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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §188;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld (Berufungssenat V) vom 29. Jänner 1991, Zl. 6/3-3141/90-09, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für 1987 die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes des § 38 Abs. 4 EStG 1972 für einen Teil seiner Einkünfte in Höhe von S 451.289,-- und führte an, ein Teilbetrag von S 72.664,70 resultiere aus seiner Tätigkeit als Einzelunternehmer, der Rest seien Einkünfte aus einer Autorengemeinschaft.
Die Abgabenbehörde erster Instanz anerkannte lediglich den Betrag von S 72.665,-- als gemäß § 38 Abs. 4 EStG 1972 begünstigt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die von der Abgabenbehörde erster Instanz mit Berufungsvorentscheidung mit der Begründung abgewiesen wurde, die Höhe der tariflich begünstigen Einkünfte von Mitunternehmern sei im Feststellungsverfahren zu ermitteln.
Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die belangte Behörde; diese wies die Berufung mit dem nun in Beschwerde gezogenen Bescheid ab. Zur Begründung führte sie aus, die Feststellung, daß bestimmte Einkünfte außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 37 EStG 1972 darstellten, sei im Feststellungsbescheid zu treffen. Die Berufung sei daher als unbegründet abzuweisen, weil der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1987 nicht mit der Begründung angefochten werde könne, daß die im Feststellungsbescheid getroffenen Feststellungen betreffend die Höhe der begünstigten Einkünfte unrichtig seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, weder in der BAO noch im Einkommensteuergesetz sei eine Deckung für die Rechtsmeinung der belangten Behörde zu finden. Das im angefochtenen Bescheid zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1979, Zl. 958/78, ziele auf die Behandlung von Veräußerungsgewinnen ab, die im Rahmen von Einkünften angefallen seien und "herauszuschälen" gewesen wären. Tarifliche Fragen seien keinesfalls im Feststellungsverfahren zu entscheiden. Dadurch, daß die Einkünfte der ausdrücklich als solche bezeichneten Autorengemeinschaft und ihrer Mitglieder als Einkünfte aus selbständiger Arbeit festgestellt worden seien, sei bereits über deren bedingt begünstigten Charakter positiv abgesprochen worden. Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 seien Einkünfte aus einer schriftstellerischen Tätigkeit, wenn sie aus einer eigenschöpferischen Arbeit resultierten, als solche aus selbständiger Arbeit zu behandeln. Liege schriftstellerischen Arbeiten kein eigenschöpferischer Charakter zugrunde, dann könnten Einkünfte hieraus nicht zu Einkünften aus selbständiger Arbeit führen. Da das Vorliegen von "Nebeneinkünften" von der persönlichen Einkommenssituation des Personengemeinschaftsmitgliedes abhängig sei, könne hierüber im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung nicht abgesprochen werden. Autoreneinkünfte, die als Einkünfte aus selbständiger Arbeit qualifiziert würden, könnten jedenfalls nur Einkünfte aus der Verwertung von selbst geschaffenen literarischen Urheberrechten sein. Eine weitere Qualifikation sei daher entbehrlich gewesen. Bei Nichtvorliegen der eigenschöpferischen Sachverhaltskomponente wären Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erklären gewesen. Allfällige Zweifel wären im Feststellungsverfahren seitens des Finanzamtes zu beseitigen gewesen.
Der Beschwerde kommt aus nachstehenden Gründen Berechtigung zu:
In einem Grundlagenbescheid nach § 188 BAO ist die Feststellung zu treffen, daß bestimmte Einkünfte zum Beispiel solche im Sinne des § 37 Abs. 2 bis 4 EStG 1972 sind. Eine solche Feststellung läßt sich aber im besonderen Fall von Einkünften im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG 1972 deshalb nicht schon im Feststellungsverfahren treffen, weil nur im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für den an den gemeinsamen Einkünften beteiligten Steuerpflichtigten festgestellt werden kann, ob nicht die "Urheberrechtseinkünfte" entsprechend dem zweiten Satz des § 38 Abs. 4 EStG 1972 die "anderen" Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 leg. cit. übersteigen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein Ersatz von Stempelgebühren allein für die Beschwerdeausfertigungen und die Beilage der Bescheidausfertigung gebührt. Die Vorlage weiterer Beilagen war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991130075.X00Im RIS seit
21.11.1991