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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrPolG 1954 §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde des NN in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. September 1991, Zl. SD 84/91, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. September 1991 wurde gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) ein bis zum 31. Dezember 2000 befristetes Aufenthaltsverbot für "das Bundesgebiet der Republik Österreich" erlassen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde, mit dem Begehren aus diesen Gründen den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 FrPolG lauten:
"(1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen."
2.1. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Verwirklichung des Tatbestandes des § 3 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 (erster Fall) FrPolG im Hinblick darauf angenommen, daß der Beschwerdeführer in der Zeit von Oktober 1987 bis April 1990 wegen zahlreicher Übertretungen der Gewerbeordnung 1973, darunter einmal wegen "unbefugter Konzessionsausübung" und einmal wegen "Betrieb einer nicht genehmigten Betriebsanlage", bestraft worden sei. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer im März 1990 wegen "unerlaubten Aufenthaltes seit September 1989" bestraft worden.
2.2. Diese Rechtsansicht der belangten Behörde, deren sachverhaltsmäßige Grundlage - die oben genannten Bestrafungen wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1973 und wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes - in der Beschwerde nicht bestritten wird, steht mit dem Gesetz schon im Hinblick darauf im Einklang, daß sie die Bestrafungen wegen Ausübung eines konzessionierten Gewerbes ohne die erforderliche Konzession einerseits und wegen des Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung andererseits als Bestrafungen wegen "schwerwiegender" Verwaltungsübertretungen werten durfte. War somit der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 erster Fall FrPolG erfüllt, konnte sie mit Recht vom Vorliegen einer "bestimmten Tatsache" im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit. ausgehen; damit aber war für sie die Annahme gerechtfertigt, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläufe.
Außerdem hat die belangte Behörde zutreffend die weiteren Bestrafungen wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 sowie die Bestrafung wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes für ihre Entscheidung als bedeutsam angesehen. Im Sinne der ständigen hg. Rechtsprechung durfte sie das diesen Bestrafungen zugrunde liegende verpönte Verhalten in das der Beurteilung nach § 3 Abs. 1 FrPolG unterliegende Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers miteinbeziehen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 2. August 1991, Zl. 91/19/0222).
3.1. Die Beschwerde vertritt die Meinung, daß eine Abwägung der maßgeblichen Interessen zugunsten des Beschwerdeführers hätte ausfallen müssen. Darüber hinaus wird der belangten Behörde der Vorwurf gemacht, sie habe die private Interessenlage des Beschwerdeführers nicht ausreichend ermittelt. Insbesondere in bezug auf "die Kinder" seien die Erhebungen mangelhaft geblieben; bei Durchführung der gebotenen Ermittlungen hätte sich ergeben, daß diese in Österreich integriert seien.
3.2. Diese Einwände sind nicht zielführend. Die belangte Behörde hat im Rahmen der von ihr vorgenommenen Interessenabwägung nach § 3 Abs. 3 FrPolG auch auf die private und die berufliche Situation des Beschwerdeführers Bedacht genommen. Dies mit dem Ergebnis, "daß bei Würdigung aller Umstände sich nicht feststellen (läßt), daß die Integration des Berufungswerbers in Österreich ein besonderes Maß an Relevanz erreicht hätte. Bei dieser Sachlage sind die beruflichen Interessen bzw. die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens des Berufungswerbers und auch seine sonstigen Bindungen hintanzustellen". Hält man sich auf der einen Seite die Vielfalt der dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Gesetzesverstöße sowie deren zum Teil beträchtlichen Unrechtsgehalt vor Augen und stellt dem auf der anderen Seite den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit 1986, seine hier ausgeübte berufliche Tätigkeit sowie die Integration "der Familie" gegenüber, so besteht für den Gerichtshof an der rechtlichen Unbedenklichkeit des Ergebnisses der behördlichen Interessenabwägung zuungunsten des Beschwerdeführers kein Zweifel, kann doch keiner der genannten und von der belangten Behörde in die Abwägung auch einbezogenen Gesichtspunkte rechtens überhaupt zur Begründung eines für das Verbleiben des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden privaten Interesses herangezogen werden. Denn zum ersten handelt es sich - worauf die belangte Behörde zu Recht hingewiesen hat - bei dem Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 1986 zum weitaus überwiegenden Teil um einen unrechtmäßigen und zum zweiten war die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich von zahlreichen diesen Bereich betreffenden Gesetzesverstößen begleitet - Umstände, die es ausschließen, daß der Beschwerdeführer insoweit (private und/oder berufliche) Integration im Sinne des § 3 Abs. 3 FrPolG ins Treffen führen könnte, da eine solche Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes bzw. der Berufsausübung voraussetzt. Was schließlich die Integration "der Familie" anlangt, so blieb in der Beschwerde die behördliche Feststellung, daß sich die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nicht rechtmäßig in Österreich aufhält, unbestritten; es kann somit auch in bezug auf diese Person nicht von einer rechtserheblichen Integration gesprochen werden. Bei den Kindern aber, auf die der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang Bezug nimmt, handelt es sich der unwidersprochenen Feststellung im bekämpften Bescheid zufolge um solche der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers; sie sind somit nicht als "seine Familienangehörigen" im Sinne des § 3 Abs. 3 FrPolG zu werten.
4. Da nach dem Gesagten die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiters Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Die Entscheidung in der Hauptsache macht einen gesonderten Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991190312.X00Im RIS seit
11.07.2001