TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/18 91/12/0067

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Veröffentlicht am 18.11.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/01 Sicherheitsrecht;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/05 Reisegebührenvorschrift;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

GendarmerieG 1918 §1;
GrundausbildungsV Wachebeamte BMI 1978;
RGV 1955 §2 Abs3;
RGV 1955 §22 Abs1;
RGV 1955 §41;
RGV 1955 §42;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des NN in R, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Februar 1991, Zl. 8.113/60-II/4/91, betreffend Zuteilungsgebühr gemäß § 22 RGV, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Inspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist der Gendarmerieposten X.

Im Zuge der Grundausbildung war der Beschwerdeführer in der Zeit vom 13. Juni bis 14. September 1990 zur praktischen Verwendung und Schulung am Arbeitsplatz dem Gendarmerieposten S zugeteilt. Dafür beanspruchte er die Zuteilungsgebühr gemäß § 22 RGV. Da keine Auszahlung erfolgte, brachte er am 6. November 1990 einen Antrag auf bescheidmäßige Absprache ein. Das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich stellte mit Bescheid vom 2. Jänner 1991 fest, daß dem Beschwerdeführer nach § 42 RGV keine Zuteilungsgebühr zustehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge und bestätigte diesen. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, die Verordnung des Bundesministers für Inneres vom 31. März 1978, BGBl. Nr. 203, über die Grundausbildung für Wachebeamte der Verwendungsgruppen W1, W2 und W3 im Gendarmerie-, Sicherheitswach- und Kriminaldienst, sehe im § 12 vor, daß die Grundausbildung für Wachebeamte höchstens 24 Monate zu dauern habe und neben dem Ausbildungslehrgang eine praktische Verwendung (Schulung am Arbeitsplatz) umfassen müsse. Der Beschwerdeführer sei als Teilnehmer des Grundausbildungslehrganges für Wachebeamte 3/88, der in der Schulabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich durchgeführt worden sei, in der Zeit vom 13. Juni bis 14. September 1990 zur praktischen Verwendung (Schulung am Arbeitsplatz) dem Gendarmerieposten S zugeteilt worden. Gemäß § 21 Abs. 1 RGV erhalte der Beamte bei einer Dienstzuteilung eine Zuteilungsgebühr, die die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr umfasse. Als Teil der Sonderbestimmungen für den Gendarmeriedienst normiere § 42 RGV, daß die Teilnahme an der gendarmeriefachlichen Grundausbildung in Gendarmerieschulen oder bei Landesgendarmeriekommanden bei unverheirateten Beamten nur den Anspruch auf die Reisekostenvergütung und die Reisezulage für die Reise vom tatsächlichen Wohnort in den Schulort und von diesem nach Beendigung der Ausbildung in den zugewiesenen Dienstort begründe. Diese Bestimmung bestehe unverändert seit 1967 (BGBl. Nr. 158) und sei zu einer Zeit geschaffen worden, als eine praktische Verwendung (Schulung am Arbeitsplatz) im Rahmen der gendarmeriefachlichen Grundausbildung nicht durchgeführt worden sei. Die Bestimmung nehme primär darauf Bezug, wo die Ausbildung stattfinde und treffe keine Aussage über eine Schulung am Arbeitsplatz auf einem Gendarmerieposten. Abgesehen davon, daß ein Gendarmerieposten letztendlich auch als ein Bestandteil eines Landesgendarmeriekommandos anzusehen sei und demgemäß das Tatbestandsmerkmal im § 42 RGV als erfüllt betrachtet werden könne, sei auf Grund der Umstände, daß unverheiratete Beamte lediglich Anspruch auf die Reisekostenvergütung und die Reisezulage für die Fahrt zum Schulort (vor Beginn der Ausbildung) und von diesem nach Beendigung der Ausbildung in den zugewiesenen Dienstort hätten, der Wille des Gesetzgebers klar und eindeutig erkennbar, den Anspruch auf Reisegebühren während der Grundausbildung, zu der auch die Schulung am Arbeitsplatz gehöre, grundsätzlich zu verneinen. Demzufolge habe der Beschwerdeführer als lediger Beamter anläßlich der im Rahmen der gendarmeriefachlichen Grundausbildung erfolgten Zuteilung zum Gendarmerieposten S zur Schulung am Arbeitsplatz keinen Anspruch auf Zuteilungsgebühren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuteilungsgebühren nach § 22 RGV verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 22 Abs. 1 erster Satz der nach § 92 Abs.1 des Gehaltsgesetzes 1956 als Gesetz in Geltung stehenden Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) erhält der Beamte bei einer Dienstzuteilung eine Zuteilungsgebühr; sie umfaßt die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr.

Nach § 2 Abs. 3 RGV liegt eine Dienstzuteilung im Sinne dieser Verordnung vor, wenn ein Beamter an einem anderen Ort als dem Dienstort einer Dienststelle zur vorübergehenden Dienstleistung zugewiesen wird und für die Dauer dieser Verwendung entweder der Dienstaufsicht des Leiters dieser Dienststelle unterliegt oder mit der Leitung der zugewiesenen Dienststelle betraut wird.

Als Dienstzuteilung im Sinne dieses Gesetzes ist auch die Teilnahme an amtlichen Lehrkursen oder eine solche zum Zwecke der Ausbildung zu verstehen (vgl. Ostermann-Galee-Traumüller, Reisegebührenvorschrift6 S. 24 und die dort wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Die Sonderbestimmung für Beamte des Gendarmeriedienstes, die die belangte Behörde zur Abweisung des Gebührenanspruchs des Beschwerdeführers herangezogen hat, nämlich § 42 RGV, hat folgenden Wortlaut:

"Die Teilnahme an der gendarmeriefachlichen Grundausbildung in Gendarmerieschulen oder bei Landesgendarmeriekommanden begründet bei unverheirateten Beamten nur den Anspruch auf die Reisekostenvergütung und die Reisezulage für die Reise vom tatsächlichen Wohnort in den Schulort und von diesem nach Beendigung der Ausbildung in den zugewiesenen Dienstort."

Schon der klare Wortlaut der zitierten Bestimmung läßt aber die von der belangten Behörde vorgenommene einschränkende Auslegung, die sich auf den Willen des Gesetzgebers beruft, nicht zu. Denn die Bestimmung macht deutlich den Ausschluß von Gebührenansprüchen von der Teilnahme an der gendarmeriefachlichen Grundausbildung in GENDARMERIESCHULEN oder bei LANDESGENDARMERIEKOMMANDEN abhängig. Hätte der Gesetzgeber die Teilnahme an der gendarmeriefachlichen Grundausbildung an sich schon als alle anderen als die dort genannten Gebührenansprüche ausschließend normieren wollen, so hätte es der Worte Gendarmerieschulen oder Landesgendarmeriekommanden nicht bedurft. Es darf dem Gesetzgeber aber grundsätzlich nicht unterstellt werden, daß er eine Regelung so formuliert, daß nicht erforderliche weitere Tatbestandsvoraussetzungen aufgestellt werden.

Daraus folgt, daß unabhängig davon, ob im Zeitpunkt der Schaffung der Norm im Jahre 1967 mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 158 eine praktische Verwendung und Schulung am Arbeitsplatz im Rahmen der gendarmeriefachlichen Grundausbildung durchgeführt wurde und ob an eine solche auch nur gedacht wurde oder nicht, die hier von der Behörde angewendete Bestimmung nicht so verstanden werden kann, daß die praktische Schulung eines Gendarmeriebeamten im Rahmen der gendarmeriefachlichen Grundausbildung an einem Gendarmerieposten den Anspruch auf Zuteilungsgebühr ausschließen würde. Die von der belangten Behörde vorgenommene Interpretation der Bestimmung widerspricht eindeutig dem klaren Gesetzeswortlaut. Wäre es Absicht des Gesetzgebers, die Einschränkung der Anspruchsberechtigung von Gendarmeriebeamten auf Reisegebühren während der gendarmeriefachlichen Grundausbildung auch bei einer Zuteilung zu Gendarmerieposten auszuschließen, so hätte dies der Gesetzgeber bei Änderung der Ausbildungspraxis in der von der belangten Behörde dargestllten Art im Gesetz zum Ausdruck bringen müssen, wozu er sich aber selbst noch in der Novellierung der Reisegebührenvorschrift mit Bundesgesetz BGBl. Nr. 288/1988 bei Neufassung der Sonderbestimmung für Gendarmeriebeamte des § 41 offensichtlich nicht veranlaßt gesehen hat.

Die Gendarmerie ist ein Wachkörper, der hierarchisch in der Weise gegliedert ist, daß dem Gendarmeriezentralkommando (im Rahmen der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit) die Landesgendarmeriekommanden für jedes Land (außer Wien) unterstehen, welchen wieder Bezirksgendarmeriekommanden unterstehen. Diesen sind die Gendarmeriepostenkommanden nachgeordnet. Bei dieser Art der Organisation ist es aber ausgeschlossen, die Durchführung der praktischen Ausbildung eines Beamten im Rahmen der gendarmeriefachlichen Grundausbildung, die bei einem Gendarmerieposten abzuleisten ist, als Ausbildung bei einem Landesgendarmeriekommando im Sinne des § 42 RGV anzusehen, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid vermeint.

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991120067.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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