- und Erhaltungskosten des Güterweges zu entfliehen. Die Berechtigung zur Einhebung einer solchen Gebühr ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Güter- und Seilwegegesetz, sondern ist Ausfluss der Privatautonomie der Güterweggenossenschaft bzw. der Gesamtheit der Grundeigentümer.
Ein Zusammenhang mit der zweckmäßigen Bewirtschaftung von land- oder forstwirtschaftlichen Liegenschaften ist auch in den Fällen zu bejahen, in denen den Gebietsbauleitungen der Wildbach- und Lawinenverbauung erforderlichenfalls und im Einzelfall ein Recht zur Benutzung des Güterweges eingeräumt wird, weil vielfach erst durch Sicherungsmaßnahmen der Wildbach- und Lawinenverbauung eine Bewirtschaftung der von einem Güterweg erschlossenen Liegenschaften ermöglicht wird. Die Benützung eines Güterweges durch die Wildbach- und Lawinenverbauung steht in der Regel aber nicht nur im Interesse der Land- und Forstwirtschaft, sondern insbesondere auch im öffentlichen Interesse, wenn beispielsweise technische Verbauungsmaßnahmen udgl. getroffen werden, um ganze Siedlungsgebiete vor Lawinen und Hochwasser zu schützen. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass die Benützung eines Güterweges durch Vertreter solcher Einrichtungen unzweifelhaft mit dem Inhalt und Zweck des Güter- und Seilwegegesetzes vereinbar ist. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Benützung eines Güterweges auf Grundlage einer zivilrechtlichen Vereinbarung zulässig.
Nach Maßgabe der Gesetzesmaterialien zur Novelle 1984 geht der Gesetzgeber somit davon aus, dass zum Personenkreis der Befugten, die einen Güterweg aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarung mit der Güterweggenossenschaft bzw. der Gesamtheit der Grundeigentümer benützen dürfen, jedenfalls solche Personen gehören, die entweder auf einen Zusammenhang zur land- oder forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung im Sinne des §1 GSG verweisen können oder einen im öffentlichen Interesse gelegenen Zweck verfolgen.
Neben diesen beiden - im Motivenbericht ausdrücklich angeführten - Personengruppen kommen nach Ansicht der Vorarlberger Landesregierung auch noch weitere Personen in Betracht, denen die Benützung des Güterweges aufgrund zivilrechtlicher Vereinbarung gewährt werden kann. Diesbezüglich ist von grundlegender Bedeutung, dass in Vorarlberg große Berggebiete über Güterwege erschlossen sind. Die im Einzugsgebiet der Güterwege liegenden Grundstücke werden überwiegend land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Daneben befinden sich im Erschließungsbereich der Güterwege auch noch Liegenschaften, die grundsätzlich nicht der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung zuzuordnen sind, wie beispielsweise Schutzhütten, Wohnhäuser usw. Für eine zweckmäßige Nutzung dieser Liegenschaften ist allerdings oft die Benützung des jeweiligen Güterweges erforderlich.
Nach Ansicht der Vorarlberger Landesregierung sind solche land- und forstwirtschaftsfremde Nebennutzungen von Güterwegen zulässig und vom Kompetenztatbestand der Bodenreform (Art12 Abs1 Z. 3 B-VG) gedeckt. Der Grund liegt insbesondere darin, dass der Hauptzweck eines Güterweges (Erschließung von Land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften zur Gewährleistung einer zweckmäßigen Bewirtschaftung) durch solche Nebennutzungen nicht beeinträchtigt wird, weil diese vielfach nur einem eingeschränkten Personenkreis zugänglich sind und zum Teil auch nur vorübergehenden Charakter haben, weshalb ihnen insgesamt nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Als Personen, die einen Güterweg zu land- oder forstwirtschaftsfremden Zwecken benützen dürfen, kommen nach Ansicht der Vorarlberger Landesregierung jedoch nur Liegenschaftseigentümer und Nutzungsberechtigte in Betracht, deren Liegenschaften nur unter Inanspruchnahme eines Güterweges zweckmäßig genutzt werden können. Daneben ist eine land- oder forstwirtschaftsfremde Nutzung auch in den Fällen zulässig, in denen ein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel verfolgt wird (s. oben).
Wäre es nicht möglich, solche Nebennutzungen von Güterwegen aufgrund von zivilrechtlichen Vereinbarungen einzuräumen, würde dies in vielen Fällen zu höchst unbefriedigenden Ergebnissen führen. Sollte beispielsweise für die Errichtung einer im öffentlichen Interesse liegenden Seilbahnstation im Einzugsgebiet eines Güterweges unbedingt eine Transportstraße benötigt werden, der bestehende Güterweg jedoch trotz Zustimmung der Güterweggenossenschaft bzw. der Gesamtheit der Grundeigentümer für diesen (vorübergehenden) Zweck nicht benutzt werden dürfen, dann müsste neben dem bestehenden Güterweg für die Errichtung der Seilbahnanlage u.U. eine eigene Transportstraße gebaut werden. Eine solche enge Auslegung des Güter- und Seilwegegesetzes ist aus dem Gesetzeszweck nicht ableitbar, wäre realitätsfremd und mit der Absicht des Gesetzgebers nicht vereinbar. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Motivenbericht ausdrücklich nur gegen den motorisierten Ausflugsverkehr wendet.
Im Ergebnis gehören zum Kreis 'andere Gruppe' von Befugten Waldeigentümer oder Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigte, deren Liegenschaft im Einzugsbereich eines Güterweges liegen, sofern die Benützung des Güterweges zur zweckmäßigen Nutzung der Liegenschaft notwendig ist, sowie Personen, die den Güterweg aus einem im öffentlichen Interesse liegenden Zweck benützen (z.B. die Gebietsbauleitungen der Wildbach- und Lawinenverbauung). Im Rahmen einer Verordnung nach §11 Abs2 GSG darf die Güterweggenossenschaft bzw. die Gesamtheit der Grundeigentümer nur diesem Personenkreis eine Fahrerlaubnis aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung gewähren.
Nach Auffassung der Vorarlberger Landesregierung eröffnet das Gesetz daher nicht die Möglichkeit, Dritten durch beliebige zivilrechtliche Verträge die Benützung des Güterwegs zu erlauben. Vielmehr ist - wie dargelegt - der Personenkreis der Befugten bzw. der Unbefugten im Sinne des §11 Abs2 GSG aus dem Gesetz hinreichend genau ableitbar, sodass die für Straftatbestände nötige Bestimmtheit gegeben ist.
Dass als Gegenleistung für die Benützung eines Güterweges für die oben erwähnten Nebennutzungen ein Entgelt eingehoben werden kann, erscheint jedenfalls sachlich gerechtfertigt und widerspricht nicht dem Güter- und Seilwegegesetz. Dies schon deswegen, weil nicht jedem, sondern nur dem oben näher umschriebenen, eingeschränkten Personenkreis ein Benützungsrecht mittels Vertrages eingeräumt werden kann. Somit ist eine Benützung durch die Allgemeinheit bzw. durch ein unbestimmtes zahlungswilliges Publikum ausgeschlossen. Deshalb handelt es sich bei diesen Güterwegen auch nicht um Mautstraßen. Im Übrigen folgt die Befugnis zur Einhebung eines Benützungsentgeltes nicht unmittelbar aus dem Güter- und Seilwegegesetz, sondern ist Ausfluss der Privatautonomie der Güterweggenossenschaft bzw. der Gesamtheit der Grundeigentümer."
Ausgehend von diesem hinreichend bestimmbaren Personenkreis der Befugten sei auch der Straftatbestand zureichend bestimmt:
"Aus dem Ziel der Novelle 1984, nämlich dass die Benützung der Güterwege durch Unbefugte mittels Verordnung verboten werden kann, ergibt sich, dass nur jene Personen als Inhaber eines Berechtigungsscheines in Frage kommen können, die zum Personenkreis der Befugten im Sinne des Güter- und Seilwegegesetzes zählen. Folglich werden Berechtigungsscheine nicht nach Gutdünken an ein 'unbestimmtes, für die Erlaubnis zur Wegbenützung im eigenen Interesse zahlungswilliges Publikum', sondern an einen vom Güter- und Seilwegegesetz vorgegebenen, eingeschränkten Personenkreis ausgegeben. Dies gilt insbesondere auch für jene Personengruppe, die aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung als Befugte im Sinne des Güter- und Seilwegegesetzes angesehen werden.
... "
Der beteiligte Beschwerdeführer des Anlassverfahrens schließt sich den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes an.
IV. Das Verfahren ist zulässig. Die Bedenken gegen §11 Abs2 Güter- und Seilwegegesetz und die in Prüfung gezogene Verordnung treffen zu.
1. Die Zulässigkeit der Beschwerde und die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Normen sind im Verfahren nicht zweifelhaft geworden.
2. Was die Bestimmtheit des §11 Abs2 Güter- und Seilwegegesetz betrifft, bringt die Vorarlberger Landesregierung nichts vor, was nicht bereits der Landesagrarsenat als belangte Behörde im Anlassverfahren ins Treffen geführt hätte. Schon dessen Ausführungen haben aber die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nicht zu zerstreuen vermocht. Das Verfahren hat auch sonst nichts hervorgebracht, was die in Rede stehende Regelung ausreichend bestimmt erscheinen ließe.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kreis der Betroffenen, wie ihn auch die Landesregierung unter Auslegung jenes Absatzes des Motivenberichtes zu umschreiben sucht, der auf die Möglichkeit zivilrechtlicher Vereinbarungen und deren "nicht seltenes" Bestehen zu Waldeigentümern oder den Geschäftsführern der Wildbach- und Lawinenverbauung hinweist, hinreichend bestimmt wäre und das Vorliegen einer Mautstraße vermeiden könnte. Dem Wortlaut oder Zweck des Gesetzes selbst ist diese Abgrenzung jedenfalls nicht zu entnehmen. Aus ihm lässt sich in der Tat nur schließen, dass der Inhaber eines Bringungsrechts Berechtigter ist, wenn er die Anlage zur zweckmäßigen Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich gewidmeten Liegenschaft selbst oder durch Beauftragte oder etwa auch durch ihn Aufsuchende benutzt. Eine Eingrenzung der darüber hinaus (aufgrund allfälliger zivilrechtlicher Vereinbarungen) berechtigten Gruppe von Personen etwa auf Waldeigentümer oder mit der Wildbachverbauung Beschäftigte oder sonstige Benützer im öffentlichen Interesse - wenn sie eine derartige Befugnis überhaupt benötigen -, mag deren Interesse vielleicht auch einleuchten, wird nirgends vorgenommen. Sie müsste aber angesichts der Strafbarkeit einer Wegebenutzung durch Unbefugte im Gesetz selbst enthalten sein. Es kann nämlich mannigfache Interessen geben, einen Weg (auch gegen Entgelt) benutzen zu dürfen oder dessen Benutzung (gegen Entgelt) zu erlauben. Die Erteilung der Erlaubnis kann auch nicht der Privatautonomie der Güterweggemeinschaft überlassen bleiben. Im Hinblick auf das öffentliche Interesse und/oder die Beanspruchung öffentlicher Mittel ist eine am Zweck im Sinne des §11 Güter- und Seilwegegesetz ausgerichtete nähere Umschreibung des Kreises der möglicherweise Befugten im Gesetz selbst erforderlich.
§11 Abs2 des Güter- und Seilwegegesetz ist daher nicht ausreichend bestimmt und als verfassungswidrig aufzuheben.
3. Da die in Rede stehende Verordnung über den Güterweg Bartholomäberg-Sassella-Obersassella den Kreis der Befugten mit jenen der Inhaber von Berechtigungsscheinen gleichsetzt, ohne dass sie auf einen hinreichend umschriebenen Kreis materiell Berechtigter abstellen kann, die sich durch diesen Berechtigungsschein ja nur legitimieren, unterfällt sie demselben Verdikt. Im Übrigen verliert sie nach Aufhebung des §11 Abs2 des Güter- und Seilwegegesetz ihre Grundlage.
Sie ist als gesetzwidrig aufzuheben.
Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs4 erster Satz VfGG).
Schlagworte
Bodenreform, Güter- und Seilwege, Servitutenregulierung, Verordnungserlassung, Verwaltungsstrafrecht, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:G149.2006Dokumentnummer
JFT_09938870_06G00149_00