TE Vwgh Erkenntnis 1991/11/20 91/02/0086

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Veröffentlicht am 20.11.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §16 Abs1;
VStG §19 Abs1;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §49 Abs1;
VStG §49 Abs2;
VStG §49 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des A M in T, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Februar 1991, Zl. I/7-St-M-9123, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 4. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer einer zu einem näher genannten Zeitpunkt an einem näher genannten Ort begangenen Übertretung nach § 24 Abs. 1 lit. a StVO 1960 für schuldig erkannt. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

In einer am 8. Tag nach Zustellung dieser Strafverfügung zur Post gegebenen Sendung übermittelte der Beschwerdeführer der Erstbehörde die ihm zugestellte Ausfertigung der Strafverfügung mit folgendem handschriftlichem Zusatz: "Da mir das Strafausmaß zu hoch erscheint, ferner ich keinen Strafzettel gefunden habe, erlaube ich mir gegen dieses Verfahren Einspruch zu erheben."

Die belangte Behörde wertete diese Eingabe im angefochtenen Bescheid als Strafberufung im Sinne des § 49 Abs. 2 VStG 1950 und wies diese als unbegründet ab.

Mit Beschluß vom 11. Juni 1991, B 492/91, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 2 VStG 1950 in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 358/1990 ist ein Einspruch gegen eine Strafverfügung, in dem ausdrücklich nur das Ausmaß der auferlegten Strafe in Beschwerde gezogen wird, als Berufung anzusehen und der Berufungsbehörde vorzulegen.

Der Beschwerdeführer ist damit im Recht, daß das von ihm gegen die Strafverfügung vom 4. Dezember 1990 eingebrachte Rechtsmittel nicht als Strafberufung hätte gewertet werden dürfen. Wenn sich auch der erste Halbsatz des Rechtsmittelvorbringens ausdrücklich und ausschließlich auf das Strafausmaß bezieht, kann das von der Wendung "ferner ich keinen Strafzettel gefunden habe" nicht gesagt werden. Es liegt damit ein "anderer Fall" im Sinne des § 49 Abs. 3 VStG 1950 vor, der zur Qualifizierung des Rechtsmittels als Einspruch mit den hiefür gesetzlich vorgesehenen Konsequenzen hätte führen müssen. Dem Rechtsmittel ist keineswegs zu entnehmen, daß mit ihm ausschließlich die Straffrage bekämpft wird. Ob das nicht ausdrücklich gegen die Strafbemessung gerichtete Vorbringen in Ansehung des Schuldspruches erfolgversprechend ist oder nicht, ist im gegebenen Zusammenhang belanglos.

Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel unzuständig (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1988, Zl. 88/03/0161). Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Auf das übrige Beschwerdevorbringen brauchte nicht eingegangen zu werden. Bemerkt wird lediglich, daß es keinen festen Umrechnungsschlüssel von Geld- in Ersatzarreststrafen gibt; dies schon deshalb, weil für die Bemessung von Geldstrafen auch Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Bemessung von Freiheitsstrafen keine Bedeutung haben (vgl. den letzten Satz des § 19 Abs. 2 VStG 1950).

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Schriftsatzaufwand für die Beschwerde nur einmal zugesprochen werden kann und an Stempelgebührenersatz lediglich S 300,-- (S 240,-- für zwei Beschwerdeausfertigungen und S 60,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) gebühren.

Schlagworte

Geldstrafe und Arreststrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991020086.X00

Im RIS seit

20.11.1991

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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