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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der Raiffeisen-X-GmbH in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung) vom 22. Mai 1991, Zl. 112364/III-11/91, betreffend Zulassung zum Postzeitungsversand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 22. Mai 1991 wurde der Antrag der Raiffeisen-X-GmbH, die Druckschrift "YZ" zum Postzeitungsversand zuzulassen, gemäß § 20 Abs. 3 Z. 3 der Anlage 1 zum Postgesetz (PostG) abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, auf dem Titelblatt der Ausgabenummer 6/1990 sei das Raiffeisen-Emblem nebst der Bezeichnung "Raiffeisen. Die Bank" deutlich erkennbar abgedruckt. Es sei daher davon auszugehen, daß zwischen der Druckschrift und der auf Gewinn gerichteten Raiffeisen-Organisation ein Zusammenhang bestehe. Wie aus den der obersten Postbehörde vorliegenden Kopien von Zahlscheinen hervorgehe, werde der weitaus überwiegende Teil der abonnierten Exemplare der Druckschrift an Raiffeisenkassen und Raiffeisenbanken versendet. Unbestrittenerweise zählten daher viele Raiffeisenkassen zu den Beziehern der Druckschrift, woraus zu schließen sei, daß die in der Druckschrift enthaltenen Informationen für Unternehmungen der Raiffeisen-Organistation von Nutzen seien. Es sei leicht nachvollziehbar, daß Raiffeisen-Berater durch zumindest einen Teil dieser Informationen in fachlicher Hinsicht profitierten und dadurch ihre Aufgaben (Kundenberatung, Aquirierung neuer Kunden usw.) besser und zielführender erfüllen könnten. Dies wirke sich in weiterer Folge für die Raiffeisen-Organisation in wirtschaftlicher Hinsicht positiv aus. Da der Druckschrift "YZ" somit - wenn nicht per intentionem, so doch auf jeden Fall per effectum - unter anderem eine Funktion als Informationsorgan im Hinblick auf die geschäftlichen Aktivitäten zahlreicher Raiffeisen-Berater zukomme, diene sie zumindest mittelbar Zwecken geschäftlicher Werbung, Ankündigung oder Empfehlung zugunsten der Raiffeisen-Organisation. Sie sei daher vom Ausschließungsgrund des § 20 Abs. 3 Z. 3 der Anlage 1 zum PostG betroffen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht geltend, bei der Beurteilung einer Druckschrift unter dem Gesichtspunkt des § 20 Abs. 3 Z. 3 der Anlage 1 zum PostG komme es auf deren Gesamteindruck an. Die belangte Behörde habe aber allein auf die Wortfolge "Raiffeisen. Die Bank" auf der Titelseite abgestellt. Das Raiffeisen-Emblem sei nicht Werbung, sondern Quellenangabe. Demgegenüber habe die belangte Behörde dem ebenfalls auf der Titelseite aufscheinenden Schriftzug "G" keine Bedeutung beigemessen. Der Ausschlußgrund des § 20 Abs. 3 Z. 3 der Anlage 1 zum PostG sei nur verwirklicht, wenn der Wille des Herausgebers auf geschäftliche Werbung, Ankündigung oder Empfehlung gerichtet sei. Da in der streitgegenständlichen Druckschrift nur historische Daten enthalten seien, scheide die geschäftliche Ankündigung als in die Zukunft gerichtet schon von vornherein aus; auch eine geschäftliche Empfehlung könne in keinem der Diagramme erblickt werden, könne doch alleine aus den Kursentwicklungen und den auf Grund mathematischer Formeln ermittelten Indikatoren noch lange nicht gesagt werden, ob es für den einzelnen Investor oder die Gesamtheit der Investoren günstig oder ungünstig sei, zu verkaufen oder zu kaufen. Nicht jede Berichterstattung über ein Unternehmen bzw. jegliche Erwähnung eines Unternehmens dienten bereits Zwecken der Werbung. In der Druckschrift "YZ" würden nicht die Geschäftsinteressen der Raiffeisen-Zentralbank Österreich AG, der Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, vertreten, sondern deren Know How bei der Beurteilung der Daten der dargestellten Aktien genützt. In diesem Sinn garantiere das Raiffeisensymbol den Abonnenten die Qualität der Druckschrift, leiste ihnen Gewähr für die Richtigkeit der Daten und die Schlüssigkeit der Analysemethoden. Der Kundenkreis der Beschwerdeführerin setze sich nicht aus Neulingen am Börsenmarkt zusammen, die durch die Lektüre der Zeitschrift zum Börsenhandel geworben werden sollten oder könnten, sondern die Druckschrift spreche ihrem Inhalt nach nur das seit langem interessierte und versierte Börsenpublikum an. Dieser Leserkreis sehe sich durch den Bezug der Druckschrift in keiner Weise beeinflußt, seine langjährigen Bankbeziehungen aufzugeben bzw. zu Unternehmen der Raiffeisen-Geldorganisation zu wechseln. Die Behauptung der belangten Behörde, daß Raiffeisenberater durch zumindest einen Teil der in den "YZ" enthaltenen Informationen in fachlicher Hinsicht profitierten und dadurch ihre Aufgaben besser und zielführender erfüllen könnten, sei im angefochtenen Bescheid erstmals aufgestellt worden, ohne vorher Gegenstand einer Beweisaufnahme geworden zu sein. Es fehle eine Begründung, warum Informationen über Aktienkursentwicklungen veranlagungswillige Personen dazu anregen sollten, ihr Vermögen in Guthaben bei Unternehmen der Raiffeisen-Geldorganisation (Sparbücher, gebundene Einlagen etc.) anzulegen. Eine nähere Befassung mit der streitgegenständlichen Druckschrift hätte der belangten Behörde gezeigt, daß einzig der RZB-Partizipationsschein in den Charts neben sieben Partizipationsscheinen von Banken anderer Sektoren und neben fünf börsennotierten Aktien anderer inländischer Aktienbanken behandelt werde. Aus diesem Grund sei es völlig ausgeschlossen, daß die Zeitschrift "YZ" auch nur mittelbar Zwecken geschäftlicher Werbung, Ankündigung oder Empfehlung zugunsten der Raiffeisen-Organisation diene. Im Verwaltungsverfahren erster Instanz habe die Beschwerdeführerin keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens erhalten. Den entscheidungswesentlichen Feststellungen der belangten Behörde lägen keine bzw. nur ungenügende Beweisaufnahmen zugrunde.
Gemäß § 20 Abs. 3 Z. 3 der Anlage 1 zum PostG sind Druckschriften, die zum Zweck der geschäftlichen Werbung, Ankündigung oder Empfehlung herausgegeben werden oder solchen Zwecken unmittelbar oder mittelbar dienen, nicht (zum Postzeitungsversand) zuzulassen.
§ 20 Abs. 3 Z. 3 leg. cit. schließt nicht nur solche Druckschriften vom Postzeitungsversand aus, deren Zweck die geschäftliche Werbung ist, sondern bereits solche, die auch nur mittelbar der geschäftlichen Werbung, Ankündigung oder Empfehlung dienen. Es macht aber für die Erfüllung dieses Ausschließungstatbestandes keinen Unterschied, ob das Erzielen der geschäftlichen Werbung, Ankündigung oder Empfehlung vom Herausgeber beabsichtigt ist (Zweck) oder sich lediglich als zwangsläufiger Nebeneffekt darstellt ("dienen"). Daß die Erzielung eines Werbeeffektes nicht ausdrücklicher Zweck der Herausgabe der Druckschrift ist, vermag demnach die Verwirklichung des genannten Ausschließungsgrundes nicht zu hindern, wenn die Berichterstattung - auch ohne eine derartige Absicht - solcher Art ist, daß dadurch der Effekt einer geschäftlichen Werbung, Ankündigung oder Empfehlung erzielt werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt können daher auch Berichte, die in der Absicht, dem angesprochenen Leserkreis objektive, für ihn nützliche Informationen zu bieten, gedruckt werden, (unmittel oder mittelbar) der geschäftlichen Werbung, Ankündigung oder Empfehlung dienen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1989, Zlen. 88/03/0201, AW 88/03/0084 u.a.).
Die Zeitschrift "YZ" enthält auf der Titelseite in schwarzen Lettern auf weißem Grund die Aufschrift "Raiffeisen. Die Bank", daneben das Raiffeisen-Emblem. Rechts davon befinden sich die Namen G und D. Der Inhalt der Zeitschrift besteht aus graphischen Darstellungen der Kursentwicklung von Wertpapieren. Hiezu kommt ein Datenblock.
Der Schriftzug "Raiffeisen. Die Bank" nebst dem Raiffeisen-Emblem hat einen hohen Bekanntheitsgrad und ist für den Betrachter mit einem bestimmten Inhalt verbunden. Seine Anbringung auf der Titelseite der "YZ" - in plakativer Weise - ist geeignet, einen typischen Effekt der Werbung hervorzubringen, nämlich den Erinnerungs- und Verstärkereffekt, der mit dem Auftauchen eines mit einem bestimmten Inhalt besetzten Begriffes verbunden ist. Schon aus diesem Grund ist die streitgegenständliche Druckschrift - unabhängig von ihrem Abonnentenkreis - der Werbung zu dienen geeignet.
Es trifft aber auch die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu, der Gesamteindruck der Druckschrift schließe einen Werbezweck aus. Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, werde für die "YZ" das Know How der Raiffeisen-Zentralbank genützt und garantiere das Raiffeisensymbol den Abonnenten die Qualität der Druckschrift, leiste ihnen Gewähr für die Richtigkeit der Daten und die Schlüssigkeit der Analysemethoden. Die Beschwerdeführerin mißt also dem Raiffeisensymbol qualitätssignalisierende Wirkung auf den Leser zu. Der Inhalt der Druckschrift vermag im Verein mit dem Raiffeisensymbol den Eindruck der Fachkompetenz der Raiffeisenorganisation auf dem Gebiet der Wertpapiere zu signalisieren und den Leser somit zu veranlassen, in geschäftliche Verbindungen - insbesondere auf dem Wertpapiersektor - mit der Raiffeisenorganisation zu treten oder solche aufrecht zu erhalten.
Wenn die belangte Behörde aus der Tatsache, daß viele Abonnenten aus dem Kreis der Raiffeisenkassen kommen, gefolgert hat, daß die "YZ" Raiffeisenberatern die Durchführung ihrer Aufgaben erleichtern, was sich in weiterer Folge für die Raiffeisenorganisation in wirtschaftlicher Hinsicht positiv auswirke, so stellt dies keine ohne entsprechende Sachverhaltsermittlung aufgestellte Behauptung dar, sondern eine Schlußfolgerung, die den Denkgesetzen nicht widerspricht.
Ob die Behörde erster Instanz die Vorschriften über das Parteiengehör verletzt hat, braucht nicht untersucht werden, da die Beschwerdeführerin jedenfalls im Berufungsverfahren Gelegenheit hatte, alles vorzubringen, was gegen die Sachverhaltsannahmen der Erstbehörde sprach.
Auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Frage, ob die streitgegenständliche Druckschrift eine Berichterstattung in "presseüblicher-Weise" darstelle, braucht nicht eingegangen werden, da die belangte Behörde ihren Bescheid nicht auf den Mangel einer presseüblichen Berichterstattung gestützt hat.
Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991030174.X00Im RIS seit
20.11.1991